Test: The Walking Dead: Episode 1 (Adventure)

von Jörg Luibl



The Walking Dead: Episode 1 (Adventure) von Telltale Games
The Walking Dead: Episode 1
Entwickler:
Publisher: Telltale Games
Release:
27.04.2012
26.07.2012
26.07.2012
24.04.2012
10.05.2013
2013
Spielinfo Bilder Videos
Was, wer macht das? Oh nein! Nichts gegen die guten Adventures der Jungs aus Kalifornien. Aber das war meine Reaktion als ich gehört habe, dass Telltale Games eine Spielereihe zu The Walking Dead entwickelt. Schließlich verkörpert die Comicsaga von Robert Kirkman alles andere als witzigen Rätselspaß vor bunter Kulisse. Mit dieser Skepsis habe ich das erste Kapitel der fünfteiligen Geschichte aufgeschlagen.

Das schlechte Gewissen

Video
Die Entwickler zeigen Spielszenen und stellen Konsequenzen vor.
Sage ich ihm die Wahrheit oder belüge ich diesen Hershel? Schließlich hat der alte Kauz mich und die Kleine gerade auf seiner Farm aufgenommen. Außerdem verarztet er mein Bein, das schrecklich geschwollen ist. Aber was wird aus seiner Gastfreundschaft, wenn er erst erfährt, dass ich noch ein geflohener Gefangener bin, der mit einem mittlerweile toten Polizisten in dessen Auto gen Knast unterwegs war? Ich wundere mich ohnehin schon, dass er einem Schwarzen hilft, der mit einem kleinen Mädchen auftaucht, das er irgendwo aufgegabelt hat. Sie heißt Clementine, ihre Eltern sind verschwunden und ich passe auf sie auf.

Während Hershel meine Wunde versorgt, bombardiert er mich mit Fragen. Woher ich komme, mit wem ich kam, wohin ich will. Und weil ich nicht ewig Zeit für die Antwort habe, mache ich einen Fehler: Einmal antworte ich mit "Wir sind...", dann behaupte ich, dass ich alleine im Auto unterwegs war. Er runzelt zwar nur die Stirn und verbindet mich weiter, aber er ist nicht dumm. Ein paar Szenen später wird auf meine Lüge zu sprechen kommen, während er seinen Stall ausmistet. In diesem Spiel sollte man sich gut überlegen, was man sagt - und das motiviert dazu, in jeder Begegnung hellwach zu sein.

Wandelndes Misstrauen

Man spielt Lee Everett, der sich hier einem kriechenden Zombie erwehren muss - in Form eines Reaktionstests: Erst mit dem Fadenkreuz zielen, dann treten.
Man spielt Lee Everett, der sich hier einem kriechenden Zombie erwehren muss - in Form eines Reaktionstests: Erst mit dem Fadenkreuz zielen, dann treten.
Nicht nur der Zeitdruck in den kurzen, aber gut geschriebenen Dialogen sorgt für Spannung, sondern auch die spürbaren Konsequenzen: Man kann nicht nur über Gespräche und Geschenke für Vertrauen oder Misstrauen sorgen, was sich umgehend in der Mimik der Leute ausdrückt, die Ärger oder Dankbarkeit zeigen. Etwas befremdlich wirkt allerdings die politische Korrektheit in einem Detail: Während alle Figuren „fucking drive“ und Ähnliches von sich geben dürfen, darf man als Held zwar als Antwort „Fuck you!“ wählen, aber das wird im Gegensatz zu allen anderen Antworten nicht ausgesprochen, sondern lediglich gegrummelt.

Das dreidimensionale Abenteuer wird in einem markanten Comicstil inszeniert, der angenehm realistisch und genauso explizit in der Gewaltdarstellung ist wie die Vorlage. Man schlägt mit Hammer oder Axt teilweise mehrmals auf die heran kriechenden Zombies ein, Blut spritzt und Köpfe fliegen; hier wird nichts in bunten Farben verharmlost oder ausgeblendet. Und das ist gut so. Noch besser ist, dass neben der brutalen Gnadenlosigkeit auch einige idyllische und vor allem viele emotionale Momente gibt, in denen man einfühlsam und mitfühlend agieren kann, wenn man z.B. die kleine Clementine trösten muss. Es ist also möglich, seine Rolle als Lee Everett in gewissen Grenzen zu interpretieren.

Und man muss dramatische Entscheidungen über Leben und Tod treffen. Der Spielrhythmus wechselt plötzlich von ruhiger Erkundung hin zu hektischer Panik, wenn die wandelnden Toten auftauchen. Gerade eben sucht man die Gegend noch gemütlich nach Hinweisen ab oder hilft den Farmern beim Anlegen eines Zaunes, dann ertönt irgendwo ein Schrei und die Kamera zoomt direkt rein in die geifernden Fratzen: Hilft man zuerst dem älteren Sohn von Hershel oder dem kleinen Jungen von Kenny, wenn die Zombies durch den Zaun brechen? Man muss schnell reagieren, denn es gibt keine Pause - eine sehr gute Designentscheidung. Wer es einfacher mag, kann vor und während des Spiels übrigens mehr optische Hinweise und interne Hilfen aktivieren. Aber wer sich einigermaßen mit Spielen auskennt, sollte das nicht tun, denn der Schwierigkeitsgrad ist nicht gerade knackig.

Kommentare

JunkieXXL schrieb am
Ich habe vor einigen Tagen die erste Episode beendet. Ich kann mit dem "Spiel" überhaupt nichts anfangen. Nervtötende QTE, ständiges Moralisieren von Entscheidungen, die Geschichte wirkt extrem konstruiert und die Grafik ist scheiße. Zum Glück habe ich nur 2,50 Euro dafür bezahlt.
vienna.tanzbaer schrieb am
habe jetzt nach einer ewigkeit endlich die komplette staffel für die psvita erstanden - gestern abend die erste episode für etwa 2 stunden gespielt und... ich bin begeistert - telltale schafft es den spieler emotional ins geschehen zu holen; das game hat zwar ein einfaches spielkonzept (im sinne von anspruch bei der spielmechanik), jedoch eine großartige "regie" bzw. story...
Caphalor schrieb am
Ich habe nun die ersten beiden Episoden durch und muss sagen es gefällt mir besser als Heavy Rain. Weniger harte Quicktime Events und dafür ein eher klassisches Dialogsystem und mehr Charaktere. Das ist genau die Art angenehme Überraschung die ich 2012 bisher vermisst habe, und das obwohl ich mit Zombies eigentlich sehr wenig anfangen kann.
No Cars Go schrieb am
Hab es mir im Steam Sale zugelegt, die erste Episode eine halbe Stunde lang gespielt und bin erstmal enttäuscht von der hölzernen Inszenierung und mangelhaften Dramaturgie. Momentan empfinde ich allenfalls eine 5/10, eher weniger.
attica1284 schrieb am
"Und wieder ein Zombiespiel" - so manch einer denkt und im kleinem hat man mit der Aussage auch recht verlauten, doch eines sei dazu noch anzumerken. The Walking Dead lehnt sehr stark an seinen Comic-Vorgänger an und das wahre Herz des Spieles liegt nicht daran das man wahllos Zombies niederstreckt, nein dazu gibt es zuhauf Spiele. Es ist ganz und gar einzigartig, es fesselt einen seit der ersten Sekunde, die Stimmung die passende dazu untermalte Musik und schon im nächsten Moment fühlt der Spieler mit den Protagonisten und Antagonisten mit, versetzt sich in die Lage und bekommt genauso ein Gefühl, die Welt um einem scheint nicht mehr so zu sein, wie sie eines wahr. Einen großen Respekt an Telltale, das sie es so gut verpackte, genauso wie es einst die Comics und die Serie immer noch schafft. Zum einem könnte man heulen während man im nächsten Moment schon wieder an der eigenen Moral gräbt oder ganz und gar der Meinung ist wie grausam alles ist und ausrasten könnte.
schrieb am