Das Leben vergeht, Ruhm währt ewig
Wieso grinse ich süffisant, wo doch gerade ein ganzes Land in Trümmern versinkt und all meine Krieger verschlingt? Weil mir diese tapferen Recken im Angesicht von Ragnarok noch reichlich Ruhm bringen - jeder Mann satte drei Punkte! Also setze ich als Anführer des Rabenclans meinen blauen Stein fröhlich um neun Punkte vor, während ich meine Toten nach Walhall überführe. Und das Beste ist: Im nächsten Zeitalter begrüße ich sie wieder in meinen Reihen - Odin sei Dank! Eine der Besonderheiten von "Blood Rage" ist, dass man diese Wiederkehr in seiner Strategie ebenso berücksichtigen kann wie die Tatsache, dass auch tote Krieger für Ruhm sorgen. Es gibt u.a. Aufträge, für die man z.B. vier Gefallene in Walhall vorweisen muss, um von den Göttern belohnt zu werden. Ähnlich wie im Klassiker
Small World sollte man aber genau wisen, wann man seine Jungs dem Untergang weiht.
Blood Rage ist komplett auf Deutsch bei Asmodee erschienen, für zwei bis vier Spieler ab 14 Jahren ausgelegt und kostet knapp 70 Euro. Das Brettspiel wurde über Kickstarter von 9.825 Unterstützern mit 905.682 Dollar finanziert.
Über drei Zeitalter hinweg ringen zwei bis vier Spieler um diesen ewigen Ruhm. Drei mal kommt es dabei zu Ragnarök. Im Altnordischen bedeutet das "Schicksal der Götter", nicht etwa Weltuntergang. Am Tisch wird das so inszeniert, dass ein bestimmtes von neun mythischen Ländern sowie alle dort versammelten Krieger verschlungen wird, sobald der Marker das Ragnarökfeld erreicht. Erst nach diesen drei Runden wird abgerechnet: Welcher Clan hat am meisten Ruhm sammeln können? Sehr angenehm ist, dass sich dieser Wettlauf aufgrund des schlanken Regelwerks überaus flott spielt und dass man Rückstände der ersten Runde locker im Finale ausgleichen kann, weil sich die Ausschüttungen an Ruhm stetig steigern. Zu Beginn gleichen sich Bären, Schlangen, Raben und Wölfe noch mit ihrem Anführer und acht Kriegern sowie ihrer maximalen Stärke sowie Anzahl. Es gibt also je nach Fraktion zunächst keine exklusiven Fähigkeiten, Monster oder Spezialregeln wie etwa in
Cthulhu Wars, das hinsichtich dieser Eigenarten komplexer gestrickt ist.
Viel Kampf, viel Ehr', aber kein Hack&Slay
Hört sich also nach einem Hack&Slay an? Oder nach einem Wargame? Ist es aber nicht. Blood Rage simuliert mit seinen sehr simplen Kämpfen weder taktische Gefechte im Gelände wie z.B.
Battlelore noch ist es ein blutiges Gemetzel für zwischendurch wie z.B.
Zombies!!!. Auch wenn die toll designten Krieger und Monster in Tabletop-Schlachten eine gute Figur machen würden: Es geht hier nicht um Deckung, Sichtlinien und Formationen, sondern um die effiziente Entwicklung seines Clans, um geschicktes Antizipieren und gut geplante Angriffe, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um stetig wechselnde Gebietskontrolle - man kann natürlich trotzdem Enslaved laufen lassen, denn es geht ständig zur Sache und die alten Götter fordern für ihre Gaben einen hohen Bodycount. Walhall ist quasi immer ausgebucht.
Der Spielplan zeigt nicht Europa um Nord- oder Ostsee, sondern ein mythisches Reich mit neun Gebieten samt Dörfern und Fjorden. In der Mitte liegt das einzige dorflose Gebiet mit der Weltesche Yggdrasil.
Was ist also der Kern der Spielmechanik? Das Karten-Management mit seinem Draftsystem sowie die fünf möglichen Aktionen bilden das Fundament.
Kartenmanagement mit Göttergaben
Schon vor der Auswahl der richtigen Aktionen spielt das Kartenmanagement eine wichtige Rolle. Ähnlich wie in
7 Wonders wählt man eine von acht Karten aus, um den Rest dann an seinen Nachbarn weiterzugeben. Das geht so lange, bis jeder sechs Karten auf der Hand hat. Aber welche behält man? Es gibt lukrative Aufgaben, bessere Waffen für Krieger oder Monster, Aufrüstungen für das Schiff oder den Anführer sowie die Kampfkarten, die einem in der Schlacht helfen. Man hat also durchaus die Qual der Wahl bei der Entwicklung seines Clans. Und die besten Karten bekommt man nicht auf einen Schlag - so wird das Glück durch die gezielte Auswahl und Rotation angenehm eingedämmt.
Zu Beginn gleichen sich wie gesagt alle Clans noch, denn alle starten mit je zehn Spielfiguren: acht Krieger, ein Anführer sowie ein Schiff. Mit jedem der drei Zeitalter wachsen die Unterschiede, die auf dem Clanbogen über Marker und Karten ersichtlich sind. Drei Symbole stehen dabei im Mittelpunkt: Wut, Äxte und Hörner repräsentieren die maximale Energie für Aktionen, den erworbenen Ruhm für Siege sowie die maximale Zahl an Figuren. Man kann sich also auch spezialisieren, um z.B. über sehr viele Aktionen dank hoher Wut bei vielleicht wenig Ruhm aufgrund weniger Äxte erfolgreich zu sein. Jeder Clan darf zudem einzigartige Monster anwerben: Es gibt neun mythische Kreaturen in allen Größen, darunter Trolle und Riesen, die in der Schlacht natürlich sehr nützlich sind - und auch sie können Ruhm gewinnen.