Special: Silent Hill (Action-Adventure)

von Jörg Luibl



Silent Hill (Action-Adventure) von Konami
Die Mutter der Verstörung
Entwickler:
Publisher: Konami
Release:
01.08.1999
26.10.2011
26.10.2011
kein Termin
Spielinfo Bilder Videos
Auf den Tag genau vor zwanzig Jahren erschien ein ebenso verstörendes wie faszinierendes Spiel. Am 31. Januar 1999 feierte Silent Hill seine Premiere auf der PlayStation. Konami veröffentlichte diese außergewöhnliche Interpretation von Survival-Horror noch vor Japan und Europa zuerst in Amerika. In einer Zeit als Resident Evil längst mit zwei Teilen etabliert war, sorgte das japanische Team Silent um Director Keiichiro Toyama für einen Meilenstein des Spieldesigns, der einen bis dato unbekannten psychologischen Terror inszenierte.


Psychologischer Terror

Was war so besonders an diesem Silent Hill? Dazu muss ich etwas ausholen. Ich war schon 26 Jahre alt und meine zweite Tochter war gerade geboren, als ich mit Harry Mason in diese vernebelte Stadt zog. Ich hatte Alone in the Dark, Resident Evil 1 und 2 sowie zig andere Varianten des Survival-Horror gespielt. Obwohl sie alle gruseln und schockieren konnten, schlich sich keines so unheimlich durch die Haut - und: selbst nach dem Ausschalten der PlayStation so ins Hirn. Nicht die Gewalt oder das Blut, sondern Schreie und Schritte, Angst und Ahnungen sowie ein Gefühl des Verlassen-, Ausgeliefert- und Alleinseins sorgten für eine bis dahin fast unbekannte Art des digitalen Unheimlichen. Ich habe von der Geschichte, aber auch von Stimmungen und Geräuschen geträumt.

Silent Hill konnte mich als erwachsenen Mann auf emotionaler Ebene verstören, aber gleichzeitig auf eine düstere melancholische Art so faszinieren wie die besten Kurzgeschichten von E.A. Poe oder H.P. Lovecraft - es gehört für mich neben Soul Reaver zu den Spielen, die mich nach dem Finale am längsten beschäftigt haben. Es gab natürlich auch ausgleichende,
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Harry Mason sucht in der Kleinstadt Silent Hill nach seiner verschwundenen Tochter.
nostalgische und wenn man so will "glückliche" Momente, die ähnlich wie die Logik- und Schieberätsel für wichtige Ruhephasen sorgten. Aber selbst diese waren im Vergleich zu jenen in Resident Evil, wenn man endlich den Raum mit der Schreibmaschine erreichte und im warmen Licht bei lieblichen Akkorden durchschnaufte, irgendwie trügerisch.

Im Gegensatz zum expliziten Horror wirkte vor allem nach ein paar Stunden die Kraft des paranormalen und psychologischen Terrors, der auch ohne die Fratze des Monsters auf schonungslose Art ins Unterbewusstsein sickerte. Natürlich gab es die auch! Scheiben klirrten und Monster tauchten auf, in Gassen wurde man von Hunden angegriffen. Aber hier flossen Normalität und Grauen besser ineinander. Ein Symbol dafür war auch das Radio, das bei nahender Gefahr zu rauschen begann. Da stand man dann im Nebel und schaute sich nervös um. Während Videospiele eigentlich in andere Welten einluden, war das hier wie eine Warnung, die jede Stunde auf der Couch noch lauter dröhnte: Geh nicht weiter!

Verstörender Strudel

Silent Hill war spielmechanisch nicht revolutionär und trotz der in Echtzeit gerenderten 3D-Kulisse keine Grafikbombe. Aber hinsichtlich der filmisch inszenierten Zwischensequenzen sowie der neuen dynamischen Kamera, die sich plötzlich um den Helden drehte oder in die Höhe stieg, schlug es damals die komplette Konkurrenz - selbst heute ist der Einstieg stimmungsvoll. Team Silent bediente sich ansonsten weitgehend etablierter Interaktionen und baute auf einem bekannten Fundament à la Resident Evil, auch hinsichtlich Inventar, Waffen, Items & Co - und natürlich gab es auch Schwächen wie die für heutige Verhältnisse statischen und teilweise naiven Dialoge, das steife Bewegungs- und Kampfsystem oder klischeehafte weibliche Nebenfiguren, die wie Ladys ex machina wirken. Aber Director Keiichiro Toyama sowie seine Producer Gozo Kitao und Michael Gallo präsentierten ein Spieldesign, das wie eine Zwiebel aufgebaut war. Unter der harmlosen Schale eines
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Man konnte auch mit diversen Waffen kämpfen, um die zahlreichen Kreaturen zu besiegen - in diesem Fall eines der wenigen humanoiden Monster.
scheinbar typischen Abenteuers in Schultersicht, in dem ein Mann seine verschwundene Tochter in einer Kleinstadt suchte, während er Monstern begegnete und Rätsel löste, verbargen sich mehrere Schichten, die einen visuell, erzählerisch emotional, spielerisch und - ganz wichtig - auch akustisch in einen psychologischen Strudel voller Verstörungen zogen.

Die Regie war ebenso innovativ wie die düstere Vision. Lange vor The Last of Us oder The Walking Dead ging es auch um eine familiäre Beziehung, um Traurigkeit und tragische sowie emotional intensive Momente. Hinzu kam ein doppelter narrativer und spielmechanischer Boden, der mit der Grenze zwischen Realität und Traum spielte sowie einige Wendungen und mehrere Enden zu bieten hatte. Silent Hill ließ sich zwar wunderbar Zeit für seine verwobene Geschichte und die Geheimnisse der Spielwelt, in der man auch "normalen" Leuten begegnete, aber brauchte nicht lange, bis es einen an der Gurgel hatte: Schon der filmische Einstieg war wie erwähnt klasse, und in der ersten Stunde sorgte die im Nebel lauernde Stadt umgehend für Erinnerungen an den Film "The Fog" aus dem Jahr 1980 von John Carpenter. Apropos: Dass die Japaner reichlich westlichen Horror konsumiert hatten, zeigte sich auch an den Straßennamen wie "Robert Bloch" oder "Richard Bachmann". Obwohl sie wie ausgestorben wirkte, verübte sie eine seltsame Anziehungskraft - in Ansätzen vergleichbar mit so genannten "Lost Places" der Industriegeschichte oder Psychogeografie, die gerade aufgrund des Zerfalls zu sprechen scheinen.


Kommentare

BlackL0tus schrieb am
SH 1 und SH 2: Absolute Jahrhundertwerke! Die Creme de la Creme der Horrorspiele. Schade, dass es heutzutage nichts vergleichbares mehr gibt? Wie diese Spiele mich damals aufgesogen haben, hat sich tief in meinem Gedächtnis verankert. Wahnsinn!
Chibiterasu schrieb am
Silent Hill 3, 4 und Origins kamen ja auch für die PS2... oder verstehe ich deinen Post falsch?
Back Pfeife schrieb am
Silent Hill 1 wurde für PS 1 veröffentlicht, Teil 2 für Playstation 2........und alle anderen Teile für die Playstation3......
In Sachen Horror Amtosphäre ist Sielent Hill den RE Teilen und Evil Within überlegen,das fängt schon bei der Soundkulisse an und hört bei der Geschichte sowie der Präsentation wieder auf, die wesentlich erwachsener war als das was Story Technisch bei Resident Evil abgeliefert wurde.
Xris schrieb am
Erkannt hat geschrieben: ?16.02.2019 05:02
Xris hat geschrieben: ?03.02.2019 01:17
Erkannt hat geschrieben: ?02.02.2019 23:37 Vielleicht sollte man mal wegkommen von diesem "ich möchte ein Spiel das so ist wie [...]". Es ist gar nicht so schwer, etwas gleichwertiges zu zaubern. Kann dann auch meinetwegen Crying Mountains heißen. Aber Konami hats versaut und dabei bleibt es. Deswegen ist aber dieses Setting und die Geschichte nicht gestorben. Es muss nur jemand anderes sie weitererzählen. Dazu braucht man auch keine Markenrechtsstreitereien zu fürchten, wenn man es mit Anspielungen ohne Namensnennung belässt. Effektiv ist es nur die Soundkulisse, die fetzt. Ein Städtchen mit Nebel und seltsamen Monstern bekommt jeder Depp hin.
Ja? Komisch nur das es nicht längst 50zig Copys von SH gibt und ein so olles Spiel neben SH2 immer noch fuer viele der Inbegriff des Genres ist. Trotz aktueller Vertreter mit viel mehr Möglichkeiten.
Es ist ein finanzielles Risiko. Die Erwartungen der begrenzt großen Fangruppe ist zu hoch. Sieht man daran, dass alle Spiele, die sich an so ein Szenario anlehnen dann doch nur belächelt werden.
"Begrenzt große Fanmenge"? Vom Genre oder der Franchise? Die über 5 Millionen Einheiten die so ein RE7 macht sind also fuer dich nicht viel? RE2 wird dies sicherlich wiederholen. Indies haben im Genre auch schon die Millionen geknackt. Und um ein Silent Hill zu machen wuerde ein AA Budget schon reichen. Es ist nicht die Technik sondern Expertise die benötigt wird. Und an der scheitert es einfach.
Dies zu belegen ist nebenbei erwähnt leicht. Denn es gab nach SH2 noch Nachfolger. Teil 3 musste sich schon hinter SH2 anstellen und The Room (das aber immer noch ganz okay war) markierte den vorläufigen Tiefpunkt. Damals kam es mir persönlich so vor als wüsste man bei Konami selbst nicht so recht wie man eigl SH2 entwickelt hat. Soviel zum Thema Geisterstadt + Nebel = fertig ist die Silent Hill Copy.
Die Nachfolger habe ich übrigens Nachfolger sein...
Skippofiler22 schrieb am
Ja, das ist das Risiko. Klar, wer oft den zweiten Teil im Original gespielt hat, der wird sicher nicht das Remake trotz Anpassung an die heutige Konsolen-, Grafikkarten- und Prozessorgeneration nur wegen 20% mehr Inhalt kaufen, sondern sagen: Das Spiel sei seit Teil 7 selbst ein "Zombie".
schrieb am