Special: Power Stone (Prügeln & Kämpfen)

von Matthias Schmid



Power Stone (Prügeln & Kämpfen) von Eidos
Der besondere Prügler
Entwickler:
Publisher: Eidos
Release:
14.10.1999
Spielinfo Bilder Videos
Tolle 3D-Grafik, witzige Helden und ein extrem dreidimensionales Spielprinzip - mit diesem Dreamcast-Klopper stellte Capcom das Beat’em-Up-Genre auf den Kopf. Eine Liebeserklärung an ein außergewöhnliches Videospiel!

Mehr 3D, bitte

Toshinden mit seinen hohen Sprüngen, Ehrgeiz mit den verschiedenen Höhenebenen oder Virtua Fighter 3tb mit seinen an- und absteigenden Bodenprofilen haben einiges erreicht - für mehr 3D im Prügelspiel. Doch 1999 riss Capcom dem normalen Versus-Kampfspiel in 3D einfach mal so den Boden unter den Füßen weg: Power Stone machte beinahe alles anders - ersetzte Viertelkreis-Moves oder ellenlange Kombos durch simple Kicks und Punches, führte einen Sprungknopf ein, erlaubte das Werfen von Objekten, gab den Kämpfern aufsammelbare Waffen in die Hände und garnierte das Ganze mal eben mit Superverwandlungen à la Dragon Ball.

Konzept-Zeichnung für die Stage Londo - gar nicht so weit weg vom finalen Level.
Konzept-Zeichnung für die Stage Londo - gar nicht so weit weg vom finalen Level.
Heute mag dieses Prügelspiel, das nur einen Nachfolger erhielt, wie eine klitzekleine Randnotiz der Videospielgeschichte anmuten - doch damals waren sich die Kritiker einig: Wer einen Dreamcast sein Eigen nannte, der musste sich diesen Vorzeigetitel holen. Auch um seinen Freunden die Grafikpower der neuen Sega-Hardware zu zeigen: Der europäische Starttitel Power Stone hatte vollgestopfte, abwechslungsreiche Arenen und sah dabei so knackscharf wie bunt aus, zudem bot er auch im Detail wirklich starke Texturen. Obendrein waren die Figuren echte Sympathieträger: Viele Jahre bevor ein Overwatch kultige Comic-Helden mit illustren Biografien zu den Hauptdarstellern machte, wagte sich schon Power Stone weg vom typischen Muskel-Haudrauf mit Badass-Attitüde: In dem leicht steampunkigen 19. Jahrhundert-Setting trafen wir den kecken Doppeldecker-Piloten Falcon, die orientalisch angehauchte Tänzerin Rouge - die Anleitung spricht von „Zigeunerin und Wahrsagerin“ (sic)-, den fröhlichen Martial-Arts-Lehrling Wang Tang, den grinsenden Bergarbeiter Gunrock oder einen bandagierten mysteriösen Verbrecher namens Jack.

Sagenhafte Balance

Die Figuren unterschieden sich dabei nicht nur in puncto Spezialattacken (dazu später mehr), sondern verlangten aufgrund ihren körperlichen Eigenschaften nach ganz unterschiedlichen Spielstilen: Die großen, starken Figuren wie Gunrock, Galuda oder Sub-Boss Kraken sind schwerfällig und damit im von Kicksprüngen dominierten Nahkampf fast chancenlos gegen die flinke Fraktion um Ayame und Jack. Dafür müssen die sich in Acht nehmen, wenn zwischen den Figuren ein paar virtuelle Meter liegen und etwas zum Werfen in der Nähe ist - weil Gunrock und Galuda, aber auch schon Titelheld Falcon und natürlich Boss Valgas Kisten so schnell schleudern, dass nur Profis sie auffangen können.

Sicheres Mismatch? Von wegen! Auch mit der zierlichen und flinken Ayame hat man eine Chance gegen Felsmann Gunrock (der verwandelt an Das Ding von den Fantastischen 4 erinnert).
Sicheres Mismatch? Von wegen! Auch mit der zierlichen und flinken Ayame hat man eine Chance gegen Felsmann Gunrock (der verwandelt an Das Ding von den Fantastischen 4 erinnert).
Dabei ist die Balance, von den Bossen abgesehen, fantastisch - das kann ich nach 20 Jahren fortlaufender Power-Stone-Leidenschaft mit Gewissheit sagen: Ich gehe zwar mit meinem Lieblings-Allrounder Wang Tang eine Spur selbstsicherer ins nächste Duell, doch auch vermeintlich schwächere Figuren wie die zierliche Ninjadame Ayame können jeden Kampf für sich entscheiden. Zur hervorragenden Gewichtung gehören auch die Superattacken: Manche treffen fast immer (z.B. Falcons Raketen, Ryomas Sicheln oder Rouges Feuerball-Totelschädel), anderen ziehen dafür umso mehr Energie ab, sind aber schwerer anzubringen (z.B. Galudas Schnapp-Finisher oder Jacks Klingenpropeller). Andere Spezialattacken hatten in meinem Power-Stone-Freundeskreis wiederum den Ruf als besonders "edle" Finisher: Bei Rouges Kuss-Angriff oder Wang Tangs Überkopf-Kick ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner ausweichen kann, extrem hoch - daher galt deren Einsatz immer als Zeichen für Mut und Fairplay.

Kommentare

4P|Matthias schrieb am
JudgeMeByMyJumper hat geschrieben: ?02.09.2020 07:37 Das klingt in der Tat außergewöhnlich und spricht mich an. Danke abermals für einen richtig richtig gut geschrieben Klassiker. Macht so viel Lust und Laune das (fast schon jeden Monat) von dir zu lesen. Grandios!
Ich bedanke mich - das freut mich sehr.
djsmirnof schrieb am
Ein Remake oder einen HD Auflage gerne.Am liebsten mit einen Online Anbindung.Ein 3 Teil lieber nicht.Der kann nur in die Hose gehen.
P0ng1 schrieb am
Was haben wir damals die beiden Power Stone Teile auf der Dreamcast rauf und runter gespielt.
Ja, war eine wunderschöne Zeit vorm dicken Röhrenfernseher ... :D
JudgeMeByMyJumper schrieb am
Das klingt in der Tat außergewöhnlich und spricht mich an. Danke abermals für einen richtig richtig gut geschrieben Klassiker. Macht so viel Lust und Laune das (fast schon jeden Monat) von dir zu lesen. Grandios!
HaZzZrD schrieb am
Oh man ich hab das damals zum vollen Preis gekauft und eine Woche später war es bei Karstadt in der Krabbelkiste für 5 Kröten hahaha. Ich hab mich so geärgert.
Aber das Ding war unfassbar gut, gehört für die Switch remastered.
schrieb am