Verrücktes Strafsystem
Doch das Flaggen- und Strafsystem zählt generell zu den großen Schwachpunkten von F1 2011: Wenn ich mich z.B. durch einen Fahrfehler drehe und wieder auf die Strecke zurück will, kann es durchaus passieren, dass ich aufgrund eines unfairen Blockierens
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Red Bull wird auch in der nächsten Saison das Team sein, was es zu schlagen gilt. |
eine Durchfahrtsstrafe bekomme oder im Rahmen eines Qualifyings zehn Startplätze zurückversetzt wird. Fährt mich die KI halb über den Haufen, bekomme in der Regel ich als angeblicher Unfallverursacher den schwarzen Peter zugeschoben und darf auch hier oft genug zu einem Extrabesuch in der Box antreten. Während das System auf der einen Seite überpenibel agiert und ungerechtfertigte Bestrafungen austeilt, ist es auf der anderen Seite viel zu lasch: So drücken die Stewards auf einigen Strecken (z.B. Monza) einfach an manchen Stellen beide Augen zu, obwohl eindeutig abgekürzt wird oder belassen es bei mehrmaligen Verwarnungen. Das Überfahren der weißen Linie am Boxenausgang wird generell nicht geahndet – selbst die KI überquert hin und wieder diesen Streifen, der in der wahren Formel 1 schon für die eine oder andere kontroverse Entscheidung sowie Strafen gesorgthat. Hier findet die Regel einfach keine Beachtung. Auch in der Gelbphase, in der man eigentlich mit gedrosseltem Tempo weiterfahren soll, kann man weiter in Bleifußmanier draufhalten, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Wenn es um diese kleinen, aber feinen und für den Fan wichtigen Details geht, ist F1 2011 eine große Enttäuschung.
Schlagbohrer steht bereit
Besser sieht es bei den mechanischen Arbeiten in der Box aus: Zwar bekommt man nicht die Fülle und den Detailgrad an Einstellungsmöglichkeiten einer waschechten Simulation, doch darf man auch hier an den Winkeln der Front- und Heckflügel arbeiten, Bremsdruck und Balance sowie Stabilisatoren einstellen, an der Aufhängung und dem Getriebe herumschrauben oder die Motorleistung sowie die Spurtreue seinem Fahrstil bzw. der Streckencharakteristik anpassen. Selbstverständlich lässt sich das Wunsch-Setup auch abspeichern – ein Austausch mit dem Teamkollegen oder anderen Spielern ist leider nicht möglich. Wer sich die Arbeit sparen möchte, kann wie im letzten Jahr auch auf das Schnell-Setup zurückgreifen: Hier bietet der Ingenieur sieben vorgefertigte Einstellungen, die sich für Regen- und Trockenrennen eignen oder Kompromisse aus beiden darstellen. Während das Schnell-Setup bei F1 2010 auch Änderungen an der Bodenfreiheit, Balance etc. mit sich gebracht hat, betrifft es hier nur die Aerodynamik. Und das ist mehr als seltsam, denn gerade bei einem Regensetup spielen z.B. auch Änderungen am Fahrwerk und der Getriebeabstimmung eine entscheidende Rolle. Hier hat Codemasters einfach gepennt!
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Bei Regenwetter wird die Sicht aufgrund der aufgewirbelten Gischt deutlich beeinträchtigt. |
Außerdem ist es nicht mehr möglich, vor einem Rennen auf die Schnell-Setups zuzugreifen. Dumm nur, wenn man zuvor eine Qualifying-Session bei schönstem Sonnenschein absolviert und das Auto entsprechend abgestimmt hat, aber vor dem Start plötzlich mit Regen konfrontiert wird.
Taktisches Benzinmanagement
Die Option, die Motorenleistung während eines laufenden Rennens über ein Live-Menü zu verändern, gibt es nicht mehr. Auch das spontane Verstellen des Frontflügelns ist aufgrund der neuen Regularien nicht mehr erlaubt. Stattdessen wird dem Spieler aber die Möglichkeit gegeben, das Benzin-Management in die eigene Hand zu nehmen und dabei taktisch vorzugehen. Bleibt man beim Standardgemisch 2, ist das die sichere Bank. Doch was, wenn der Hintermann kontinuierlich aufholt oder man selbst unbedingt am Vordermann vorbei will, aber das kleine Quentchen Geschwindigkeitsüberschuss fehlt? In diesem Fall aktiviert man das Gemisch 3, das einen spürbaren Leistungsschub mit sich bringt. Doch Vorsicht: Fährt man zu lange volles Rohr, kann es bei aktivierter Benzinsimulation passieren, dass zum Ende des Rennens der Sprit knapp wird – die Herren Hamilton und Rosberg können ein Lied davon singen. In diesem Fall leuchtet auf dem Bildschirm ein entsprechendes Tanksäulen-Icon auf. Spätestens jetzt ist die Zeit reif für Gemisch 1 – den Schongang unter den Einstellungen, bei dem der Motor auf Sparflamme betrieben wird, was sich auch in niedrigeren Höchstgeschwindigkeiten bemerkbar macht. Wenn man Glück hat, schafft man es so noch bis ins Ziel, muss aber damit rechnen, ohne große Gegenwehr von Verfolgern kassiert zu werden. Wenn man Pech hat, fängt der Motor schon vor dem Erreichen der Ziellinie an zu stottern und man muss seinen Boliden mit leerem Tank vorzeitig abstellen. Das Herumspielen mit den Benzinmischungen macht aufgrund der spürbaren Auswirkungen richtig Spaß und verleiht den Rennen dadurch neben der Reifenwahl eine weitere taktische Note.