Unvorhersehbare Ereignisse
Wer hätte damit gerechnet, dass bei der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland der amtierende Weltmeister Deutschland schon in der Vorrunde scheitert? Oder dass Otto Rehagel mit Außenseiter Griechenland die Europameisterschaft 2004 gewinnt? Wer hätte gedacht, dass die Scuderia Ferrari nach den überragenden Winter-Testfahrten in der aktuellen F1-Saison einmal mehr den Mercedes-Boliden und dem WM-Titel chancenlos hinterher hecheln würde? In der Welt des Sports gibt es immer wieder überraschende Gewinner und Verlierer oder Ereignisse, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hätte.
Jetzt gesellt sich auch die Saison 2019 der Gran Turismo World Championships dazu, wo es bereits bei den Halbfinal-Rennen beim Nations Cup erste fassungslose Blicke gab: Zum einen erwischte es den japanischen Fahrer Ryota Kokubun, der sich als Sieger in Tokio die direkte Teilnahme am Weltfinale gesichert hatte und als einer der Mitfavoriten für den Gesamtsieg galt. Doch nachdem er als Folge eines Gerangels unverschuldet im Kiesbett landete, war das Halbfinale die überraschende Endstation. Zuvor gab es bereits im ersten Halbfinal-Rennen einen noch größeren Schock zu verdauen: Vorjahres-Champion Igor Fraga warf nach einem unachtsamen Dreher ohne Fremdeinwirkung sein Rennen schon kurz nach dem Start auf dem Red Bull Ring in der ersten Kurve weg. Damit hatte der Brasilianer keine Möglichkeit mehr, sich trotz seines fahrerischen Könnens wieder bis nach vorne zu kämpfen, um sich für das Finale zu qualifizieren und die Chance zu wahren, seinen Titel im Nations Cup zu verteidigen. Ein kleines Trostpflaster blieb immerhin der Sieg beim Manufacturers Cup, wo er sich mit seinen beiden Mitstreitern Rayan Derrouiche und Tomoaki Yamanaka den Sieg für Toyota sicherte, gefolgt von Mercedes-Benz und Alfa Romeo.
Die große Hizal-Show
Ohne den großen Rivalen wurde der deutsche Hoffnungsträger Mikail Hizal endgültig von einem Mit- zum Top-Favoriten. Schon in der Top-12-Qualifikation untermauerte er seine Top-Form und sicherte sich die Pole Position knapp vor dem Franzosen B.Beauvois und dem Japaner T. Miyazono. Danach folgte die pure Dominanz: Hizal sicherte sich in jedem der vier Final-Rennen den Sieg und drehte seine Runden wie ein Uhrwerk – egal ob in Monza, bei Regenrennen in Spa Francorchamps oder dem finalen Lauf in Interlagos. Nur in Le Mans ging es stellenweise eng zur Sache, da Hizal kurzzeitig sogar die Führung abgeben und deutlich härter für den knappen Sieg kämpfen musste.
Geschafft: Der deutsche Fahrer Mikail Hizal hat in seinem zweiten Anlauf und vor seiner Auszeit den Nations Cup gewonnen!
Doch am Ende zahlten sich das harte Training, die clevere Strategie und die mentale Vorbereitung für den Deutschen aus, der seine Gegner mit einer überragenden Leistung hinter dem Steuer stellenweise sogar deklassierte. Mit einem kräftigen Jubelschrei fiel die gesamte Anspannung beim Überfahren der Ziellinie ab, denn obwohl Hizal das Rennen kontrollierte, war die Meisterschaft aufgrund der doppelten Punktevergabe im finalen Lauf rein rechnerisch noch nicht gesichert. Trotz ihrer guten Vorstellungen mussten sich daher sowohl der aufstrebende Cody Nikola Latkovski aus Australien als auch der Drittplatzierte Tokuma Miyazono aus Japan geschlagen geben. Angesichts dieser erdrückenden Dominanz besteht kein Zweifel daran, dass sich Mikail Hizal den Titel in diesem Jahr redlich verdient hat, nachdem er 2018 hinter Igor Fraga bereits Vize-Weltmeister wurde und zu Beginn der neuen Saison den Fluch des ewigen Zweiten geerbt zu haben schien. Vor allem das Duell der beiden Dauer-Rivalen beim Live-Event in New York dürfte in diesem Jahr in Erinnerung geblieben sein, als sich Fraga durch ein unfaires Bremsmanöver bei der berühmten Eau-Rouge-Kurve einen Vorteil verschaffte und trotz der nachträglichen Zeitstrafe vor Hizal den Sieg davon trug.
Sinnvolle Anpassungen
Überhaupt gab es in dieser Saison einige spannende Positionskämpfe und virtuellen Motorsport auf hohem Niveau zu sehen. Dazu dürften auch manche sinnvollen Änderungen beigetragen haben, die in dieser Saison Einzug in die Meisterschaft hielten. Vor allem der Verzicht auf das ärgerliche Los- bzw. Wahlverfahren und die Entscheidung für Einheits-Modelle im Rahmen des Nation Cups erwiesen sich als konstruktive Anpassung des Regelwerks. In der Vergangenheit beklagten sich die Fahrer häufig über Pech bei der Wagenzuweisung, da es trotz BoP (Balance of Power) mitunter immer noch eklatante Unterschiede zwischen dem Modellen gab, was Fahrverhalten und den wichtigen Reifenverschleiß anging. Mit dem Umstieg auf unterschiedlich lackierte Einheits-Modelle wurde dieses Problem endlich aus der Welt geschafft.
In Monaco traten die besten Spieler von GT Sport an.
Im Manufacturers Cup ist dies selbstverständlich nicht möglich, da hier der Wettstreit zwischen den Marken und unterschiedlichen Modellen im Mittelpunkt steht. Böse Zungen behaupten, dass der Sieg von Toyota nicht nur dem flotten Fahrer-Trio, sondern auch den Charakteristiken des virtuellen Flitzers geschuldet ist, die gegenüber den Fahrzeugen anderer Hersteller besser ausfallen sollen. Die Verschwörungstheorien werden vor allem dadurch befeuert, weil Toyota nicht nur eine enge Partnerschaft mit Polyphony Digital eingegangen ist, sondern neben Tag Heuer und Reifen-Hersteller Michelin auch als einer der Hauptsponsoren der Gran-Turismo-Weltmeisterschaft geführt wird. Gegen die künstliche Bevorteilung spricht allerdings, dass Toyota in anderen Events der Tour von anderen Marken wie Porsche geschlagen wurde.