Fußball aus Japan
Willkommen zu unserem Sportspiel-Klassiker "Nekketsu High School Dodgeball Club: Soccer". Wie, kennt ihr nicht? Wie wäre es dann mit Nintendo World Cup, dem kultigen NES-Kick mit Kickbox-Flair? Schon besser, oder? Dabei beschreiben beide Namen im Grunde dasselbe Spiel. Nekketsu High School Dodgeball Club: Soccer erschien in Japan im Jahr 1990 für die Erfolgskonsole Famicom - und inszenierte den Fußball-Wettkampf verschiedener japanischer Highschools mit gedrungenen Sportlern und sogar Story-Sequenzen. Falls euch die Männeken bekannt vorkommen, ist das kein Wunder: Bei der Bande handelt es sich um Kunio-kun und seine Kumpels - jene pixelige Rabaukentruppe von Entwickler
Technos, die schon im NES-Titel Street Gangs (US-Name: River City Ransom) die Fäuste fliegen ließ und in weiteren Sidescroll-Kloppern und Action-Sportspielen auftrat.
So sah das europäische NES-Cover von Nintendo World Cup aus. Viele Spieler kamen aber auch über ein 3-Spiele-Modul (mit Super Mario Bros. und Tetris) mit dem Titel in Berührung.
Für den westlichen Release im Folgejahr wurden die Dialoge entfernt und die Schulmannschaften durch 13 Nationalteams ersetzt: USA, Holland, Japan, Frankreich, Russland, Mexiko, England, Spanien, Brasilien, Deutschland (damals noch als W. Germany im Spiel), Argentinien, Italien und natürlich Kamerun. Warum natürlich Kamerun? Weil der afrikanische Überraschungs-Viertelfinalist der WM 1990 im Spiel als erster Widersacher und Prügelknabe herhalten musste und sich deshalb als Standardgegner ins Gedächtnis vieler NES-Kicker eingebrannt hat. So ein 16:0 in gerade mal acht Minuten Spielzeit (allerdings ticken die Sekunden im Spiel etwas langsamer) ist halt was für die virtuellen Fußballgeschichtsbücher. Nintendo World Cup litt wie so mancher Titel seiner Zeit unter unschönem Sprite-Flackern, war spielerisch aber Champions League: Der Arcade-Sport hielt sich nur an wenige Regeln (Einwurf, Abstoß, Anstoß), ließ das Abseits aber im…äh… Abseits stehen und schickte den Schiri in Frührente. Es konnte (und sollte) nach Herzenslust gerempelt und getreten werden. Warten die zwei Knöpfe des NES-Controllers im Angriff für Pass und Schuss reserviert, wurden sie in der Defensive zu Bodycheck und Blutgrätsche umfunktioniert. Manche Attacke verwandelte den gegnerischen Spieler nur für kurze Zeit in einen bewegungsunfähiges Stück Pixelsalat, andere knockten ihn gleich ganz aus. Dann konnte aus dem 6-gegen-6 für eine Weile ein 6-gegen-3 werden - erst nach dem nächsten Tor erwachten die niedergefoulten Rasenkrieger aus ihrer Besinnungslosigkeit.
Einzelspieler-Modus
Wer die Retro-Treterei heute in scharfem HD erleben möchte, hat auf allen drei aktuellen Konsolen die Möglichkeit dazu - muss aber teils Importhürden nehmen.
Klar, in Nintendo World Cup waren Vierspieler-Matches möglich und auch das Turnier konnte zu zweit angegangen werden. Allerdings beziehe ich mich mit dieser Überschrift auf die Art des Fußballspielens - denn hier lenkte man immer einen fixen Spieler, was erstaunlich gut funktionierte. Auf Knopfdruck passten die KI-Kumpane zu einem, zudem zeigte eine Minimap am unteren Bildrand stets die eigene Position auf dem Feld an - klasse mitgedacht! Über vier Optionseinstellungen konnte man vor Spielbeginn das Verhalten seines
Teams justieren: Sollen die Kollegen manndecken oder foulen, der Torhüter mitspielen, durften meine Kameraden selbst den Abschluss suchen und sollten sie im Offensivspiel eher dribbeln oder passen? Diese Einstellungen waren für die damalige Zeit sehr progressiv und verliehen dem Rempel-Fußball mehr taktische Tiefe als auf den ersten Blick ersichtlich.