Test: Bayonetta (Action-Adventure)

von Mathias Oertel



Release:
17.12.2009
11.03.2017
11.12.2009
18.02.2020
16.02.2018
24.10.2014
17.02.2020
Erhältlich: Digital
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Die Stief-Zwillingsschwester

Nachdem uns die PS3-Variante von Bayonetta leider nicht mehr rechtzeitig zur Importwoche erreicht hatte, gab es im großen weiten Internet bereits erste Gerüchte, dass die Sony-Hexe ihrer Microsoft-Schwester technisch hoffnungslos unterlegen sei. Das ging teilweise sogar so weit, dass gemunkelt wurde, Sega würde die Version für den europäischen Release nochmals überarbeiten - vielleicht sogar mit Unterstützung von Sony. Von Bildratenproblemen war die Rede, von Ladezeiten, von schwächeren Texturen, von Farbarmut.

Die Bosse sind auf der PS3 ebenso mächtig wie auf der 360 - doch technisch ist die Sony-Hexe unterlegen, wie auch das Video zeigt.
Doch was ist dran an diesen Vermutungen? Kann in Zeiten, in denen massive Versionsunterschiede in technischer Hinsicht mittlerweile der Vergangenheit angehören, ein Entwicklerteam derart schlampen?
Die Antwort darauf lautet leider: Ja! Ist die exotische Umbrahexe auf der PS3 technisch ihrer 360-Schwester unterlegen? Ja! Hoffnungslos? Nein. Und entgegen der sich schnell breit machenden Hoffnung, dass die PAL-Version quasi gepatcht in den Handel käme, lässt sich davon weit und breit nichts feststellen. Sprich: Die Probleme sind nach wie vor vorhanden, aber es ist davon auszugehen, dass Sega tatsächlich einen Patch nachschiebt, der die Mankos behebt oder zumindest eingrenzt.
Und es gibt im direkten Vergleich viele Unterschiede, die wir im Video dokumentieren.

Der offensichtlichste ist die Bildrate: Während die 360 mit gefühlten 60 Bildern pro Sekunde ein klares Bild auf den Schirm zaubert, wirkt die PS3-Version leicht verwaschen und scheint irgendwo zwischen 30 und 40 Bildern festzuhängen. Mitunter bricht die Engine sogar ein und beginnt zu ruckeln bzw. die Animationen unsauber abzuspielen. Dass dies sogar im Ladebildschirm passiert, während im Hintergrund Daten in den Speicher gepumpt werden, deutet auf eine sehr schlampig umgesetzte Technologie hin.

Sega vs. PlayStation 3

Apropos Ladebildschirm: Dass der als interaktive Trainingsarena genutzt wird, ist auf der PS3 sinnvoller als je zuvor. Denn die Sony-Hexenfans müssen deutlich längere Wartezeiten in Kauf nehmen - sei es jetzt beim Einladen eines Levels, beim Abbrechen der Cut-Scenes oder beim Abschluss eines Abschnitts. Häufig findet sogar beim Nachladen von Gegenstandserklärungen oder des Pausenmenüs (!) eine halbe bis ganze Sekunde nichts statt, während auf der 360 kein unnötiger Bruch entsteht.
Wieso man hier angesichts dieser Nachladeproblematik keine Installation nutzt, erschließt sich mir nicht. Wenn wir zum Vergleich nicht die Disc-Variante, sondern die Festplatten-Installation auf der 360 heranziehen würden, die Ladezeiten zu einem großen Teil erschreckend klein hält, würde das Ergebnis noch deutlich unschmeichelhafter ausfallen.

Bei einem Spiel, das derart auf einen Spiel- und Kombofluss setzt wie die sich durch die Apokalypse tanzende Kampfhexe, sorgt jede unnötige Unterbrechung durch Ladezeiten für einen Interruptus, der aufs Gemüt schlägt. Mit zunehmender Spieldauer gewöhnt man sich zwar daran und die abnehmende Anzahl an Erklärungen, die ggf. nachgeladen werden müssen, hilft gleichermaßen, aber das selbst das Pausenmenü nie umgehend auftaucht, ist befremdlich.

Das Verhältnis dieser beiden ist beinahe so mysteriös wie das Unvermögen von Platinum Games, auf der PS3 eine gleichwertige Version des heißen Hexentanzes abzuliefern.
Zusätzlich zu den Bildraten-Problemen wird die PS3 von starkem Tearing gepeinigt. Auf der 360 gibt es mit den Gärten in Vigrid zwar auch einen Abschnitt, in dem die V-Synchronisation nicht ganz hinterher kommt. Doch was das für die Umsetzung verantwortliche Sega-Team der Sony-Konsole hier zumutet, stört massiv und zeigt, dass die Entwickler -aus welchen Gründen auch immer- technisch mit der Konsole überfordert waren. Dagegen ist selbst das beständige Tearing in der 360-Fassung von Darksiders nur ein kleiner Fisch. Wer genau hinschaut, kann selbst auf dem Wolken-"Ladebildschirm", der das Ende eines Abschnitts symbolisiert, am oberen Rand sich verschiebende Bildzeilen entdecken! Wieso bleibt ein Geheimnis...

Ebenso muss sich das Team die Frage stellen lassen, warum die Farben blasser erscheinen, die Texturen (vor allem am Boden) meist eine geringere Auflösung haben und manche Effekte (meist Partikel) deutlich seltener als auf der 360 zum Einsatz kommen - wenn sie überhaupt eingesetzt werden.
Unter dem Strich wirkt Bayonetta wie eine halbgare Umsetzung, zu der Sega entweder nicht die rechte Lust hatte, oder zu der dem Team die technische Finesse fehlte. Denn es gibt mittlerweile genug Multiplattform Titel, die auf der Sony-Konsole mindestens gleichwertige Technik bieten.

Übrigens hat es sich Platinum auch bei der Lokalisierung vergleichsweise einfach gemacht: Statt einer deutschen Sprachspur gibt es nur deutsche Untertitel. Auf der einen Seite begrüße ich diesen Schritt, da ich bezweifle, dass die deutschen Sprecher die Nuancen und Facetten von Bayonetta und all ihrer Nebendarsteller adäquat eingefangen hätten.
Andererseits jedoch hätte man etwas mehr Sorgfalt bei der Übersetzung walten lassen können. Sinngemäß erfassen die deutschen Texte zwar das englisch gesprochene Wort, doch teilweise entfernt man sich dabei doch deutlich von dem Ursprungsmaterial, das mitunter direkt übersetzt eine stärkere Wirkung hätte.

Auswirkungen

Doch welche Auswirkungen haben die technischen Mängel letztlich auf die Wertung? Lasst es mich so formulieren: Wer die
Allen technischen Defiziten zum Trotz gehört Bayonetta auch auf der PS3 zu den prägenden Spielerlebnissen dieses Jahres.
Systemwahl hat, sollte tunlichst zur 360-Version greifen. Sie liefert ein klareres Bild, sie lädt schneller (mit Installation sogar blitzschnell) und sie wirkt in sich runder und homogener. Doch nur weil die PlayStation 3-Variante die zweite Wahl darstellt, ist sie natürlich kein Reinfall. Das Spielprinzip mit seinen exotischen Kampfchoreografien, den klasse Bossen und den schier unzähligen Möglichkeiten, die sich durch die zahlreichen Waffenkombinationen ergeben, fasziniert immer noch - ganz zu schweigen von der Story, deren unter der Oberfläche steckenden Elemente ein ums andere Mal packen können. Oder um es auf ein einfaches Beispiel herunter zu brechen: Ich habe Bayonetta mittlerweile vier Mal durchgespielt und hatte auf der PS3 immer noch Spaß daran.
Trotz aller Mankos, von denen das größte für mich nicht der visuelle Unterschied hinsichtlich Bildrate oder Tearing-Anfälligkeit ist. Auch die seltenen Musikaussetzer konnten mich nicht ernsthaft aus der nach wie vor mit grandiosem Art-Design zusammen gesetzten Welt reißen. Es waren immer diese kleinen verdammten (und vermeidbaren) Nachlademomente, die mich zur Weißglut getrieben haben. Denn an alles andere kann man sich gewöhnen oder nimmt es nur bewusst wahr, wenn man gleich nebenan einen Blick auf die 360-Hexe wirft.

    
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Kommentare

Nuracus schrieb am
Ich find den Storyaufbau auch echt großartig.
Man wird reingeworfen ins Spiel, es passieren ein paar Dinge, man kapiert NIX und denkt sich: "Waaaaaaaaaaas ... hab ich die 5 Vorgänger verpasst?"
Man fühlt sich, wie wenn man mitten in der zweiten Staffel anfängt, Lost zu kucken.
Nun, bei Bayonetta ists aber so, dass wirklich ALLES bis zum Ende aufgeklärt wird :)
und zumindest ich war die ganze Zeit über so neugierig, dass mich dieses WTF-Gefühl dauernd bei der Stange gehalten hat.
Hachja ... "Bayonetta" und "Stange halten" in einem Satz - was bin ich wieder ein Schelm.
unknown_18 schrieb am
Es ist einfach mal ne Abwechslung zu dem ganzen Casual Mist, der oft viel zu sehr auf die breite Masse zugeschnitten ist und daher kaum mehr richtig eine Seele besitzt. Bayonetta hat Seele. ;)
XenolinkAlpha schrieb am
Tante Inferno hat geschrieben: Ich habe Bayonetta zweimal bloss auf Stufe leicht durchgedaddelt (hähä). Für normal oder höher hätte ich keine Geduld gehabt. Somit bleiben mir zwar die Alfheim-Portale verwehrt, aber was soll's. Ich hatte früher mit anderen Spielen meine "ich-schmeiss-nun-das-Pad-gleich-an-die-Wand-Situationen", sowas erspare ich mir heutzutage. ^^
Ein grosses Dankeschön, dass Bayonetta auch für Leute spielbar ist, die keine Berufsgamer sind.
Ich bin fast mit "Schwer" durch. Der Trick ist einfach, im ersten Kapitel soviele Hexentrank Zutaten wie möglich zu sammeln und damit sehr viele Tränke zu brauen. Außerdem am Ende des Levels das Minispiel absolvieren und Hexenschuss holen. Damit hast du genug Tränke und Hexenschüsse über dem Kauflimit im Laden. Und glaub mir, wenn du kein Gamergott bist, dann wirst du auch diese brauchen, auch wenn es am Ende nur Stein gibt, hauptsache man kommt durch, der Rest ist für die Elite Hardcoreler! :mrgreen:
Tante Inferno schrieb am
Balmung hat geschrieben:Muss ich auch mal wieder spielen, ist ein Spiel das man gut von Zeit zu Zeit mal wieder raus holen kann. ^^
Das ist noch ein richtiges Spiel, wenn ich dagegen Casual Spiele wie SW:TOR sehe und vor allem dessen Spieler, da wird erst einem klar, dass man immer noch in einer ganz anderen Liga von Spaß spielt. Die CS Generation und danach geht mir inzwischen einfach nur noch auf den Sack. Es muss immer alles noch einfacher sein, an Bayonetta würden sie wohl den Rest ihres Verstandes verlieren, weil sie mit so gut wie keinem Einsatz nicht sehr weit kommen werden. ^^
Ich habe Bayonetta zweimal bloss auf Stufe leicht durchgedaddelt (hähä). Für normal oder höher hätte ich keine Geduld gehabt. Somit bleiben mir zwar die Alfheim-Portale verwehrt, aber was soll's. Ich hatte früher mit anderen Spielen meine "ich-schmeiss-nun-das-Pad-gleich-an-die-Wand-Situationen", sowas erspare ich mir heutzutage. ^^
Ein grosses Dankeschön, dass Bayonetta auch für Leute spielbar ist, die keine Berufsgamer sind.
unknown_18 schrieb am
Muss ich auch mal wieder spielen, ist ein Spiel das man gut von Zeit zu Zeit mal wieder raus holen kann. ^^
Das ist noch ein richtiges Spiel, wenn ich dagegen Casual Spiele wie SW:TOR sehe und vor allem dessen Spieler, da wird erst einem klar, dass man immer noch in einer ganz anderen Liga von Spaß spielt. Die CS Generation und danach geht mir inzwischen einfach nur noch auf den Sack. Es muss immer alles noch einfacher sein, an Bayonetta würden sie wohl den Rest ihres Verstandes verlieren, weil sie mit so gut wie keinem Einsatz nicht sehr weit kommen werden. ^^
Als ich damals die Demo gespielt habe, dachte ich sofort: das Spiel muss her, genau mein Ding und vor allem mal wieder ein typisch japanisches Spiel, das man nicht verwestlicht entwickelt hat. Viele der heutigen japanischen Spiele haben viel zu viel westliches angenommen, was ihnen immer mehr das besondere genommen hat. Da tut ein Spiel wie Bayonetta echt gut. ;)
Ich hoffe es wird wirklich einen Nachfolger geben.
schrieb am

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