Schöne neue Tuning-Welt
Vom Schalldämpfer bis zur Rennaufhängung: Tuner fanden ein kleines Paradies in GT.
Völlig neu und gleichzeitig überwältigend war auch das Ausmaß an Tuning-Optionen, denn auch hier war Gran Turismo ein Vorreiter und bot eine feine Auswahl an Zubehör, von der man in anderen Rasern nur träumen konnte. Was man da alles mit seinem Gefährt anstellen durfte: Noch lange vor Need for Speed: Underground oder dem Tuning-Hype rund um Filme wie „The Fast and the Furious“ durfte man hier die Leistung mit fetten Schalldämpfern, Motoren-Upgrades wie Chips und Turboladern aufbohren, die Bremsanlage optimieren oder den Antrieb mit einem passenden Getriebe, Kupplungen und Schwungscheiben verbessern. Federung und Stabilisatoren ließen sich ebenfalls schon in verschiedenen Ausführungen kaufen – das Gleiche gilt für die Auswahl an Reifen in verschiedenen Mischungen und Konfigurationen. Die dreistufige Gewichtssenkung feierte ebenfalls schon ihren Einstand. Besonders cool war die Hochleistungsmodifikation: Hier ließen sich einige Modelle mit nur einem Klick von der lahmen Serienkutsche in einen hochgezüchteten Rennwagen verwandeln – inklusive aufgepeppter Karosserie. Nur an den optischen Bling-Bling-Faktor wie schicke Alu-Felgen und stylische Spoiler hat man damals noch nicht gedacht. Außerdem war die Navigation noch etwas umständlich, denn es gab keinen Allgemein-Tuner, sondern nur spezifische Upgrade-Experten für jeden Hersteller. Wollte man also seinen Nissan pimpen, musste man die Jungs bei Nismo besuchen, als Toyota-Besitzer ging es zu TRD und wer seinem Honda ein paar Extra-PS spendieren wollte, machte sich auf zu Mugen.
Die Karte bildete das Zentrum des GT-Modus.
Doch damit nicht genug, denn als Möchtern-Mechaniker konnte man sich auch im Detail mit dem Setup befassen – und das vor jedem Rennen. Ich weiß noch, wie ich immer getüftelt habe, um mit Einstellungen am Fahrwerk, der Aerodynamik oder am Getriebe versucht habe, ein paar Zehntel auf der Strecke gut zu machen. Es war eine schöne Zeit, in der man noch Freudensprünge machte, wenn man sich endlich die ersten Rennreifen leisten konnte! Gimmicks wie die Waschanlage feierten hier ebenfalls ihre Premiere. Im Setup- und Tuningbereich machte sich dann auch erstmals die Sprachbarriere bemerkbar: Zwar stellte der generelle Überblick der japanischen Import-Version dank englischer Menüführung kein Problem dar, doch Upgrades und Einstellungen wurden alle in japanischen Schriftzeichen erklärt. Den kompletten Durchblick hatte ich daher erst mit der PAL-Version, die etwa ein halbes Jahr später erschien und leicht für den europäischen Geschmack angepasst wurde. Zwar bestand der Fuhrpark weiterhin überwiegend aus japanischen Flitzern, doch ersetzten Songs von Bands wie Garbage, Feeder und Cubanate das J-Pop-Gedüdel der Originalversion.
Good Vibrations und höherer Fahrkomfort
Zudem war der EU-Release von Gran Turismo gleichzeitig der Startschuss für Sonys neuen DualShock-Controller, der nicht nur mit zwei Analogsticks, sondern auch integrierten Vibrationsmotoren ausgestattet war. Hier kam ein ganz neues Spielgefühl in Rennspielen auf, denn plötzlich reagierten die Fahrzeuge auf Lenkbewegungen nicht nur ähnlich präzise wie mit Namcos NegCon-Controller, sondern man konnte Motoren, Unebenheiten und Kollisionen auch erstmals in der Hand spüren. Gran Turismo war eines der ersten Spiele für die PlayStation, das die Funktionen des neuen Controllers nutzte – und das Gefühl war damals gerade durch die Vibrationen einfach spektakulär! Selbst meinen geliebten NegCon schickte ich nach dieser Erfahrung schweren Herzens langsam in Rente und kramte ihn nur noch für die sporadischen Runden in Ridge Racer Revolution hervor...