Brettspiel-Test: Breaking Bad (Kartentaktik & Aufbau)

von Jörg Luibl



Breaking Bad (Brettspiel) von Asmodee
Lasst uns kochen!
Publisher: Asmodee
Release:
kein Termin
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01.10.2017
Spielinfo Bilder  
Obwohl sich Sony bereits 2015 die Markenrechte an einem Spiel zur TV-Serie Breaking Bad sicherte, haben es Walter White und Jesse Pinkman noch nicht auf die PlayStation 4 geschafft. Aber dafür kann man bereits am Tisch in die Rolle von Drogenkartellen oder Bundesagenten schlüpfen, um Crystal Meth (hier Blue Sky genannt) herzustellen oder zu beschlagnahmen. Was für eine Art Spiel hinter der prominenten Lizenz steckt, verrät der Test.


Showdown in New Mexico

Nach knapp zwanzig Minuten, einigen Schusswechseln und Laborschließungen spitzt sich die Lage in New Mexico zu: Die DEA (Drug Enforcement Association) hat mit Walter White und Mike Ehrmantraut bereits zwei Unterweltbosse nach langer Beobachtung hinter Gitter gebracht - jetzt ist nur noch Tuco Salamanca vom Juárez-Kartell aktiv. Wenn die Drogenbehörde auch ihn auf frischer Tat ertappt, hat sie das Spiel gewonnen. Wenn allerdings Tuco mit seinem Chemiker noch drei Einheiten Crystal Meth verkaufen kann, hat er gewonnen...

Aber Knast bedeutet im Gegensatz zum Verlust des letzten Lebenspunktes nicht Game Over: Walter und Mike ziehen in ihrem Zug jeweils drei Karten. Und wenn nur eine davon den Anwalt Saul zeigt, befreit er sie umgehend - dann wären sie wieder im Geschäft! In unserem Spiel haben sie allerdings beide Pech. Außerdem gelingt es Tuco nicht, so viele Drogen wie benötigt zu verkaufen. Deshalb gewinnt Agent Hank Schrader von der DEA ganz knapp, indem er eine Karte spielt, die auch Tuco "in Gewahrsam" nimmt, der sie nicht mit einem gewieften Anwalt kontern kann. Damit hat Hank alle teilnehmenden Banden erwischt und ist der Sieger!

Kurzweilige Lizenzumsetzung

Breaking Bad ist komplett auf Deutsch bei Asmodee erschienen. Es kostet etwa 35 Euro und ist für drei bis acht Spieler ausgelegt.
Breaking Bad ist komplett auf Deutsch bei Asmodee erschienen. Es kostet etwa 35 Euro und ist für drei bis acht Spieler ausgelegt.
Auch wenn Breaking Bad "nur" ein Lizenzspiel ist, kann es abseits der bekannten Namen und Orte einige inhaltliche Merkmale der TV-Serie abbilden: Walter White ist z.B. der beste Koch, Mike Ehrmantraut schwer in Schusswechseln zu besiegen und Rizin ist auch hier ein tödliches Gift. Der Wettlauf zwischen Staat und Unterwelt wird ebenso spürbar wie die teilweise chaotische Bündniswahl, denn man kann quasi jederzeit andere Teams zum eigenen Vorteil bilden - um sich im Gefecht zu helfen, mit Anwälten zu unterstützen oder gemeinsam Drogen zu kochen. Man kann also kurzfristig voneinander profitieren.

Sehr schön ist, dass die Spannung langsam, aber spürbar anwächst. Das Highlight der Spielmechanik ist nämlich, dass mit dem Erfolg der Drogenmafia sowohl ihre Figuren als auch die Polizei mächtigere Karten von der Hand ausspielen können: Das wird durch die Bedrohungsstufe (es gibt eine individuelle nach Höhe der nicht verkauften Drogen im Lager und eine kollektive in Höhe der verkauften Drogen für das Team) und Fahndungsstufe symbolisiert, die parallel ansteigen und sich teilweise bedingen. Das bedeutet z.B., dass Hank nur jemanden vom Kartell in Gewahrsam nehmen kann, wenn dieser die dritte Fahndungsstufe erreicht hat, wozu er mindestens sieben Crystal Meth verkauft haben muss - so spitzt sich die Lage im letzten Drittel immer zu.

Kartentaktik mit Glücksfaktor

Ansonsten inszeniert Breaking Bad solide Kartentaktik mit hohem Glücksfaktor und leichtem Rollenspielflair, die gerade
Jeder Spieler kann sich einen der acht Charaktere der TV-Serie auswählen.
Jeder Spieler kann einen der acht Charaktere der TV-Serie auswählen.
aufgrund der offenen Bündnisse für reichlich Kommunikation und Trashtalk am Tisch sorgt.Vor allem, wenn sich Serienkenner tatsächlich so verhalten wie ihre Figuren. Zudem darf man sich Chemiker teilen oder Labore gemeinsam nutzen. Man kann zwar zusammen eine Zeit lang deutlich erfolgreicher sein, aber am Ende gewinnt immer nur einer - auch nur ein Drogenkartell! Jede Fraktion verfügt über ein exklusives Kartendeck und jeder der drei bis maximal acht Helden über eine Charakterkarte mit Lebenspunkten, Drogenlager und Spezialfähigkeiten. Es gibt einige fiese, aber auch unterstützende Manöver, so dass ständig etwas passiert und Saul sorgt als Joker für Entlastung gegen Polizeimanöver.

Die DEA kann schussichere Westen anlegen, die Mafia kann sich Undercover vor ihr verstecken, es gibt Rachefeldzüge und Diebstahl. In seinem Zug darf man zwei oder gegen Aufschlag drei Aktionen ausführen: Karten ziehen oder einsetzen, Spezialfähigkeiten nutzen, Labore eröffnen, Chemiker entfernen, Drogen herstellen oder - ganz wichtig für den Sieg der Kriminellen - Drogen verkaufen. Dann stellt man einen der blauen Plastik-Kristalle auf den Spielplan, der in der Mitte das eigene Labor samt Chemiker zeigt. Je mehr man in Umlauf bringt, desto näher rückt der Sieg. Aber Vorsicht: Die DEA kann auch Labore schließen und man hat je nach Spielerzahl lediglich zwei oder drei zur Verfügung. Außerdem produzieren sie nur Drogen, wenn man einen Chemiker dort einsetzt.

Was gefällt nicht so gut?

Wer kann als Erster genug Crystal meth herstellen oder alle Kriminellen verhaften?
Wer kann als Erster genug Crystal Meth herstellen oder alle Kriminellen verhaften?
Das Spielmaterial sorgt mit den originalen Fotos umgehend für Stimmung, die Karten sind also authentisch nach Serienvorlage illustriert, aber die Charakterkarte ist etwas dünn, so dass sie schonmal verrutscht. Außerdem dürfte Taktikern der oben erwähnte Glücksfaktor nicht schmecken, denn man zieht seine Handkarten zufällig vom Stapel nach. Und man kann von einem entschlossenen Team sehr schnell ausgeschaltet werden. Wenn man z.B. in ein Schussgefecht gerät und keine Karte dafür hat, wird man sofort verletzt. Der Kampf läuft ganz simpel so ab, dass man gegenseitig Feuerkarten aus der Hand auslegen muss, bis keiner mehr kontern kann und einen Lebenspunkt verliert - das ist nicht gerade anspruchsvoll, aber immerhin ratzfatz erledigt.

Fazit

Obwohl ich die TV-Serie verschlungen habe, habe ich diesem Breaking Bad als Brettspiel zunächst nichts zugetraut. Denn ähnlich wie im Bereich der Videospiele gibt es auch auf dem Tisch viel Lizenzmurks. Aber ich kann diese Kartentaktik von Thomas Rofidal und Antoine Morfan empfehlen. Vor allem in größerer Runde entsteht ein kurzweiliges und vor allem kommunikatives Katz- und Mausspiel zwischen Drogendealern und DEA mit etwas Rollenspielflair. Wer will nicht mal gerne Walter White oder Mike Ehrmantraut spielen? Das spielmechanische Highlight ist für mich, dass die Dramaturgie der TV-Serie über die Verzahnung von Bedrohungslevel und Fahndungsstufe eingefangen wird - je mehr Drogen im Umlauf sind, desto mächtiger werden sowohl Mafia als auch Drogenbehörde in ihren Aktionen, bevor es zu einem spannenden Finale kommt. Und selbst wenn dieses Breaking Bad weit weg von unserer Top 20 ist: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man den einen oder anderen Brettspielmuffel mit dem bekannten Namen sowie den einfachen Regeln an den Tisch locken kann.

Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.

Kommentare

nawarI schrieb am
listrahtes hat geschrieben: ?30.01.2019 08:46
Das Spielmaterial sorgt mit den originalen Fotos umgehend für Stimmung, die Karten sind also authentisch nach Serienvorlage illustriert
Interessant , wir bemerken in der Regel das genaue Gegenteil bei Brettspielen. Fotos aus Film etc integriert wirken eher lieblos und immersionszerstörend. Zeichnungen erhöhen das Spielgefühl. Gutes Beispiel Legendary Encounters Aliens. Negativ: Legendary Encounters X Files.
[...]
Geht mir leider auch so. Glaub was ähnliches habe ich damals beim Spartacus-Brettspiel angemerkt. Fotos bei sowas sind für mich auch ein Stimmungskiller.
Deswegen komme ich auch mit Der Eiserne Thorn klar. Das Spiel ist zwar ein Game of Thrones-Spiel, aber ist viel älter als die Serie und hat stimmungsvolle gezeichnete Bilder. Wären Fotos auf den Kampfkarten zu sehen, würde das die ganze Atmo kaputt machen.
Das Spiel selber klingt gut.
Scheint ja einigermaßen flott zu gehen und ist kein gemeines Regelmonster.
Die kurzweiligen Bündnisse und Ärger-Regeln klingen auch interessant. Da passt die Möglichkeit mit größeren Gruppen zu spielen.
BS_Sam schrieb am
heretikeen hat geschrieben: ?29.01.2019 21:37 Merch halt.
Mir graut es nach wie vor, wenn sich Leute sündteuer das Brettspiel zu Dark Souls holen, wohl wissend, dass die Regeln für die Katz sind ... Aber hey, es ist DARK SOULS, und man kann es noch immer housrulen ...
Einfach mal den inneren Fanboi ins Bett schicken und sich ein Spiel mit guter Mechanik holen, das ohne eine aufgepappte Franchise auskommt.
Ich weiß schon was du meinst. BB kann mir als Serie sogar gestohlen bleiben. Aber es gibt auch einige wenige Ausnahmen die mit Lizenz richtig gut funktionieren weil sie sehr gut als Spiel umgesetzt wurden. Beispiele: Star Wars Rebellion oder Battlestar Galactica. Beides fantastische Brettspiele die durch die Lizenz erst richtig toll funktionieren. Aber ja, das sind Ausnahmen...
listrahtes schrieb am
Das Spielmaterial sorgt mit den originalen Fotos umgehend für Stimmung, die Karten sind also authentisch nach Serienvorlage illustriert
Interessant , wir bemerken in der Regel das genaue Gegenteil bei Brettspielen. Fotos aus Film etc integriert wirken eher lieblos und immersionszerstörend. Zeichnungen erhöhen das Spielgefühl. Gutes Beispiel Legendary Encounters Aliens. Negativ: Legendary Encounters X Files.
Meist ist das bei klassischen merchandising Brettspielen auch ein guter Hinweis auf das Engagement der Lizenzverwerter. Geht halt deutlich schneller und günstiger ein paar Fotos zu integrieren. Battlestar Galactica ist eine positive Ausnahme wobei mir das Spiel tatsächlich aufgrund der Fotos nicht gefallen hat.
Die Serie Breaking Bad ist sicher herausragend, allerdings wird es in den späteren Staffeln doch recht abstrus und unglaubwürdig. Gerade der Konflikt Walter - Jesse wird einige male zu oft dramatisch umgepolt. Sopranos halte ich insgesamt für die deutlich überlegene und in sich stimmigere Serie und auch so einige andere wie The Wire, The Corner, Southland...etc. Trotzdem hochwertige TV Kost.
schrieb am