Der taktische Rückzug
Das tschechische Team von Vatra (Rush ‘N Attack Ex-Patriot) kann zwar mit einigen partikelreichen sowie perspektivischen Spezialeffekten in der Anderwelt punkten, aber technisch gibt es immer wieder Probleme.
Murphy bräuchte eine Axt oder einen Hammer, hat aber nur eine Holzlatte; immerhin mit Nägeln verziert. Nachdem er die Furie abgeschüttelt hat, fixiert er sie per Schultertaste und schlägt sofort zu – einmal, zweimal, dreimal. Es gibt keine Manöver, kein elegantes Ausweichen oder Kombinationen wie noch in
Silent Hill: Homecoming, einfach nur drauf. Dann muss er selbst aufpassen, ihre Schlagfolgen abwarten und gleichzeitig blocken; das geht relativ leicht, man braucht kein Timing, denn es reicht der Dauerdruck. Danach wieder zuschlagen, bis sie endlich am Boden liegt. So weit, so gut, aber mit dem letzten Schlag zerbricht auch seine Waffe; nichts hat in Silent Hill lange Bestand. Schon schlurfen die nächsten Kreaturen aus dem Nebel heran. Gut, dass es nahezu überall etwas Stumpfes oder Scharfes gibt, an die hundert mögliche Waffen.
Aber Murphy schnaubt bereits schwer, die Wunden machen ihn langsamer – schön. Also verwendet er den letzten Verbandkasten , das Blut verschwindet und er atmet tief durch. Ein Kampf gegen diese Überzahl ist sinnlos, zumal die Kamera bei mehreren Feinden immer wieder Zicken macht und man von hinten verwundbar ist. Meist ist die Flucht ohnehin die beste Taktik, zumal die Monster keine Türen öffnen und Murphy bei voller Gesundheit ohne zu ermüden sprinten kann – schade, denn ein Ausdauerverlust hätte die Panik noch verstärkt. Also rennt er wie ein Verfluchter weiter. Immer weiter in diesen Alptraum, in dem er nicht nur kämpfen, sondern auch wie in einem offenen Abenteuer viel erkunden und vor allem wie einem Adventure rätseln muss, um seinem eigenen Mysterium auf die Schliche zu kommen.
Wer ist Murphy?
Sowohl die Stadt mit ihren verwinkelten Gassen als auch so manche Gebäude wie etwa die riesige Bibliothek wurden ansehnlich gestaltet – auch das Kloster ist mit seinen klaffenden Abgründen ist ein Hingucker.
Wer ist dieser Murphy eigentlich? Warum wurde er verurteilt? Diese Fragen bestimmen über knapp zwanzig Stunden die Geschichte eines Abenteuers, in dem sich abseits des Plots immer wieder kleine Geschichten und Aufgaben zeigen – wenn er durch die Stadt streift, wird er auch auf andere Schicksale treffen, die wie Nebenquests organisiert sind: Hier brennt ein Licht in einem Haus, da vegetiert ein Landstreicher, dort fehlen Bilder in einer Galerie, da müssen verfluchte Gegenstände an den richtigen Platz. Murphy kann sich auch um die Probleme anderer Gestrandeter kümmern und dabei mehr über die Stadt erfahren. Schön ist übrigens, dass selbst Informationstafeln im Spiel, z.B. in einem Bergwerk oder Museum, deutsche Texte zeigen. Es gibt einiges zu lesen, auch über die indianischen und okkulten Hintergründe der Stadt.
Natürlich begegnet der Held auch in diesem Silent Hill schrittweise den Dämonen seiner eigenen Vergangenheit. Diese macht gerade zu Beginn neugierig, zumal man nur hier und da kleine Schnipsel einer kriminellen Biographie aufschnappt, die erst langsam ein vollständigeres Bild von Murphys Charakters ergibt. Es geht um uralte Themen wie Schuld und Sühne, Rache und Mitleid sowie das Böse im Menschen. Schade ist allerdings, dass dieser Murphy zwar manchmal authentisch beunruhigt auf so manche Situation reagiert, vor Schreck brüllt und sogar gesprochene Hinweise gibt, aber viele andere blutige Szenen wiederum komplett unkommentiert lässt – da hätte man über innere Monologe oder entsetzte Reaktionen an den passenden Stellen auch mehr Identifikation schaffen können.