Test: Mass Effect 2 (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Mass Effect 2
Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
28.01.2010
28.01.2010
20.01.2011
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ab 8,25€
Spielinfo Bilder Videos
Noch bevor BioWare seine futuristische Trilogie im Dezember mit Mass Effect 3 abschließt, öffnen die Kanadier ihr Universum für PlayStation 3-Spieler. Warum uns das ebenso actionreiche wie ansehnliche Abenteuer trotz seiner Rollenspieldefizite damals richtig gut unterhalten hat, klärt der ausführliche Test - inklusive aller erzählerischen, inhaltlichen und taktischen Merkmale. Hier geht es lediglich um die Unterschiede zur Xbox 360. Was hat sich nach einem Jahr getan? Ist das die "ultimative" Version mit Ausblick auf die neue Technik?

Der Engine-Mythos

Video
BioWare zeigt  die Unterschiede der PlayStation 3-Version.
Wow! Yeah! Cool! So in etwa kommentierten viele Spieler die Ankündigung von Electronic Arts, dass Commander Shephard auf Sonys Konsole bereits die Technik von Mass Effect 3 nutzen werde. Würde man etwa einen Blick auf die SciFi-Zukunft erhaschen? BioWares Produzent Jesse Houston verkündete jedenfalls stolz, dass die "verbesserte Grafik" sofort ins Auge fallen werde. Aber wie das mit PR-Versprechungen so ist, sollte man sie nicht für bare Münze nehmen. Man muss schon sehr genau hinsehen, um technische Unterschiede zwischen der Xbox 360 und der PlayStation 3 zu finden.

Es gibt sie, aber nicht immer zum Vorteil für die PS3-Version. Am Auffälligsten sind neben den immer noch nervigen Ladezeiten die Performance-Probleme, denn im Gegensatz zur flüssig laufenden Demo bricht die Framerate in der Verkaufsversion je nach Kapitel immer mal wieder ein - zwar nie kritisch, aber doch merklich. Außerdem werden einige Zwischensequenzen lange nicht so sauber inszeniert wie die Animationen in Spielgrafik, denn es kommt immer wieder zu Fragmentbildungen, wenn in einem Dialog plötzlich ein Hintergrunddetail oder Schattenwurf ins Bild ploppt. Hier hat BioWare leider nicht poliert, sondern schnell kopiert.

Vorsprung mit der Texturlupe

Der interaktive Comic fasst die Hintergründe von Mass Effect zusammen und lässt den Spieler sechs Entscheidungen treffen.
Aber die Kanadier haben an anderer Stelle poliert. Auf der Habenseite stehen verbesserte Texturen: Die Uniform von Miranda wirkt auf der PS3 z.B. etwas plastischer, genauso wie einige Oberflächen und Waffenläufe - das bemerkt man allerdings nicht auf den ersten Blick. Und wenn das der technische Sprung sein soll, den Mass Effect 2 am Ende des Jahres zu Mass Effect 3 macht, dann ist es nur ein bescheidener Hopser. Die einzige Version, die auf den ersten Blick am besten aussieht, ist immer noch die PC-Version. Bitte nicht falsch verstehen: Shepards Odyssee in den Weltraum sah damals richtig gut aus und ist auch gut "gealtert", man steckt Alpha Protocol (was nicht schwer ist) oder Fallout: New Vegas  (was auch nicht schwer ist) locker in die Tasche.

Trotzdem muss man BioWare an den eigenen Versprechungen messen, die man auf technischer Seite nicht einlöst: Wer das Spiel auf Microsofts Konsole kennt, verpasst hier keinen Wow-Moment. Zumal das Mehr an Details oftmals etwas mit der veränderten Beleuchtung zu tun hat: Man sieht einfach mehr von Personen, Ausrüstung und Umgebung, weil BioWare die Schatten der Xbox 360 quasi erhellt - es gibt mehr Licht auf Sonys Konsole, was gerade bei erhitzten Flächen und Explosionen durchaus markanter wirkt. Das ist aber eher eine Artdesignänderung als eine Technikverbesserung, zumal man gerade in den Dialogen mit fragwürdigen Charakteren geteilter Meinung sein kann, ob weniger Schatten wirklich mehr ist.

Mehr Rollenspiel drin?

Die Kämpfe mit dem Deckungssystem laufen genau so ab wie auf der Xbox 360 - inklusive der KI-Schwächen und kleiner Grafikbugs.
Keine zwei Meinungen gibt es zum Umfang: Hier bekommt man das volle Programm, denn BioWare hat mit Meisterdiebin Kasumi, dem Overlord sowie dem Versteck des Shadowbroker alle missionsbasierten und teilweise richtig unterhaltsamen Download-Inhalte integriert, die auf der Xbox 360 tröpfchenweise erschienen sind - sehr schön, denn das sind noch mal satte fünf Stunden extra. Sehr lobenswert ist zudem der interaktive Comic für PS3-Spieler, denn dort können sie noch vor dem Abenteuer die Geschichte von Mass Effect in groben Zügen nacherleben und sechs relevante Entscheidungen treffen (stirbt Ashley oder Kaidan?), die sich dann im Spiel auswirken.

Und wer will, kann sich nicht nur weitere Zusatzinhalte wie Waffen & Co (Firewalker-Pack) und weitere Charaktere (Zaeed Messani) kostenlos runterladen, die Shepard etwas schlagfertiger und robuster machen, sondern das Abenteuer dank Blu-ray gleich auf Englisch spielen - die deutsche Lokalisierung war zwar in großen Teilen gelungen, aber gerade angesichts der missglückten Besetzung von Shepard ist das Original eine empfehlenswerte Alternative. Hier können PlayStation 3-Commander also aus dem Vollen schöpfen.

Kurz und schmerzlos

Aufgrund der stärkeren Beleuchtung sieht man auf der PS3 mehr innerhalb der Szenen: Aber bis auf etwas detailliertere Texturen und größere Frameratenprobleme gibt es keine Unterschiede.
Aber auch inhaltlich ist nicht alles perfekt. Der interaktive Comic, den man leider erst runterladen muss, kann natürlich nur eine schwache Alternative für den Charakterimport sowie die Erlebnisse mit Shepard sein - nicht nur, weil er einen kunterbunten Stilbruch darstellt, der eher zur iPod-Version von Mass Effect als zur düster und realistischen inszenierten Welt passen will; vielleicht hätte man auch einen anderen Zeichner beauftragen sollen. Sondern auch, weil einige Entscheidungen über Leben und Tod dort völlig ohne Kontext oder Charakterbezug gefällt werden müssen. Da haben sich die Autoren einfach zu wenig Zeit gelassen, um wichtige Figuren wie Wrex vorzustellen, zumal viele Facetten des ersten Teils gar nicht angesprochen werden. Natürlich kann man da nicht alles behandeln, aber gerade eine Saga wie diese hätte zumindest einen längeren Comic, wenn nicht sogar einen interaktiven Prolog in Spielgrafik verdient.

Auch an Bord der Normandy geht manches zu schnell. So sehr ich Kasumi als Charakter mag, so plump wird sie als DLC-Zusatzfigur ein Teil der Crew: Während Shepard um die Gunst aller weiteren Teammitglieder im wahrsten Sinne des Wortes kämpfen muss, erscheint sie fast wie ein deus ex machina - ohne Quest oder Einsatz ist sie da. Man kann sich schließlich auch fragen, warum es keine exklusive Mission oder konkrete Spielverbesserungen (Scannen, KI, Aufrüstung der Normandy spielt nur im Finale eine Rolle, Minispiele, Ladezeiten, Grafikbugs) für die PS3 gibt. So bleibt es im Wesentlichen bei den identischen Pro- und Kontra-Punkten.          
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Kommentare

bondKI schrieb am
Ich hoffe der "The Arrival" DLC für ME2 kommt bald mal, will nicht bis ME 3 warten um mal wieder was "neues" in ME zu erleben.
D.V.T. schrieb am
Es gibt sicher so manche Aspekte an Mass Effect, die kritikwürdig sind und auch kritisiert wurden - Das schließt das Gameplay mit ein. Trotzdem zählt letztendlich das Gesamtbild und dieses ist meines Erachtens absolut stimmig. Die Serie gehört auf jeden Fall zu den wenigen Titeln dieser Generation, die auch langfristig in Erinnerung bleiben werden - Zumindest sofern ME3 kein kompletter Aussetzer wird.
Übrigens gefällt auch mir ME2 -obwohl ich mich eigentlich zur Old-School-RPG-Fraktion zähle- deutlich besser als der Vorgänger. Der 4P-Test inklusive Wertung ist für mich, auch wenn ich nicht mit allen Kritikpunkten d'accord gehe, allerdings trotzdem vollkommen nachvollziehbar.
Rooster schrieb am
ItsPayne hat geschrieben:Für mich eines der überzeugendsten spiele der letzten 5 jahre. Endlich mal wieder ein game zum abtauchen und mitfiebern mit den protagonisten. Sprich: Ein game mit seele.
Welche art von RPG das spiel nun letztendlich ist ist mir völlig egal. Es geht auf! Ich fand ME2 übrigends um welten besser als ME1. Die kürzungen in der equipverwaltungen waren für mich schnitte an der richtigen stelle (gott hat das mit den vielen sinnlosen items in ME1 genervt!).
Die damaligen FinalFantasy spiele waren doch auch nicht so überragend weil sie ein tolles gameplay gehabt hätten. Sie waren es, weil die handlung filmreif erzählt wurde und man mit den figuren mitfiebern und leiden konnte.
ME2 ist genau so ein spiel und ich freu mich riesig auf den nachfolger.
Für mich hat 4players hier großen mist gebaut, diesen großartigen titel so konsequent zu verleugnen, weil er den RPG vorstellungen eines gewissen redakteurs nicht gerecht wurde.
Für mich Biowares bestes werk.
deine aussage kann ich nur unterschreiben. das konzept von ME geht einfach voll und ganz auf und ergibt eines der besten spiele der letzen paar jahre. egal ob man es als RPG oder shooter sieht ME ist einfach eine klasse für sich. einfach mal genre denken über bord werfen und ein geniales scifi abenteuer genießen!
ico schrieb am
Andrew Kay hat geschrieben:Würde das Game gerne zocken, da ich aber nur eine PS3 besitze, habe ich den ersten Teil logischerweise nicht gezockt. Was meint ihr? Reicht die Comic Einführung in der PS3 Version von Mass Effect 2 um die Story zu durchblicken? Oder würdet ihr vollkommen davon abraten, ohne den ersten Teil zu kennen, den zweiten anzufangen?
Ich hab auch "nur" eine PS3 und konnte aber den ersten Teil auf einer geliehen Xbox spielen. Meine Freundin hatte mit dem interaktiven Comic und mit der PS3 Version ME2 gespielt und ich behaupte mal ihr hat es keinen Abbruch getan. Ich war zwar an der ein oder anderen Stelle etwas emotionaler, da ich die Charaktere kannte, aber das wars auch schon.
johndoe1044785 schrieb am
ging mir genauso und ich würde einfach mal behaupten, du kannst es bedenkenlos spielen.
schrieb am