Demoszene und Benchmarker
Kaum zu glauben: Remedy Entertainment gibt es schon seit über 20 Jahren, genauer seit 1995, als Mitglieder der Demoszene sich zusammentaten. Und es sollte gar nicht allzu lange dauern, bis das erste Projekt fertig gestellt wurde, denn nur ein Jahr später erschien mit Death Rally ein Rennspiel aus der Vogelperspektive, in dem man mit Waffen strotzenden Karren durch Ligen rauscht und die feindlichen Fahrzeuge in schrottreife Vehikel verwandelt. Das Spiel wurde damals größtenteils positiv von der Kritik aufgenommen, was unter Umständen auch daran lag, dass Apogee als Publisher fungierte. Apogee? Da war doch was? Richtig: Aus Apogee wurde später 3D Realms, das seine größten Erfolge mit Titeln wie Duke Nukem feiern sollte. Der blonde Actionstar war in einer frühen Rolle übrigens einer der Fahrer, gegen die man antritt. Im Oktober 2009 stellte Remedy das Spiel als Freeware für Windows-Betriebssysteme zur Verfügung. Und 2011 brachte man auf iOS und Android ein Remake auf den Markt.
Auf dem Weg zu Max Payne zeigte der 3DMark 2001 in der Hotellobby-Szene, wie Bullet Time aussehen kann.
So ganz nebenbei hatte man immer noch Zeit, in der Demoszene aktiv zu sein. 1997 nahm man z.B. an der Assembly mit "Final Reality" teil, einer Mischung aus Demo und 3D-Benchmark. Und der nächste Schritt war etwas später die Gründung einer Tochterfirma, die sich nur um Benchmark-Software kümmern sollte. Der Name dieser Firma: Futuremark. Deren bekanntestes Projekt: 3DMark, für lange Zeit der Benchmark-Benchmark.
Maximale Schmerzen
Der große Durchbruch sollte Remedy jedoch 2001 mit dem Projekt
Max Payne gelingen, das im Prinzip ein einziger spielbarer Benchmark war. Allerdings einer mit erstaunlich düsterer Geschichte, die ihre Inspiration aus dem Film Noir zog. Dazu kam eine seinerzeit Aufsehen erregende Kulisse sowie ein Feature, das zu einem Standard in Action-Spielen werden sollte und irgendwann inflationär überstrapaziert wurde. Doch als man mit Max Payne die Bullet Time in Spielen einführte, bei der das Geschehen in Zeitlupe abgespielt wurde, während man weiter die Kamera oder Spielfigur bewegen konnte, um sich einen Vorteil gegenüber seinen Gegnern zu verschaffen, war das Staunen groß. Ich kann mich noch gut erinnern, mit welch breitem Grinsen ich auf der E3 2001 aus dem Bus kam, der von Take 2/Rockstar außerhalb der Messehallen geparkt war und in dem das Spiel präsentiert wurde. Max
Max in seinem Element.
Payne hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen – auch wenn der Titel hierzulande wegen seiner intensiven Feuergefechte dem Jugendschutz zum Opfer fiel und auf dem Index landete. Doch mit einer 4P-Wertung von 93% (
zum Test) konnte Remedy nicht nur uns, sondern die ganze Spielewelt begeistern.
Das war auch Take 2 bewusst, das Remedy die Rechte an der Marke im folgenden Jahr für zehn Millionen US-Dollar plus einem fetten Aktienpaket abkaufte. Doch auch wenn Max als Marke das Haus verlassen hatte, hat man dem desillusionierten und in Ungnade gefallenen Ex-Cop nochmals einen Besuch abgestattet: 2002 erschien
Max Payne 2: The Fall of Max Payne. Der Fortsetzung, die abermals grafische Standards setzen konnte und erzählerisch interessante Wege einschlug, während die Mechanik kaum Fortschritte machte und daher mit 88% (
zum Test) an der Platin-Hürde scheiterte, blieb der Index erspart. Und 2012 wurde der erste Teil sogar wieder vom Index gestrichen - pünktlich zum Start von Max Payne 3, das Rockstar Games in
Natürlich wurde auch in der Fortsetzung die Bullet Time zelebriert.
Eigenregie entwickelte, aber einige Remedy-Mitarbeiter (darunter Creative Designer Sam Lake) in einer Art Supervisor-Rolle mit ins Boot holte. Doch der Glanz der alten Zeit wurde nicht mehr erreicht. Trotz interessanter Ansätze und natürlich exzessivem Einsatz von Zeitlupen blieb Max blass und konnte mit schwacher Dramaturgie sowie monotonem Spieldesign bei uns nicht über die 70-Prozent-Marke hinauskommen. 2008, zum Release des Max-Payne-Kinofilmes, wäre ein besserer Zeitpunkt der Indexstreichung gewesen - zumindest hätte man den Film dann mit Positiverem verbunden als Mark Wahlberg in der Hauptrolle. Für die visuell nicht so beeindruckenden Konsolenversionen von Max Payne 2 auf PS2 und Xbox war übrigens nicht Remedy selbst, sondern Rockstar Canada (PS2) bzw. neo Software (Xbox) verantwortlich.