Logiklöcher
Nachdem mich das im vergangenen Jahr eingeführte Trainieren der Fähigkeiten zu etlichen Wiederholungen der immer gleichen Übungen gezwungen hat, bin ich hingegen froh, dass die Wii-Karriere zu dem von früher bekannten Prinzip zurückkehrt. So bezahle ich mehr Präzision beim Putten, zusätzliche Kraft beim Abschlag oder mehr Drall mit Erfahrungspunkten. Das ist zwar herkömmlich, funktioniert aber als Anreiz für ambitionierte Sportler. Etwas bitter stößt mir nur weiterhin auf, dass auf allen drei Systemen der Kauf bestimmter Kleidungsstücke verschiedenen Werten einen Boost verleiht. Mit einer Simulation hat dieser Unsinn nichts gemein und im schlimmsten Fall muss ich mich für ein hässliches Karo-Hemd entscheiden, anstatt das schnittige
Polo-Shirt zu kaufen.
Regen - Charaktere - Kleidung: So löblich die neuen Wetterwechsel auch sind, so inkonsequent werden sie umgesetzt. So deutlich spürbar die Physik nämlich auf einen Wolkenbruch reagiert, so wenig tun es die Golfer. Die Profis verhalten sich jedenfalls selbst im schlimmsten Regen wie bei Sonnenschein, ihre Haare bleiben trocken und ich wünschte, ich könnte ihnen eine zweite Vorgabe mit entsprechender Kleidung in den Schrank hängen... Wer latscht denn bitte mit Flip-Flops durch das Rough, wenn das Gras längst unter Wasser steht? Übrigens: Man muss nicht darauf hoffen, dass das reale Wetter am realen Ort des Geschehens endlich wieder auf Sonnenschein steht. Wer will, schaltet die Online-Abfrage des Wetterdienstes einfach aus, lässt den Zufall entscheiden oder legt seine meteorologische Präferenzen fest. Richtig realistisch ist Darstellung des Wetters ohnehin nicht, denn alle drei Versionen unterscheiden nur zwischen leichtem und spielerisch kaum bedeutendem sowie sehr starkem Regen. Während ein Loch gespielt wird, bleiben die Bedingungen dabei stets gleich.
Der richtige Dreh?
Aber egal, ob man wegen Sintflut-Verhältnissen weiter schlagen muss, ob der Ball nur kurz über den Rasen rollt oder ob bei eitel Sonnenschein lediglich der Wind die Flugbahn beeinflusst, werden Hobby-Golfer auf Wii zu echten Profis! Das Prinzip ist wie im Vorjahr furchtbar simpel: Das Alter Ego ahmt meine Ausholbewegung nach und je nachdem, wie weit ich die Remote zum Zeitpunkt des anschließenden Schlags nach links oder rechts drehe, so weit dreht der Ball in die entsprechende Richtung ab. Neu ist dabei die Präzision, mit der MotionPlus selbst kleinste Drehungen voneinander unterscheidet. Was im vergangenen Jahr entweder "links" oder "gerade" war, kann dank des neuen Aufsatzes deshalb ein feinfühliger Drall sein. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad gleicht die Automatik dabei leichte Verdrehungen zu geraden Schüssen aus oder gibt mir die komplette Kontrolle über Fade bzw. Draw. Im leichten All-Play-Modus sehe ich vor dem Schlag sogar präzise, wie der Ball fliegen und rollen wird. Wenn ich mich unsicher fühle, kann ich hingegen in jedem Modus zunächst unbegrenzt viele Probeschläge ausführen. Selbstverständlich unterscheidet das Spiel zudem zwischen Links- und Rechtshändern. Nach kurzer Eingewöhnung dürfte somit jeder Remote-Golfer den Dreh bald raushaben!
Unglücklich löst Tiger Woods auf Wii jedoch das Einstellen der Zielmarkierung. Dass man nur über den Analogstick herein- und - was bedeutend wichtiger wäre - herauszoomen kann, ist mindestens eine ausgesprochen unglückliche Lösung. Wer will denn schon ein Nunchuk anschließen,
EA bietet wie zu Grand Slam Tennis zwar ein Bundle an, dem MotionPlus beiliegt, doch was, wenn ihr ohne die Hardware-Erweiterung abschlagen wollt? Kein Problem! Auf Draw und Fade müsst ihr dann zwar verzichten - Anfängern erleichtert dies allerdings sogar die Arbeit. Nur beim Disc Golf wirkt die mangelnde Präzision so störend, dass ihr ohne Erweiterung lieber darauf verzichten solltet. |
wenn er kurz darauf mit voller Kraft die Remote durchziehen muss? Immerhin führen nur kraftvolle Bewegungen zu einem starken Schuss; sowohl Konzentration als auch die Stärke sind also von entscheidender Bedeutung! Abgesehen davon passiert es unter bestimmten Umständen, dass man den Schläger wechselt, um die Schlagweite zu erhöhen - will man darauf hin die Richtung des kommenden Schlags ändern, wird der Zielkreis allerdings wieder zurückgesetzt. Und nicht zuletzt zeigt die automatische Voreinstellung bei Schüssen aus dem Rough mitunter auf unerreichbare Ziele. Alles in allem geht das Markieren zwar leicht von der Hand, gelegentlich habe ich aber den Komfort der HD-Steuerung herbei gesehnt.
Ähnlich bitter schmecken die manchmal falsche Berechnung der benötigten Schusskraft sowie kleine physikalische Ungereimtheiten. So ist es mir vor allem auf dem Grün beim Chippen oder Pitchen passiert, dass ich mit der laut Anzeige richtigen Stärke geschlagen habe, der Ball aber bedeutend weiter flog. Eine andere Auslegung des Prinzips "Physik für Querulanten" zeigte der Ball, als er das Loch nur am rechten Rand streifte - und daraufhin nach rechts abdriftete. Diesen Kniff habe ich noch nirgendwo gesehen.... Das sind natürlich nur Kleinigkeiten und sie zerstören nicht den Spaß am Golfen. Es sind aber unnötige Wermutstropfen in der ansonsten sauberen Simulation.