Globale Schnitzeljagd
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Die Geschichte wird mit kleinen News-Sendungen weitererzählt: Zwei Fraktionen versuchen, die über den Globus verstreuten Portale für ihr Team einzunehmen.
Noch befindet sich das Spiel in der Beta-Phase. Wer mitmachen möchte benötigt eine Einladung (
hier kann man sich bewerben) sowie ein Android-Smartphone oder –Tablet mit GPS-Empfänger. Keine Überraschung: Für Apples Konkurrenzplattformen plant Google keine Umsetzung. Hinter Ingress steckt im Wesentlichen ein einfach gestricktes, aber zunächst gar nicht so einfach durchschaubares Strategiespiel, das im Freien stattfindet. Als Vorbild dienen Dienste wie Foursquare und Google Places sowie natürlich das klassische Geo-Caching. Letzteres ist eine Art Schnitzeljagd bei der sich kleine Teams auf die Suche nach Geheimnissen machen, die vorher von anderen Spielern an bestimmten Koordinaten versteckt wurden.
Ingress breitet das Prinzip auf die komplette Welt aus: Der Geschichte nach wurde im Schweizer Kernforschungszentrum CERN per Zufall eine eigentümliche Energie entdeckt, welche überall auf der Welt aus Portalen entweicht. Kurz darauf gründen sich unter den
Portale erscheine meist an Sehenswürdigkeiten oder anderen auffälligen Objekten, welche durch kreative Gedanken entstanden sind. Nimmt die exotische Materie auch ihrerseits Einfluss auf die Gedanken der Menschen?
Menschen zwei Fraktionen: Die „Enlightened“ sehen eine Chance in der neuen „exotischen Materie“ (XM) , die skeptische „Resistance“ warnt vor möglichen Gefahren der kaum erforschten Kraft. Da mich der Begriff Erleuchtete an die Illuminaten erinnert, schließe ich mich spontan dem Widerstand an und bin damit nicht alleine. Im Land des Atomausstiegs haben die Kritiker die Oberhand und auch weltweit kämpfen die Erleuchteten gegen eine blau glühende Übermacht.
Real Life 2.0
Also mache ich mich auf, um unsere Dominanz zu festigen. Mein erster Gang vor die Tür bringt mir nicht viel: Rund um unseren abgelegenen Bürokomplex existiert kein einziges Portal. Im benachbarten Eppendorf sieht die Lage schon ganz anders aus: Hier liegt ein regelrechtes Spinnennetz aus miteinander verbundenen Portalen über der Karte. Es gibt alte Fachwerkhäuser, kleine Statuen und offenbar auch eine sehr lebendige Community, welche immer neue Sehenswürdigkeiten fotografiert und bei den Entwicklern einreicht, um neue Portale entstehen zu lassen. Der Spielbildschirm ähnelt Google Maps, ist allerdings in einem verschwörungskompatiblen dunklen Farbschema gehalten und von bunt glühenden Punkten übersät.
Jeder Stützpunkt, der in meinen Radius gelangt, wird von mir gehackt (auch das Einloggen in freundliche Portale heißt hier seltsamerweise „hacken“). Das funktioniert erstaunlich simpel: Einfach aufs Portal tippen und „hack“ wählen – fertig. Zur Belohnung bekomme ich ein paar Gegenstände, welche mir später nützlich werden: Resonatoren, Schilde und „XMP-Burster“ genannte Waffen.
Spielbare Verschwörungstheorie
Attacke: Mit kleinen XMP-Burstern leert man die Energie feindlicher Resonatoren und übernimmt dann das Portal. Das Verknüpfen von Portalen zu einem Dreieck bringt besonders viel Erfahrungspunkte.
Auch der Rest der Spielgrafik wirkt äußerst schlicht und beschränkt sich auf glühende Symbole. Obwohl Google das Spiel mit dem Begriff "Augmented Reality" bewirbt, wird die Umgebung nicht abgefilmt und auch keinerlei Computergrafik mit realen Objekten verschmolzen. Lediglich selbstgeknipste Fotos darf man einreichen, damit sie gegen das ursprüngliche des jeweiligen Portals ausgetauscht werden. Damit das Geschehen nicht zu technisch aussieht, unterfüttern die Entwickler die Geschichte mit viel Extra-Material. Immer wieder finde ich neue Folgen einer professionell produzierten Nachrichtensendung aus dem Ingress-Universum, die über geheimnisvolle Entführungen und Ausflüge der Community berichtet. Wer Lust und Zeit hat, kann außerdem auf
Nianticproject.com in geheimen Unterlagen nach Bonus-Codes stöbern.
Als ich an der U-Bahn-Haltestelle Hamburger Straße ankomme, werden meine frisch verdienten Extras nützlich: Ein Erleuchteter hat sich das Portal am Eingang unter den Nagel gerissen. Also feuere ich eine ganze Reihe der kleinen Waffen ab. Meine Ziele sind so genannte Resonatoren, also kleine Energie-Verstärker, welche mein Gegner rund um das Portal aufgestellt hat. Je näher ich ihnen bei der Attacke komme, desto größer der Schaden. Der Angriff erweist sich kniffliger als erwartet: Da mein GPS oder Google Maps plötzlich herumspinnt, gleitet mein Dreieck wild auf der Karte umher. Nach einem seltsamen Zickzack-Kurs rund ums Bahnhofsgebäude versuche ich es auf einem kleinen Privatweg. Bingo! Der Gang hinter die Dönerbude hat sich bezahlt gemacht: Der letzte Resonator ist zerbröselt, das Portal gehört mir! Schnell statte ich es mit eigenen Resonatoren aus, und zwar möglichst weit entfernt, damit es der nächste "Grüne" nicht zu einfach hat. Dann noch eine Verstärkung mit vier Schilden einrichten und weiter geht es.