Special: MDK (Arcade-Action)

von Matthias Schmid



Entwickler:
Publisher: Interplay
Release:
05.1997
11.1997
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ab 19,62€
Spielinfo Bilder  
Neben all der bleihaltigen Action gab es wilde Rutschpartien in Tunneln (die sicher auch dafür sorgten, dass so lange Levels ohne Ladepause möglich waren), Passagen auf einer Art Snowboard, Gleitflug-Einlagen in Windkanälen und viele fordernde Sprungpassagen - Speedrunner können dank des Fallschirms ganze Levelabschnitte umgehen, Otto-Normal-Spielern hilft der Schirm beim Landen auf allerlei Plattformen. Auch stilistisch konnte das Leveldesign überzeugen: Es geht durch gigantische Alien-Hallen und Innenräume, die an Bienenstöcke oder die Architektur des katalanischen Modernisme erinnern. In einem Level springt Kurt über ein Schneefeld, im nächsten tanzt er durch ein Spiegelkabinett, sprengt die Wald-Kulissen eines extraterrestrischen Trainingscamps in die Luft oder kämpft in einem bunt beklecksten Kunstsaal. Die dramatisch kantige Alien-Architektur profitiert teilweise sogar von dem Performance-Spagat, der die Entwickler dazu zwang, manche Plattform oder manches geometrische Element ganz ohne Textur ins Level zu pflanzen.

Vor der Ära der 3D-Beschleuniger regierten die Pixel - die grobe Bodentextur hier im Bild ist aus heutiger Sicht besser gealtert als früher Voodoo-Matsch.
Vor der Ära der 3D-Beschleuniger regierten die Pixel - die grobe Bodentextur hier im Bild ist aus heutiger Sicht besser gealtert als früher Voodoo-Matsch.
Vieles von dem, was ich 1997 an MDK geliebt habe, kam jetzt bei der Recherche für diesen Artikel zurück: Das unverkennbare Geräusch, wenn Kurt einen energiespendenden Apfel nascht. Die zerberstenden Glasscheiben. Der Bosskampf mit den Spiegel-Plattformen und dem schwingenden Pendel. Die cartoonigen Gadgets. Und eben diese technisch starke, unglaublich innovative Integrateion einer Sniper-Funktion, sogar mit alternativen Kamera-Perspektiven und unterschiedlichen Trefferzonen. Da verzeihe ich auch die unterm Strich doch überschaubare Spielzeit, manche unfaire Ballerei oder schlecht erklärte Knobelpassage sowie nervige Feind-Generatoren - alles konnte selbst das Kreativlabor Shiny Entertainment im Jahr 1997 nicht richtig machen.

Spannende Hintergründe

Natürlich kann ich kaum über MDK schreiben ohne nochmal auf die Bedeutung der Abkürzung einzugehen - auch wenn es darauf letztlich keine definitive Antwort gibt: Schon in der Readme-Datei stand, dass sich jeder Spieler selbst aussuchen darf, wofür die Buchstaben stehen. "Murder Death Kill" war tatsächlich der interne Projektname, der auch in einem Trailer 1996 zu sehen war - eine Anspielung auf eine Computerstimme im Stallone-Snipes-Bullock-Film "Demolition Man", dort werden im Angesicht eines Gewaltverbrechens auf einem Bildschirm die Buchstaben MDK eingeblendet. Doch auch das etwas hölzerne "Mission: Deliver Kindness" (dieser Begriff taucht in der Anleitung auf) oder die Initialen der drei Protagonisten (Max, Dr. Fluke Hawkins, Kurt Hectic) haben ihren Reiz. Auf dem Schulhof des Jahres 1997 war natürlich die Option "Murder Death Kill" wesentlich beliebter. Tatsächlich erschien MDK in Deutschland damals gekürzt: Mit weniger Blut und herumfliegenden Körperteilen bei Explosionen, blauem statt grünem (!) Lebenssaft und ohne die Headshot-Prozentanzeige in der Level-Abrechnung. Ein brutaler Shooter war das Spiel dabei aber eigentlich nie - dazu waren die Items viel zu zotig und der Stil viel zu schrill.

Action-Feuerwerk: MDK bot neben all den Innovationen auch sehr viel rassigen Ballerspaß - hier boardet Kurt durch einen Tunnel und freut sich über die Super Chain Gun.
Action-Feuerwerk: MDK bot neben all den Innovationen auch sehr viel rassigen Ballerspaß - hier boardet Kurt durch einen Tunnel und freut sich über die Super Chain Gun.
Aufgrund der ordentlichen Verkaufszahlen, Studiochef David Perry sprach Jahre später von 500.000, war ein Nachfolger bald beschlossene Sache: Doch der wurde nicht vom MDK-Schöpfer Nick Bruty verantwortet - MDK 2 entwickelten die RPG-Spezialisten von BioWare, der Titel setzte auf drei spielbare Charaktere und einen deftigen Schwierigkeitsgrad. Mastermind Bruty machte sich mit eigenem Studio (Planet Moon) selbstständig und führte das MDK-Kerbe auf seine Weise fort - mit den kaum weniger schrägen Titeln Giants: Citizen Kabuto und Armed and Dangerous. Der teils orchestrale, teils bassig wummernde Soundtrack stammt vom Videospielmusik-Tausendsassa Tommy Tallarico, die technisch deutlich abgespeckte PlayStation-Version wurde von Neversoft (Tony Hawk) programmiert. Dennoch war sie der MAN!AC damals 87 Spielspaßpunkte wert, was aber von diversen deutschen PC-Wertungen (PC Action 92, Power Play 89, PC Games 94) noch übertroffen wurde. Heutzutage ist MDK bei gog.com oder Steam für knappe zehn Euro erhältlich - und dabei grafisch besser gealtert als viele seiner Zeitgenossen. Und wer nach dem Lesen dieser Zeilen noch immer nicht genug hat, dem sei der Podcast Game Not Over unseres Ex-Redakteurs Paul empfohlen - in Folge 4 beschäftigt er sich 30 Minuten lang mit dem Spiel und hat viele coole Anekdoten parat. Oder wusstet ihr, dass Kurt usprünglich wie Spider-Man an Wänden klettern sollte und die Mac-Version von MDK sogar Apples originalen iMac beilag?
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Kommentare

Chrisss1982 schrieb am
Smoke40 hat geschrieben: ?01.06.2021 12:46
Chrisss1982 hat geschrieben: ?01.06.2021 12:21 Ich bin damals mit dem Spiel überhaupt nicht warm geworden und habe mich da mehr durchgequält... das Spiel war mir irgendwie zu "anders" glaube ich :)
Dann geh lieber wieder Fall of Fury zocken
Danke für deinen ?Tipp?. Aber das ist absolut nicht meins.
traceon schrieb am
Der Titel war mir schon längst nicht mehr aktiv im Gedächtnis. Hatte mich damals vom Hype mitreißen lassen und MDK für die PS gekauft. Ernüchterung hat sich leider schnell eingestellt und kaum mehr als angespielt hatte ich es dann nicht. Solche Dauer-Shooter sind nicht meins. Immerhin eine Lehre, die ich daraus gezogen habe.
Chibiterasu schrieb am
Ich habe das Spiel geliebt und tu es immer noch.
Habe es vor ein paar Jahren wieder durchgespielt und das war für mich immer noch toll. Spezielle Ästhetik, geiles Dauergeballer, super Humor, schöne Musik usw.
Teil 2 fand ich dagegen richtig scheiße. Da konnte man ja mehrere Charaktere spielen, nur irgendwie fand ich das nicht so vorteilhaft.
Ein Remake zu Teil 1 würde mich interessieren.
PogopuschelX schrieb am
Nice, MDK hab ich damals sehr gemocht, auch wenn ich stellenweise damals überfordert war mit dem Mix. Hier fände ich ein Remaster mal cool.
schrieb am