Special: Clash of Realities (Events)

von Jörg Luibl



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Spielinfo
4Players: Wie viel kostet Electronic Arts dieses Engagement im wissenschaftlichen Bereich?

Martin Lorber: Ich widme derzeit einen Großteil meiner Arbeitszeit diesem Projekt. Über das finanzielle Engagement machen wir keine Angaben.

4Players: Wenn Sie jemand fragen würde, warum Sie als Publisher "Killerspiele" wie Battlefield 2 im Angebot haben, würden Sie was antworten?

Martin Lorber: Ich würde ihm sagen, dass der Begriff "Killerspiel" für ein solch avanciertes Spiel wie Battlefield 2 mir reichlich verkürzend erscheint. Auch ist mir nicht klar geworden, was genau mit "Killerspielen" gemein ist. Darüber hinaus würde ich grundsätzlich antworten: Wie jedes andere Medium reflektieren auch Computer- und Videospiele unsere Geschichte, die Gegenwart oder blicken in die Zukunft. Es ist ein für Medien gleich welcher Gattung ein ganz normaler Vorgang, dass auch Aggression und Gewalt als Aspekte des Lebens Eingang finden, so wie andere Aspekte auch. Allerdings kann man die Darstellung von Gewalt unter ästhetischen, moralischen oder pädagogischen Gesichtspunkten kritisch betrachten und ich finde, das sollte man auch. Auf eine solche Diskussion ließe ich mich dann auch gerne ein.



4Players: Ihre Branchenkollegen von Zuxxez Entertainment haben erst kürzlich einen offenen Brief an die Innenministerkonferenz verfasst, in dem sie drei Lösungen zur Bekämpfung des "Jugendschutzproblems" vorschlagen:

1. Eine stärkere Förderung der USK durch angemessene Budgets
2. Die Durchführung einer durchdachten Aufklärungskampagne zum Hintergrund, zur
Entstehung und zur Alterskennzeichnung von Entertainment-Software. Hierbei sollten
insbesondere die Erwachsenen, also die Erziehungsberechtigten, im Fokus stehen.
3. Eine stärkere Kontrolle der Spieleabgabe gemäß der Altersklassifizierung


Haben wir tatsächlich ein Jugendschutzproblem? Und was halten Sie von diesen Vorschlägen?

Martin Lorber: Wir haben in Deutschland kein Jugendschutzproblem. Die USK leistet eine hervorragende Arbeit. Die Prüfungsentscheidungen der USK sind durch die Beteiligung des ständigen Vertreters der Obersten Landesjugendbehörden als staatlicher Akt zu qualifizieren, an dessen Rechtmäßigkeit nicht zu zweifeln ist. Das für die USK zuständige Landesministerium in Nordrhein-Westfalen hat die ordnungsgemäße Arbeit der USK jüngst genauso bestätigt, wie auch die obersten Jugendbehörden auf Bundes- und Landesebene. Diese Jugendbehörden sind über ihre Vertreter genauso im Beirat der USK über deren Arbeit informiert, wie auch die Vertreter der Kirchen, der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und der kommunalen Jugendämter. Ich denke, Publisher und Entwickler sollten möglichst geschlossen auftreten. Das bedeutet nach meiner Vorstellung, die entsprechenden Verbände sollten das Gespräch mit der Politik suchen, aufklären und informieren und - wenn möglich - begeistern. Nach meiner Wahrnehmung machen die Verbände in dieser Richtung einen hervorragenden Job, der naturgemäß beim Lobbying nicht immer öffentlichkeitswirksam ist.

Bedauerlich ist im Zusammenhang mit dem Jugendschutz allerdings, dass sich immer noch viel zu wenig Eltern und Pädagogen dafür interessieren, was ihre Kinder spielen. Auch wenn wir hier weiter sind, als andere europäische Länder, gibt es auch bei uns viel Nachholbedarf. Das war eines der Ergebnisse einer umfangreichen Studie, die wir im vergangenen Sommer veröffentlicht haben (www.studien.electronic-arts.de).

4Players: Unworte wie "Killerspiele" polarisieren und schaffen mediale Aufmerksamkeit, in der dann schnell Schlagworte wie Verdummung oder Verblödung grassieren. Braucht das Spiel einfach eine bessere PR und Lobbyarbeit, um im Fernsehen auch abseits Pfeiffer`scher Verwahrlosungsszenarien wahrgenommen zu werden?

Martin Lorber: Wenn man sich die mühevolle Arbeit einer umfassenden Medienresonanzanalyse macht, stellt man fest, dass interaktive Unterhaltung in den Medien im Durchschnitt ein ausgezeichnetes Image hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass vereinzelte Eiferer immer wieder mal die Gelegenheit bekommt, sich unhinterfragt in den Medien zu verbreiten. Das sind Einzelerscheinungen. Ich denke, dass in der Branche eine ganze Reihe von erstklassigen PR-Profis arbeiten, die auch entsprechende Resultate erzielen. Auch die Lobbyarbeit ist beim BIU in den allerbesten Händen.

4Players: Wissen Sie, ob über die Kölner Konferenz auch in den Nachrichten oder TV-Magazinen berichtet wird? Betreibt EA in dieser Hinsicht PR?

Martin Lorber: Selbstverständlich begleiten wir den Kongress mit entsprechender Pressearbeit. Es haben sich über 60 Journalisten angemeldet, darunter Vertreter der auflagenstarken Publikumspresse, der wichtigsten nationalen Tageszeitungen und des Fernsehsehens. Erste Vorberichte sind bereits erschienen.

4Players: Immerhin schwappt das Spiel als gesellschaftlich relevantes Thema mittlerweile in unsere Parlamente: Die Grünen werben z.B. damit, gegen das populistische Killerspiel-Verbot der großen Koalition zu sein. Die Hamburger SPD fordert als Opposition mehr Unterstützung für junge Spiele-Entwickler. Ist das eine positive Entwicklung in der Wahrnehmung oder bloß Parteitaktik?

Martin Lorber: In meinen Augen ist das Ausdruck der Tendenz, dass immer mehr Entscheidungsträger in der Politik sich der Relevanz des Themas bewusst werden.

4Players: Die Grünen wollen in diesem Zusammenhang z.B. ein Qualitätssiegel einführen, das ähnlich funktioniert wie in der Filmförderung - Entwickler werden dabei grundsätzlich als "Kulturproduzenten" angesehen. Unterstützt Electronic Arts solche Ideen?

Martin Lorber: Wir sind auch der Meinung, dass es sich bei Computer- und Videospielen um ein Kulturgut handelt. Welche Form der Förderung angemessen und Ziel führend ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

4Players: Frankreich ist da schon weiter: Der Kultur- und Kommunikationsminister hat Shigeru Miyamoto (Mario & Co), Michel Ancel (Rayman, King Kong) und Frédérick Raynal (Alone in the Dark) vor einer Woche den Ritterorden für besondere Leistungen auf dem neuen "Kunstgebiet" der Videospiele überreicht. Sind Spiele tatsächlich Kunst? Herr Kojima hat das in einem Interview verneint.

Martin Lorber: Genauso wenig wie alle Bücher, Filme, alle Musik oder das Fernsehen grundsätzlich Kunst sind, genauso wenig kann man das bei Computer- und Videospielen sagen. In allen Bereichen gibt es künstlerische Werke und solche, die es nicht sind und auch gar nicht den Anspruch erheben. Computer- und Videospiele sind, wenn sie gut gemacht sind, faszinierend, fesseln, machen Spaß und fordern, aber sie sind - nach meinem Kunstverständnis - in der Regel keine Kunstwerke, sondern Teil der modernen Unterhaltungskultur. Das sehen die Macher in der Regel auch so. Es gibt zwar auch eine kleine Szene, die dieses Medium künstlerisch nutzt, einen Künstler von Rang wie beispielsweise Nam June Paik, der sich mit dem Medium Video auseinandergesetzt hat, sehe ich bei Computer- und Videospielen noch nicht.

4Players: FIFA und NHL, Battlefield und Need for Speed. Es wird entwickelt, was sich gut verkauft. Aber fördert Electronic Arts darüber hinaus auch die Entwicklung kulturell anspruchsvollerer oder emotional intelligenterer Spiele, die nicht von der Zielgruppe, sondern einer kreativen Idee bestimmt werden?

Martin Lorber: Ich denke, dass sich die Spiele von Electronic Arts in der Regel deshalb so gut verkaufen, weil sie kulturell anspruchsvoll und intelligent gemacht sind. Anspruchslose und emotional unintelligente Spiele würden sicherlich nicht so viele begeisterte Spieler finden. Die Palette an EA-Spielen ist sehr breit und es sind nicht nur Titel darunter, die in so hohen Stückzahlen verkauft werden, wie die in der Frage genannten. Natürlich experimentieren auch wir und sind beständig auf der Suche nach neuen Ideen, denn man ist in diesem Bereich der Unterhaltungskultur nur erfolgreich, wenn man Anfang der Entwicklung eine bestechende kreative Idee steht.

4Players: Welches Spiel außerhalb des EA-Angebots hat Sie in den letzten Monaten am meisten fasziniert? Und warum?

Martin Lorber: Civilization 4 , weil das Spiel unglaublich tief und vielfältig ist.

4Players: Welche Art Spiel genießen Sie privat am liebsten?

Martin Lorber: Zurzeit spiele ich am liebsten mit meinem dreijährigen Sohn Feuerwehr.

4Players: Gibt es eine Entwicklung in der Branche, die Ihnen als Spieler nicht gefällt?

Martin Lorber: Ich bin nicht mit allem glücklich, was ich um mich herum erlebe, aber ich finde, dass die Entwicklung im Großen und Ganzen in die richtige Richtung geht.

4Players: Vielen Dank für das Interview.

    

Kommentare

johndoe-freename-93917 schrieb am
cool das sich dutsche proffessoren mit Games beschäftigen.Wenn das die Politiker wüssten.
schrieb am