Special: Tetris (Logik & Kreativität)

von Michael Krosta



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1984
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Rechte-Wirrwarr

Angesichts des enormen Erfolgs dauerte es nicht lange, bis die Aufmerksamkeit des kapitalistischen Westens für dieses kleine Puzzlespiel aus dem kommunistischen Osten geweckt wurde: Während eines Besuchs in seiner Heimat Ungarn stolperte Robert Stein, Inhaber einer britischen Software-Firma, über Tetris und erkannte sofort das enorme Potenzial des Konzepts. Nachdem er mit Pajitnov und dessen Vorgesetzen Victor Brjabrin via Fax für Verhandlungen in Kontakt trat, war er der festen Überzeugung, einen Deal hinsichtlich der Tetris-Lizenz eingefädelt zu haben und lizenzierte die Rechte gleichzeitig weiter an Spectrum Holobyte für den US-Markt und Mirrorsoft für das EU-Territorium. Problem: Zu diesem Zeitpunkt hatte Stein noch keinen Vertrag mit der Sowjetunion und der dafür zuständigen Behörde Elektronorgtechnica (ELORG) unterzeichnet, die alle Vereinbarungen rund um Lizenzen erst staatlich absegnen musste. Dies geschah erst 1988 und Stein bekam die offizielle Erlaubnis, Tetris über einen Zeitraum von zehn Jahren auf aktuellen und zukünftigen Computersystemen zu veröffentlichen. Allerdings verschwieg er seine bereits im Vorfeld eingetüteten Deals, in denen ELORG bei den Lizenzgebühren außen vor blieb und das Geld ausschließlich in die Taschen von Stein floss.

Irgendwann realisierte die Sowjet-Behörde, was vor sich ging – angestoßen wurde das vom niederländischen Videospieldesigner und Entrepreneur Henk Rogers, der sich die Tetris-Rechte für die Veröffentlichung auf Nintendos kommender Handheld-Konsole Game Boy sichern wollte und glaubte, bereits durch einen Deal mit Atari die Erlaubnis zu haben, eine entsprechende Cartridge vorzuproduzieren. Atari wiederum hatte zuvor ein Lizenzabkommen mit Mirrorsoft abgeschlossen, das auf den illegalen Aktivitäten von Stein basierte und daher nicht rechtens war. Um die komplizierten Verwirrungen abzukürzen: Das Lizenz-Chaos führte schließlich zu einem kostspieligen Rechtsstreit zwischen Atari und Nintendo, bei der es u.a. um die Frage ging, ob das NES (jap: FamiCom) eine Videospielkonsole oder ein Computer sei. Das Gericht gab Nintendo Recht, das zwischenzeitlich unter der Vermittlung von Henk Rogers und Pajitnov ein eigenes Abkommen mit ELORG geschlossen hatte, um sich die Rechte an Tetris zur Verwendung an stationären und mobilen Konsolen zu sichern. Traurig: Während sich viele Publisher und einzelne Personen bereicherten, ging Alexei Pajitnov lange Zeit leer aus. Erst nachdem er in die USA auswanderte, dort zusammen mit Henk Rogers die Tetris Company gründete und schließlich die Rechte an seinem Spiel zurückerlangte, rollt der Rubel endlich auch in die richtige Richtung.

Game Boy als Popularitätsschub

Die Game-Boy-Version hat einen ganz besonderen Stellenwert in der Tetris-Geschichte - und musste hart vor Gericht erkämpft werden.
Die Game-Boy-Version hat einen ganz besonderen Stellenwert in der Tetris-Geschichte - und musste hart vor Gericht erkämpft werden.
Vor allem die Game-Boy-Version trug einen entscheidenden Anteil zur Popularität und den beeindruckenden Verkaufszahlen von Tetris bei. Immerhin lag jedem Handheld ein Tetris-Modul bei, obwohl sich viele Käufer stattdessen wahrscheinlich lieber das neue Mario-Spiel als kostenlose Beilage gewünscht hätten. Zwar verschwand am Game Boy durch das grün beleuchtete Schwarz-/Weiß-Display die Farbe, nicht aber der Spielspaß. Tatsächlich bezeichnen manche Tetris-Spieler die Handheld-Version von Nintendo immer noch als ihre liebste, zumal man dort dank Link-Kabel erstmals auch in einem Mehrspieler-Modus gegeneinander antreten konnte. Und auch die Musik dürfte sich auf Ewigkeiten ins Gedächtnis gedüdelt haben: Zwar besteht der Soundtrack eigentlich aus drei Kompositionen und zitiert mit der Französischen Suite Nr. 3 in B-Minor als „Theme C“ sogar den klassischen Großmeister Johann Sebastian Bach, doch bringt man Tetris vor allem mit einer Melodie in Verbindung: Korobeiniki, das im Spiel lediglich als Typ-A bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um ein russisches Volkslied, das bereits im 19. Jahrhundert entstand, aber erst dank Tetris eine Berühmtheit rund um den Globus erlangte. Rhythmus und Melodie passen aber auch wie die Faust aufs Auge zum Spielprinzip und unterstreichen gleichzeitig die Herkunft dieses kulturell so wichtigen Meilensteins.

Kommentare

JudgeMeByMyJumper schrieb am
Danke für den schön geschriebenen Rückblick. Ich hatte mir bisher nicht viele Gedanken zu Tetris gemacht, aber diese Hintergrundinfos waren schon sehr aufschlussreich. Ich hatte es damals auch auf dem Gameboy das erste Mal gezockt und dann jetzt erst auf der SeriesX vor zwei Wochen in der effect Version wieder, wobei mir der steigende Druck keinen großen Spaß macht und ich es schnell wieder beiseite gelegt habe. Geht mir bei Pacman ähnlich obwohl ich da mehr Energie reinstecke bis es mir zu bunt wird. Ich kann allerdings die Zeitlosigkeit und Genialität des Spielprinzips anerkennen.
Außerdem eine kleine orthographische Anmerkung: es kommt einmal "durchrechen" statt 'durchbrechen' vor.
Vandaa schrieb am
Dachte zuerst, super. Ich mag Tetris noch immer. Ein Artikel dazu ist mal wieder interessant.
Nur blöd das man hier eine PUR Mitgliedschaft benötigt. Schade.
Noraver schrieb am
Hach ja...Erinnerungen. Ich weiß noch wie ich 1992 meinen GameBoy zum Geburtstag bekommen habe. Bevor der große Tag ran war, bin ich öfters in das Schlafzimmer meiner Eltern geschlichen und habe den GameBoy aus dem Schrank, fein säuberlich aus der Verpackung, geholt um damit heimlich Tetris zu spielen. An meinem Geburtstag war mein Vater erstaunt wie gut ich das Spiel schon beherrsche :lol:
organika schrieb am
Informativer Text! Danke! Gut zu wissen, dass das Geld schlussendlich doch noch in die richtige Richtung geronnen ist und auch mal die Musik im Original zu hören war interessant.
schrieb am