Erste Raytracing-Schritte in aktuellen Spielen
Die ersten Spiele mit Hardware-beschleunigten Raytracing-Funktionen waren
Battlefield 5 und
Shadow of the Tomb Raider im vergangenen Jahr. Beide Titel setzten die Technologie eher in homöopathischen Dosen ein.
Bei Battlefield 5 wurden die Reflexionen der Umgebung auf Fensterscheiben, metallischen Oberflächen oder Pfützen realisiert, wobei der Ursprung dieser Reflexionen nicht im aktuellen Bildausschnitt sein musste. Bei Shadow of the Tomb Raider wurde ein halbes Jahr nach der Präsentation des RTX-Patches der RTX-Patch nachgeliefert, der für realistischere und weichere Schatten-Darstellung sorgt. Allerdings steht der optische Zugewinn durch die Schatten leider in keinem Verhältnis zu dem Absturz der Bildwiederholrate.
Erst deutlich nach der öffentlichen Ankündigung der RTX-Grafikkarten und mit zunehmender Zeit, welche die Software-Entwickler benötigen, um sich mit der neuen Technologie zu beschäftigen, wurden aufwändigere Umsetzungen mit Raytracing realisiert. An dieser Stelle wären vor allem
Metro Exodus,
Control,
Quake 2 (RTX) und
Stay in the Light zu nennen - also von den Spielen, die zum aktuellen Zeitpunkt erhältlich und verfügbar sein. Ansonsten gibt es viel Zukunftsmusik.
Metro Exodus
Während man sich bei Battlefield 5 auf die Darstellung von Reflexionen beschränkt hatte, wird bei Metro Exodus die globale Beleuchtung der 3D-Szenerie mit Raytracing realisiert. Das Spiel nutzt also Raytraced Global Illumination. Die Technologie wird nicht zur kompletten Berechnung der Beleuchtung anhand sämtlicher Lichtquellen einer Szene eingesetzt, sondern ist auf das Licht von Sonne und Himmel beschränkt - oder der zentralen Lichtquelle einer Szene, wenn keine Sonne oder kein Himmel zu sehen sind. Lokale Lichtquellen in der Umgebung - wie zum Beispiel Kerzen oder Lampen -
Raytracing-Vergleich bei Metro Exodus. Oben mit Raytracing. Unten ohne Raytracing. Die Schatten-Darstellung und die Beleuchtung rechts sind wesentlich akkurater.
werden in der Regel nicht mit Raytracing gerendert, um die Schleich-Passagen (laut nVidia) nicht unnötig zu verkomplizieren, schließlich soll man auf einem Blick erkennen können, wann man für einen Gegner sichtbar ist oder nicht. Außerdem wird so Rechenleistung gespart.
In der Praxis sind die Unterschiede zwischen einer Szene mit und ohne Raytracing oftmals nicht auf einem Blick zu erkennen - meist wirkt die gerenderte Szenerie mit Raytracing dunkler. Manche Elemente z.B. beim Schneesturm zu Beginn sahen ohne Raytracing sogar etwas besser ausgeleuchtet aus. Aber in ruhigen Momenten, in denen man einen genaueren Blick auf die Umgebung werfen kann, zeigen sich durchaus nuancierte optische Unterschiede, die viel zur Stimmungsinszenierung und der düsteren Atmosphäre beitragen können, da sich viel stärkere Kontraste (auch ohne HDR) realisieren lassen - zusammen mit Schatten von sehr weich bis hart.
Die stärksten Unterschiede erkennt man beim Übergang von Innen- und Außenlevels, wenn Licht von außen in ein Innenlevel fällt - oder wenn eine Szene in Innenlevels gezielt beleuchtet wird. Unter freiem Himmel fallen die Effekte weniger ins Auge. Beispiel: Man steht in einem Eisenbahnwagon (Wolga-Level). Direkt vor einem ist eine geöffnete Tür und das Licht von der Sonne dringt in den Raum herein. Es gibt sonst keine weitere Lichtquelle in der Umgebung. Ohne Raytracing sieht man in der Szene rechts von der Tür einen leicht erleuchteten Bereich, obwohl es dort augenscheinlich gar keine Lichtquelle gibt. Mit Raytracing ist es dort wirklich dunkel.
Control
Das Spiel von Remedy Entertainment und 505 Games nutzt mehrere Raytracing-Funktionen, nämlich Reflexionen, transparente Spiegelungen, indirekte Beleuchtung (als Ersatz für Umgebungsverdeckung via Screen Space Ambient Occlusion; SSAO), Kontaktschatten und Effekte für Schutt/Trümmer. Aufgrund der klaren Strukturen im Leveldesign, der erstklassigen Ausleuchtung der Levels, der zahlreichen Details in den Räumen und den vielen spiegelnden Flächen sind die Grafik-Verbesserungen mit Raytracing deutlich spürbarer und eindrucksvoller als in Metro Exodus.
Mit den RTX-Grafikkarten lässt sich die Grafikqualität des Spiels am PC merklich steigern - allerdings auf Kosten der Bildrate. Während Control laut Nvidia auf einer RTX 2060 Super ohne RTX-Effekte mit 50 fps in 1440p (960p Renderer) läuft, sinkt die Bildwiederholrate auf knapp unter 30 mit Raytracing (i9-7900X 3,3 GHz, 16 GB RAM). Auch bei anderen RTX-Grafikkarten bedeutet die RTX-Nutzung eine fps-Reduktion um circa ein Drittel. In den kritischen Bereich fällt die Bildwiederholrate nicht.
Control ist das aktuelle Paradebeispiel für deutlich sichtbarees Raytracing.
Ausgeglichen werden kann der Performance-Verlust teilweise mit DLSS (Deep Learning Super Sampling), wodurch die fps-Rate um den Faktor 1,5 bis 2 (je nach Renderer) erhöht wird, aber auch mit einem leichten Verlust an Schärfe. Selbst beim Spielen mit einer RTX 2080 Ti merkt man die schwankende Bildwiederholrate (vor allem auf höheren Auflösungen), aber es war in 1080p (Renderer + Auflösung) stets gut spiel- und kontrollierbar. Prinzipiell gilt: In 1080p sind die Einschränkungen durch Raytracing verschmerzbar. Spielt man in 1440p, sollte sich eine stärkere RTX-Grafikkarte im Rechner befinden - oder DLSS bemüht werden. In 2160p geht ohne DLSS so gut wie nichts (Quellen:
Hardwareluxx,
Nvidia-Benchmarks,
Techradar,
Digital Foundry).
In jedem Fall müssen die Spieler selbst entscheiden, ob sie lieber auf die bessere Grafik aufgrund der zusätzlichen Raytracing-Grafikfeatures verzichten wollen oder ob sie lieber ein flüssigeres und gleichmäßigeres Spielerlebnis haben wollen. Control ist meiner Ansicht nach der erste Titel bei dem sich das Raytracing wirklich und sichtbar lohnt. Es ist zugleich ein erster Blick in die schöne neue Rendering-Welt. Trotzdem gibt es hier und da auch Rendering-Fehler zu beobachten. Neben etwaigem Rauschen sind manchmal Lichteffekte an Stellen sichtbar, die dort nicht hingehören oder falsch wirken. Diese Macken sind jedoch die Ausnahme.