Special: Jam Sessions (Geschicklichkeit)

von Paul Kautz



Jam Sessions
Entwickler:
Publisher: Ubisoft
Release:
27.09.2007
Spielinfo Bilder Videos
Gitarristen haben's einfach im Leben: Zwar sind Pianisten bei Frauen aus irgendeinem Grund noch begehrter, haben aber den Nachteil, dass ihr Instrument zum gemütlichen Lagerfeuerschrammeln am Baggersee etwas zu unhandlich ist. Auftritt: Der Mann mit der Gitarre! Oder, da wir uns im Zeitalter elektronischen Spielzeugs befinden: Der Mann mit dem DS! Mit Jam Sessions drin.

Das große Mysterium

Oben laufen die Akkorde durch, unten wird geschrammelt - so einfach ist Gitarrespielen! Ihr habt die Wahl unter vielen Hintergrundbildern.
Jam Sessions ist kein Spiel: Es gibt keine Highscores zu knacken, keine Herausforderungen zu meistern, keine Lieder nachzuspielen, kein Ziel im eigentlichen Sinne, keinen Raketenwerfer. Jam Sessions ist keine Musikschule: Wenn ihr nicht wisst, dass ein Asus4 kein Motherboard ist, dann werdet ihr es hier nicht lernen. Jam Sessions ist kein Gitarrenlehrer: Wo die Finger in welchem Bund wie angesetzt werden müssen, damit euch Frauenherzen im Dutzendpack entgegenschweben, erfahrt ihr hier mit Sicherheit nicht. Was also ist Jam Sessions?

Ein Tool, im Grunde sogar ein multifunktional einsetzbares Tool - eine Art Gitarren-Sandkasten (weswegen wir auch auf einen herkömmlichen Test verzichten). Grundsätzlich ist alles was ihr machen könnt, einen Akkord nach dem anderen zu schrammeln. Dazu zückt ihr den Stylus sowie die linke Hand (sinister fixierte Zeitgenossen nehmen die rechte): Mit Letzterer wählt ihr aus bis zu 16 Akkorden, mit Ersterem spielt ihr sie, indem ihr auf dem Touchpad herumkrakelt. Im Grunde war's das.

Eddie van Halen spielt DS!

Ihr seid immer noch nicht schlauer? Dann fühlt euch getröstet, denn so geht's mir auch: Ich weiß bis heute nicht genau, was ich nun eigentlich genau mit Jam Sessions anfangen soll. Ihr könnt damit entweder vorgegebene Songs nach Lust und Laune nachspielen, wobei euch das Programm auf Wunsch mit einem klackernden Metronom die Rhythmusarbeit abnimmt. Oder ihr startet den Free Play-Modus und jammt drauflos. Wie gesagt habt ihr in einer Spielsitzung bis zu 16 Akkorde zur Auswahl, die ihr frei auf das Digipad (bzw. die Buttons für unsere Linkshänderfreunde) verteilen dürft. 16? Aber das Digipad bietet doch nur acht Richtungen, protestiert ihr mit gutem Grund! Stimmt schon, aber da wäre ja noch der L-Button, der die zweite Akkord-Palette aktiviert. Clevere Jam Sessions-Spieler legen sich die für einen Song benötigten Akkorde in einer logischen Reihenfolge dem Lied folgend auf die Tasten, denn mitten im Song zwischen den Richtungen und dem L-Button zu hampeln ist eine Qual.

Das Bearbeiten der Akkord-Palette ist ein einfacher Prozess, per Drag&Drop legt ihr gewünschte Noten auf eure Wunschrichtung, bis zu 29 eigene Paletten sind speicherbar - prima, wenn ihr bestimmte Abfolgen für bestimmte Songs sichern wollt. Die Auswahl der Töne wirkt dabei mit mehr als 100 Akkorden 
Die Akkord-Palette könnt ihr selbst bestimmen und abspeichern - sehr nützlich, wenn man auf die Schnelle zwischen mehreren Songs wechseln will, die eine unterschiedliche Notation nutzen.
sehr umfangreich, aber der Variantenreichtum hat seine Grenzen, denn von jedem Grundton gibt es genau zehn Dur- und Moll-Variationen, danach ist schon Schluss. Das Versprechen der Entwickler, dass man mit Jam Sessions ausdrücklich jeden Song spielen kann, ist also purer Unsinn, es sei denn, man gibt sich bei komplexeren Akkorden mit Annäherungen an den Originalton zufrieden.

 Aber wir wollen ja nicht gleich Van Halen auf den DS hebeln, und zugegebenermaßen reicht das gebotene Klangspektrum locker für die meisten Gassenhauer. Eine beachtliche Auswahl ebensolcher findet sich gleich serienmäßig auf dem Modul, 30 Songs laden zur Erkundung ein: Von Coldplay (»Yellow«) über Bob Marley (»No woman no cry«) bis zu Janis Joplin (»Me and Bobby McGee«) reicht das Spektrum - allerdings sind alle Songs auf die Gitarre beschränkt, keine weiteren Instrumente oder Gesang weit und breit. Den könnt ihr selbst beisteuern, allerdings nicht aufnehmen, im Gegensatz zu eurer Klampfen-Performance. Falls euch die Qualität der gut, aber etwas zu leise gesampelten Gibson-Akustik-Gitarre nicht passt, könnt ihr sie mit ein paar Effektgeräten noch verändern: Distortion, Tremolo, Flanger oder Delay warten variabel einstellbar auf ihren Einsatz, lassen sich aber nicht mitten im Song aktivieren - entweder spielt ihr komplett mit oder komplett ohne Effekte.

Guitar Büro

Wenn ihr von Guitar Hero gewohnt seid, dass eure Finger nur so über die virtuellen Saiten fliegen, dann wird Jam Sessions euren Rory Gallagher-Wahn leicht ausbremsen: Hier gibt es nur eine Saite, die ausschließlich für Akkorde steht - kein Fingerpicking, keine Soli. Okay, das wäre wohl auch in Sachen Bedienung zuviel des Guten gewesen, aber diese Beschränkung wirkt sich natürlich auch auf die machbaren Spielmöglichkeiten aus. Immerhin hat die Art und Weise, wie ihr mit dem Stylus anschlagt, hörbare Auswirkungen auf den Klang: Von oben nach unten klingt anders als umgekehrt, ihr könnt Töne dämpfen oder nur leicht anzupfen, entsprechendes Stylus-Feingefühl vorausgesetzt. Die Präsentation ist schließlich die schwächste Seite an Jam Sessions: Tutorial, Menüführung, Saitendarstellung - alles ist sehr nüchtern, sehr technisch, sehr Tool. Das einzige Zeichen von Verspieltheit sind die Hintergrundmotive, mit denen man den normalerweise grauen Raum um die ebenfalls auf Wunsch in mehreren Farben schwingende Saite füllen darf. Der Rest hinterlässt den unwiderstehlichen Eindruck einer Buchhaltungssoftware, die zufällig Töne von sich gibt.

Fazit: Ich spiele jetzt seit fast zehn Jahren Gitarre - und dennoch würde ich nicht mit dem DS auf die Bühne gehen, auch wenn die Jam Sessions-Klampfe noch so gut gesampelt ist. Es fällt mir wirklich schwer, eine Gruppe zu finden, die mit dem Modul den Spaß ihres Lebens haben wird: Für Gitarristen ist es ungeeignet, für Gitarrenanfänger ebenso wie für den klassischen Spieler auch - denn es ist kein Spiel! Ihr könnt entweder nur die Songs nachschrammeln, die mitgeliefert werden, oder selbst eine Runde jammen, müsst dabei aber mit einer begrenzten Akkord-Palette leben. Es gibt keine Lektionen, keine Punktehatz, kein »Spiel den Song möglichst präzise nach«, kein gar nichts - selbst Dr. Kawashimas Gehirnmixer war mehr Spiel! Als virtuelle Akustikgitarre macht Jam Sessions seinen Job sehr gut, die Idee ist innovativ und abgefahren. Und immerhin kann man das Programm dazu nutzen, seine echte Gitarre zu stimmen. Aber ganz ehrlich: Dafür reicht auch eine Stimmgabel.

  

Kommentare

bati. schrieb am
slugger1 hat geschrieben:
Und immerhin kann man das Programm dazu nutzen, seine echte Gitarre zu stimmen. Aber ganz ehrlich: Dafür reicht auch eine Stimmgabel
oder nen halbwegs ordentliches gehör, mit dem ich hauptsächlich die passenden akkorde gesucht habe.
ich hab das "spiel" zum glück nicht selber aber n paar mal beim kumpel jetzt ausprobiert.
ich finde das hat den charakter von shareware, aufm pc würde ne in 2wochen geschriebene flashsoftware wahrscheinlich mehr hinbekommen... leider fehlt da aber der touchscreen.
und etwas fehlt auch noch:
man kann die beispielsongs "durchspielen" (dannach erscheint ein kleiner smiley dahinter) um neue hintergründe freizuschalten (die keine sau braucht und wahrscheinlich auch keinen interessieren).
dafür braucht man den song nur einmal nachzu"rotzen" (es ist dem programm nämlich sch.. egal ob man nen takt einhält oder ob sich das nachgespielte überhaupt anährend nach dem song anhört, hauptsache die reihenfolge der akkorde wurde abgespielt. zur not auch in 20facher geschwindigkeit :D)
!
slugger schrieb am
Und immerhin kann man das Programm dazu nutzen, seine echte Gitarre zu stimmen. Aber ganz ehrlich: Dafür reicht auch eine Stimmgabel
oder nen halbwegs ordentliches gehör, mit dem ich hauptsächlich die passenden akkorde gesucht habe.
ich hab das "spiel" zum glück nicht selber aber n paar mal beim kumpel jetzt ausprobiert.
ich finde das hat den charakter von shareware, aufm pc würde ne in 2wochen geschriebene flashsoftware wahrscheinlich mehr hinbekommen... leider fehlt da aber der touchscreen.
und etwas fehlt auch noch:
man kann die beispielsongs "durchspielen" (dannach erscheint ein kleiner smiley dahinter) um neue hintergründe freizuschalten (die keine sau braucht und wahrscheinlich auch keinen interessieren).
dafür braucht man den song nur einmal nachzu"rotzen" (es ist dem programm nämlich sch.. egal ob man nen takt einhält oder ob sich das nachgespielte überhaupt anährend nach dem song anhört, hauptsache die reihenfolge der akkorde wurde abgespielt. zur not auch in 20facher geschwindigkeit :D)
schrieb am