Special: Super Mario 64 (Plattformer)

von Jan Wöbbeking



Super Mario 64 (Plattformer) von Nintendo
Eine neue Art des Hüpfens
Entwickler:
Publisher: Nintendo
Release:
01.03.1997
01.03.1997
Spielinfo Bilder  
Mitte der Neunziger begann eine neue Ära: Super Mario 64 revolutionierte mit seiner Bewegungsfreiheit und flüssigen Steuerung in 3D nicht nur das Genre der Plattformer, sondern legte auch den Grundstein für beinahe sämtliche Action-Adventures danach. Wir erinnern uns an die Zeit, als nicht nur Kaufhaus-Kinder mit offener Kinnlade vor den Demo-Stationen des Nintendo 64 standen.

Endlich volle Bewegungsfreiheit!

Bahnbrechend, revolutionär, epochal: In der Regel werfen nur Publisher in ihren Pressemitteilungen mit derartigen Superlativen um sich. Doch in manchen Momenten spürt man einfach, dass man etwas ganz Besonderes vor sich hat, das die komplette Spielewelt für immer verändern wird. So geschehen bei Super Mario 64, dem mit 11,9 Mio. Einheiten meistverkauften Spiel fürs N64. Clevererweise stellte Nintendo seinen neuartigen 3D-Plattformer schon vor dem Deutschland-Start mit der Konsole Nintendo 64 in den Kaufhäusern auf. So konnte jeder Interessierte persönlich spüren, welches Phänomen sich hier anbahnte.

Die Größe der räumlichen Levels, die Leichtigkeit, mit der Mario darin physikalisch korrekt herum tänzelte, die unheimlich feinfühlige und trotzdem direkte Analogstick-Steuerung – all das gab es bis dato einfach noch nicht in dieser Ausprägung. Ein Novum war vor allem die frei rotierbare Sicht, welche charmant durch den schwebenden Kameramann Lakitu verkörpert wurde: eine Mechanik, die seinerzeit fast allen Entwickler-Teams Kopfzerbrechen bereitete. Prachtvolle 3D-Spiele gab es schließlich schon auf den Konkurrenzkonsolen PlayStation, Saturn, 3DO und Jaguar – allerdings meist aus der Ego- oder Seitenansicht.

Sauber und flüssig

Der Moment, an dem alles begann.
Der Moment, mit dem alles begann.
Für staunende Gesichter vor den Demo-Displays sorgte auch die ungeahnte Sauberkeit der Kulissen: Keine Pixeltreppchen, keine flackernden Polygone wie auf der PS1, keine groben Texturen wie auf dem Saturn. Stattdessen wirkte alles wie aus einem Guss – primär dank der seinerzeit brandneuen Techniken Textur-Filterung und Anti-Aliasing. Nintendo hatte hier den richtigen Riecher, mit dem Release der eigentlich schon fertigen Konsole noch zu warten, bis das Verkaufsargument Super Mario 64 fertig war. Nintendo brachte nämlich jenes Kunststück fertig, von dem die meisten Hardware-Hersteller zu einem Systemstart nur träumen können: Hier führten frühe Experimente mit der neuen 3D-Technik aus der Third-Person-Perspektive nicht nur zu unheimlich spaßigen Mechaniken, sondern wurden dank der Erfahrung des hauseigenen Prestige-Teams EAD zusätzlich bemerkenswert gut ausbalanciert.

Mal hüpfte man leichtfüßig über die grüne Wiese an wuffenden Kettenhunden vorbei, plättete im Vorbeigehen ein paar Gumbas und umkreiste schließlich auf dem erklommenen Berg den riesigen Bombenboss, der sich nur von hinten erwischen ließ. Anderswo flog man mit der eingesammelten Flügelmütze über eine Pyramide, die mit Treibsand, Fallen, wackligen Kakteen-Gegnern und Geheimnissen umgeben war. Oder man startete sogar mal beruhigende, mal haarscharfe Tauchgänge zu Schiffswracks. Kurzum: Mario nahm den Spieler mit auf eine bunte Abenteuerreise, in der sich selbst Erwachsene wieder wie ein Kind fühlten und zum staunenden Entdecker mit großen Augen wurden. Auch Martin Gaksch erwähnte seinerzeit in der Zeitschrift Maniac! diesen unerwarteten Effekt der spontanen Verjüngung nach dem Spielen. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich 1996 im Urlaub die rund 20 Kilometer zum nächsten Zeitschriftenladen geradelt bin und beim Lesen direkt vor der Tür die Bestätigung bekam: 97% Spielspaß! Ja, Super Mario 64 ist tatsächlich so gut, wie du gehofft hast, du kannst beruhigt in den Ferienort zurückfahren - um danach quälend lange acht Monate auf den Deutschland-Release des N64 zu warten. Das Spielgefühl der europäischen Fassung war übrigens einen Deut langsamer, da das Spiel nicht ideal an den PAL-Standard angepasst wurde (wie damals leider oft üblich).

Die Stars des Spiels

Eine herrliche Abwechslung!
Eine herrliche mystische Abwechslung: die Tauchgänge.
Das Ziel war mal wieder, Peach aus den Klauen Bowsers zu befreien – Überraschung! In diesem Bereich bestach Nintendo also erneut durch Einfallslosigkeit. Das Konzept der Sterne, Schlüssel und Wandbilder war seinerzeit hingegen erfrischend: Nachdem man in der Schloss-Oberwelt in eines der Gemälde gesprungen war (inklusive stylish-flüssigem Texturwabern!) arbeitete man nach und nach relativ frei unterschiedliche Aufgaben ab, statt nur das Level-Ende zu erreichen. Zwischendurch lockerte man das Spiel auf, indem man einfach eines der im Zickzack davon hüpfenden Häschen einfing. Rund um den windigen Schneegipfel z.B. muss das verlorene Küken zum großen Pinguin getragen werden. Weitere Sterne ließen sich dort auf der Rutschbahn mit ihren Abzweigungen absahnen. Ja, richtig: Eine Art komplettes kleines Rennspiel in einem Plattformer – unerhört!

Junge Leser mögen jetzt ahnungslos mit den Schultern zucken. Später stopften schließlich auch andere Entwickler von 3D-Plattformern ihre Spiele mit kleinen Nebenbeschäftigungen voll. Damals jedoch damals waren derart große Minispiele noch keine Selbstverständlichkeit. Aufgrund der zahlreichen Nebenaufgaben brach seinerzeit sogar die Diskussion los, ob es sich bei Super Mario 64 überhaupt noch um ein Jump-n-Run handle. Aus heutiger Sicht gilt es aber praktisch als Grundstein für den modernen 3D-Plattformer. Einerseits, weil die Genres damals ohnehin immer stärker verschmolzen – und andererseits, weil man in der immer düsterer und erwachsener werdenden Spielwelt der späten Neunziger vor allem bunte, familienfreundliche Spiele mit dem Begriff Jump-n-Run assoziierte.

Kommentare

CritsJumper schrieb am
Ich mochte sehr sehr lange diese verwaschenen Texturen nicht.. klar das Spiel hat seinen Charme. Aber verzaubern konnte es mich erst Jahre später, als ich es mal nach geholt hatte. Bin mir nicht mal sicher ob ich die Titel native spielte oder dann doch am PC in einem Emulator spielte, welcher die Grafik aufwertete.
Besessen hab ich das N64, aber schnell verschenkt, weil es mir nichts bedeutete. Golden Eye, war der Titel für den ich dieses System haben wollte.
Scorplian schrieb am
Klingt schon verlockend, muss ich zugeben ^^'
Momentan kann ich mir das aber nicht leisten.
Scorplian schrieb am
Crimson Idol hat geschrieben: ?04.05.2020 13:35 Da bleibt legal halt entweder nur das N64 oder eine Xbox 360 bzw. Xbox One. Vielleicht kommt die Rare Replay-Sammlung ja auch mal in das Game-Streaming "Project xCloud". Dann könntest du das Spiel rein theoretisch auch auf'm Handy oder Tablet spielen. :Blauesauge: Wobei wohl auch eine Windows 10-Version des Streamingclients kommt.
Sofern du das Grundgameplay von Yooka-Laylee magst, wirste auch Banjo-Kazooie mögen. Und keine Angst: Die einzelnen Welten sind recht überschaubar. ;)
Joa, nur dafür eine XBox wäre etwas heavy ^~^'
Da wäre das mit dem Streaming schon einfacher.
Gerade wegen den Welten bin ich da auch guter Hoffnung. Meine zwei größten Kritik-Punkte an Yooka Laylee sind nämlich schlechtes Boss-Design und eben die zu großen (und dabei wenigen) Level.
Scorplian schrieb am
Crimson Idol hat geschrieben: ?04.05.2020 10:31Ich glaub das Problem ist, dass man zu der Zeit eigentlich zwischen zwei verschiedenen Merkmalen differenzieren muss, diese aber oft miteinander vermengt:
Linerare Platformer und "Open World"-Platformer sowie 2D und 3D-Bewegung.
Das 3D assoziiere ich wohl indirekt immer mit den Open World-artigen Spielen wie Mario 64, den Spyros oder Banjos, aber stimmt schon, dass Crash auch ein 3D-Platformer war, wenn auch die Level recht linear waren. Waren sie bei Rayman 2 wohl auch, aber da hat es sich nicht so starr angefühlt, da gefühlt auch vielmehr mit den Höhen variiert wurde und es auch recht frei erkundbare Areale gab. Aber im Grunde war es auch eher schlauchig, da man wie bei vielen vorherigen 2D-Platformern ein fest vorgegebenes Ziel erreichen musste.
Ich denke "offene Level" würde etwas besser passen, als "open world". Ist ansonsten aber genau meine Sichtweise dazu.
Dazu gibt es ja noch viele andere Faktoren.
Crash hat hin zum 3. Teil deutlich ein Level-Design erhalten, welches auf Zeitrennen ausgelegt ist... was ich super geil finde :D
Crimson Idol hat geschrieben: ?04.05.2020 10:31 Mario 64 war halt da halt eher der Prototyp für ein 3D Open World-Platformer, bei dem man zumindest bei einigen Zielvorgaben recht frei entscheiden konnte. Das war auch der Grund, warum mir Banjo besser gefiel. Statt nach einem erhaltenen Puzzleteil (dem Gegenstück zum Stern aus Mario 64) in die Oberwelt zurückzukehren, konnte man einfach weiter in der Welt rumlungern. Nicht zu vergessen, dass man selber herausfinden musste, welche Aufgaben es gibt (oder den Spieleberater bzw. die Nintendo-Hotline bemühen :Blauesauge: ).
Oh, interessant. Das wusste ich garnicht. Da hat sich Gex ja genau dieses Element abgeguckt. Dort finde ich das sogar recht passend gemacht, weshalb ich nun noch neugieriger auf Mario 64 bin.
Banjo&Kazooie müsste ich mir auch mal noch irgendiwe anschauen. Ich weiß nur nicht wie ^^'
4P|Jan hat geschrieben: ?04.05.2020 11:38 "3D mit voller...
Bachstail schrieb am
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass das Gerät bei Markteinführung einen Demo-Stand im Media Markt hatte und man dort Mario 64 spielen konnte.
Das Spiel selbst hat mich damals wie heute nicht interessiert, deswegen besaß ich es auch nie aber dieser Stand war der Grund, warum wir uns gar nicht mal so viel später einen N64 ins Haus geholt haben, der dann relativ schnell zu DER Konsole in unserem Haushalt wurde, sogar die Playstation wurde verdrängt.
Was ich Mario 64 bis heute hoch anrechne ist die Tatsache, dass es damals so ziemlich der Meilenstein in Sachen 3D-Platformer war, es hat seinen Grund, warum das Spiel bis heute reichlich gespielt und als Referenz angesehen wird.
schrieb am