Harte Prüfung
Zuckersüßes Product-Placement...
Wer ein echter Ninja werden will, der hat es nicht leicht. So auch Zool, der aus der n-ten Dimension auf die Erde geschickt wird, um sechs Prüfungen mit je drei Spielabschnitten zu meistern, die ihn offiziell zu einem Schattenkämpfer machen. So legt sich das knuffige Kerlchen u.a. in einer knallbunten Süßigkeiten-Welt mit Gegnern wie spuckenden Lutschern oder Hummeln an, bekämpft in den Musik-Stages zwischen Lautsprechern und CDs aggressive Pauken und Geigen oder zieht im Kinderzimmer gegen Papierflieger, Panzer sowie durchgeknallte Plüschfiguren in den Krieg. Dabei flitzt der schwarze Kobold, der auf den ersten Blick einer Ameise ähnelt und zunächst für eine solche gehalten wurde, ähnlich rasant durch die bunten Kulissen wie sein blauer Igel-Kollege. Neben dem ohnehin happigen Schwierigkeitsgrad ließ sich in den Optionen übrigens auch die Geschwindigkeit in zwei Stufen regeln.
Die Standardaktion eines jeden Hüpfhelden beherrscht auch der designierte Ninja: Mit einem beherzten Sprung von oben verabschieden sich die Feinde ins Nirvana und hinterlassen bei ihrem Ableben manchmal sogar kleine Herzchen, mit denen man die Lebensenergie auffrischen kann. Steckt der Held mehr als drei Treffer ein oder landet zu oft in Fallen wie spitzen Stacheln, ist eines der Leben futsch.
In einem der Bonus-Level tauschte man den Ninja-Anzug gegen ein Raumschiff.
Neben der obligatorischen Hüpfattacke kann er in der Luft aber auch sein Schwert in einem Wirbelangriff zücken sowie jederzeit kleine, gelbe Kugeln mit unendlichem Munitionsvorrat verschießen. Zusätzlich stehen Zool diverse Powerups wie Smartbombs, Super-Sprünge oder ein Schutzschild zur Verfügung, die meist direkt nach dem Einsammeln aktiviert werden. Besonders cool war die Heraufbeschwörung eines Zwillings, der alle Aktionen des Spielers mit einer kurzen Zeitverzögerung imitierte und der Hauptfigur wie ein lebendiger Schatten folgte.
Lutscher gefällig?
Doch ein Ninja muss nicht nur den Kampf beherrschen - auch das Klettern zählt zu den Fähigkeiten, die man mitbringen muss und so hangelt man sich nicht nur an Stangen über Abgründe hinweg, sondern kann auch an Wänden haften und nach oben oder unten kraxeln. Sollte kein Halt möglich sein, lässt sich der Held aber auch gerne mal von Luftströmen oder Noten nach oben treiben. Um die Punktzahl zu erhöhen, sammelt man alle möglichen Objekte von Schallplatten über Obst und Quietsche-Entchen bis hin zu Süßigkeiten so ziemlich alles ein, was einem vor die Füße kommt. Dabei sind die Sammlerstücke so zahlreich vertreten, dass man teilweise sogar die angreifenden Gegner kaum noch erkennen kann. Apropos Süßigkeiten: Zool wurde von dem Lollipopp-Hersteller Chupa Chups gesponsert - ein Fakt, der vor allem in der ersten Spielwelt deutlich wird, wo das Logo des Unternehmens omnipräsent zu sein scheint.
Standard-Hüpfer mit Extra-Würze
Sonic oder Zool? Das rasante Flitzen durch kunterbunte Levels beherrschten beide sehr gut.
Inhaltlich hatte Zool eigentlich nicht viel, was nicht auch tausend andere Hüpfspiele schon vorher geboten hätten. Was den Titel neben dem putzigen Helden und der sauberen Technik aber ausgezeichnet haben, waren ein paar verrückte Spezial-Abschnitte. So tauscht man in einem Bonuslevel das Jump'n'Run gegen einen Sidescroller und ballert sich in einem kleinen Raumschiff durch die Gegend, rüstet seine Waffen auf und weicht Hindernissen aus. In der Musikwelt hüpft man dagegen auf einer Keyboard-Tastatur herum und öffnet mit der richtigen Melodie die Pforte zu einem weiteren Abschnitt. Herrlich auch der Moment, in dem Zool an einem Spielautomaten sein eigenes Videospiel zockt und sein "Bildschirm im Bildschirm-Pendant" durch Sprünge auf die richtigen Knöpfe steuert. Gelungen war außerdem der Soundtrack
von Patrick Phelan, der auch für die Musik von Lotus III (ebenfalls aus dem Hause Gremlin) verantwortlich zeichnete. Dabei hatte man die Wahl, ob die Klänge im Hintergrund eher rockig oder funkig ausfallen sollte - hören lassen konnte sich beides.
Vor allem auf dem Amiga war Zool auch wegen des cleveren Marketings als Sonic-Konkurrenz ein großer Erfolg: Trotz der Veröffentlichung im Oktober wurde der Titel das erfolgreichste Amiga-Spiel des Jahres 1992, wobei die Verkaufszahlen angeblich sogar fast an die von Sonic 2 heran reichten. Darüber hinaus forderte der Ninja den Igel auch in heimischen Gefilden heraus, denn neben dem Archimedes, Atari ST, CD32, PC, Gameboy, SNES und sogar in der Spielhalle erschien Zool auch auf Segas Mega Drive, dem Master System sowie dem Game Gear. Der Amiga bekam für das 1200er-Modelle außerdem eine AGA-Version mit verbesserten Grafiken spendiert. Ein Jahr später meldete sich der flinke Schattenkämpfer sogar noch mal mit weiblicher Verstärkung und einem Zweispieler-Modus in einer Fortsetzung zurück, die aber nur noch auf dem Amiga (+CD32), PC und Ataris gefloppter Jaguar-Konsole erschien.
Michael Krosta