Die Ego-Shooter-Ära
Mit dem technologischen Wechsel von 2D zu 3D erhielt manches Genre einen Gewalt-Dämpfer: Frühe Polygon-Prügler wie Virtua Fighter, Tekken, Toshinden und sogar das waffenbasierte Soul Blade sorgten dank 3D-Grafik zwar für ein neues Mittendrin-Gefühl, waren aber gleichzeitig so grobschlächtig, dass detailliert dargestellte Gewalt kaum möglich war. Dafür sprang, unter tatkräftiger Mithilfe aus Texas, ein neues Genre in die Bresche: der Ego-Shooter. Er war jung und ungestüm, drückte dem Spieler die Knarre direkt in die Hand und brachte ihn näher an die Action als irgendein Genre zuvor. Schon Wolfenstein 3D packte mit seiner Nazi-Thematik ein besonders heikles Sujet an, doch auch
Doom,
Duke Nukem 3D, Heretic, Dark Forces, Exhumed,
Quake oder Blood war bei aller Szenario-Vielfalt gemein, dass es intensiv, hautnah und mit ständigem Waffeneinsatz zur Sache ging. Doppelläufige Schrotflinte und Kettensäge, Raketenwerfer und Minigun schafften den Sprung vo
m Hollywood-Kino rund um Schwarzenegger und Stallone auf die PC-Bildschirme - blutige Pixelwolken und bald auch polygonaler Bröckenregen waren die Folgen.
Auch id Softwares Quake 2 war natürlich indiziert - und tatsächlich ziemlich brutal für damalige Verhältnisse.
In der zweiten Hälfe der 1990er war vor allem die
PC-Landschaft geprägt von Ego-Shootern - und die waren vielfach brutal und natürlich in Deutschland geschnitten oder indiziert. Während Konsoleros (natürlich nur tendenziell) vermehrt in ebenfalls von Gewalt geprägten, aber weniger darauf fokussierten Action-Abenteuern Archäologin, Hyrule-Held oder Geheimagent spielten, blickte die PC-Gemeinde mit Waffe und Fadenkreuz in virtuelle Welten. Quake 2 und Unreal, Redneck Rampage und Shadow Warrior, Hexen 2 und Jedi Knight, Shogo und Blood 2, SIN und
Half-Life, Requiem und
Kingpin, Aliens versus Predator und Wheel of Time. Zwischen 1996 und 1999 erschien auf PC eine beachtliche Zahl an relevanten, hochwertigen Ego-Shootern, da litten Konsolen-Spieler trotz der Todesanimationen in GoldenEye 007 und der Gehirnbohrer-Waffe in
Turok 2 unter Entzugserscheinungen.
Pistole in der Hand
Silent Scope beeindruckte in der Spielhalle durch seine Scharfschützen-Hardware, in der PS2-Version blieb davon wenig übrig. Geschossen wurde übrigens auf Terroristen.
Für Abhilfe sorgten Lightgun-Shooter-Umsetzungen aus der Spielhalle - dort stand das reine Ballern noch mehr im Fokus als in einem handelsüblichen Ego-Shooter. Vor allem die drei japanischen Arcade-Granden Sega, Konami und Namco lieferten Lichtpistolen-Titel mit möglichst wenig Story, dafür expliziter Gewalt und natürlich einer tatsächlichen Plastik-Knarre in der Hand. Neben beliebten Serien wie
Time Crisis,
The House of the Dead und Virtua Cop waren auch auch innovative Ansätze darunter - in Police 911 musste man zwischen den Feuerstößen mit dem eigenen Körper in Deckung gehen, im Scharfschützen-Shooter
Silent Scope schaute man beim Blick ins Fernrohr auf ein kleines Display, das einen vergrößerten Bildausschnitt zeigte. Wenig überraschend landete ein stattlicher Teil solcher Konsolenports schnurstracks auf dem Index.
Vereinzelt trugen sich auch Titel anderer Genres oder gar Film-Umsetzungen in die Annalen der besonders blutrünstigen Videospiele ein: Die derbe Stirb-Langsam-Versoftung Die Hard Trilogy wurde in Deutschland indiziert, die beiden Carmageddon-Teile hinterließen weltweit ein blutrote Blutspur und geschockte Kritiker, der Polygon-Klopper Thrill Kill sorgte schon vor Release mit Finisher, düsteren Szenario und derber Sprache für Aufsehen; schließlich entschied sich EA, das kurz vor der geplanten Veröffentlichung die Rechte an dem Spiel erworben hatte, den Titel gar nicht erst herauszubringen.