Gewohnte Qualität
Abseits der Physik, die sich in dieser Form nur beiläufig auf die Mechanik und damit auf das Spielgefühl auswirkt, wurde etwas an der Offensive geschraubt. Bei Passspielen z.B. zeigt das Symbol über dem Kopf des Receivers an, ob er schon in einer Position ist, an der er für den vorgesehen Pass bereit ist. So kann man sowohl mit der klassischen als auch mit der Total Control-Passmethode grandiose Fehlwürfe weitgehend vermeiden.
Die "Infinity Engine" soll für physikalisch korrekte Tackling-Animationen sorgen. Manchmal führt sie aber auch zu skurrilen Situationen.
Gleichermaßen wurde es vereinfacht, nach dem Wurf des Quarterbacks die Kontrolle über den Receiver zu übernehmen, um die Verteidiger in letzter Sekunde auszustechen. Dem gegenüber steht allerdings auch eine verbesserte Passabwehr-KI, bei der es häufiger als in den letzten Jahren zu erfolgreichen Interceptions kommt.
Abseits dessen spielt sich Madden NFL 13 auf dem Feld aber im Wesentlichen wie letztes Jahr – oder das Jahr zuvor. Da die grundlegende Mechanik Die Spielzugauswahl ist übersichtlich und bietet je nach Schwerpunkt des ausgewählten Teams eine reichhaltige Auswahl an Lauf- und Passspielen. Allerdings wäre es sinnvoll gewesen, bei Nutzung der Gameflow-Mechanik (hier wird basierend auf Präferenzen und Spielzugnutzung eine meist intelligente automatische Wahl getroffen) den Spielzug nicht nur mit dem Namen, sondern auch mit einem kleinen Symbolbildchen anzuzeigen. Wenn man nicht tief in der Materie steckt und die Finessen der einzelnen Formationen kennt, landet man schnell bei einem Laufspiel, obwohl man eigentlich ein Passspiel brauchen könnte. Dem kann man zwar auch im Gameflow-System per Durchschalten auf spezielle Züge (Pass, Lauf) entgegenwirken, doch auch hier fehlen letztlich die Symbole, die mir aufzeigen, ob es sich z.B. um ein Passspiel mit wenig angepeilten Raumgewinn handelt. In jedem Fall hätte man hier mit etwas mehr Gespür noch mehr Komfort für den Wohnzimmer-Quarterback herstellen können. Das versucht man auf der 360 allerdings noch mit Kinect-Unterstützung: Man kann sein Team nach der Spielzugauswahl über Sprachkommandos steuern und sogar einzelnen Mannschaftsteilen gezielt Anweisungen geben. Die Erkennung funktioniert dabei erstaunlich gut und gibt sich nur selten eine Blöße und ist daher eine interessante
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Ergänzung, die aber vornehmlich im Offline-Spiel für Solisten interessant ist. Da Madden aber vor allem im Wettbewerb mit anderen Spielern seine Stärken entfaltet, hält sich der Nutzen der Kinect-Einbindung in Grenzen.
Ultimate Team & Football-Historie
Ist es angesichts der sich kaum (oder nur unwesentlich) weiterentwickelnden Mechanik wichtig, dass man hinsichtlich der Spielmodi einen Schritt nach vorne gemacht hat? Hat es einen großen Wertungseinfluss, dass man sich wie bei vielen EA Sports-Kollegen mit dem Zusammenstellen eines Ultimate Teams (auf Sammelkartenbasis) die Zeit vertreiben kann oder in den Madden Moments versucht, besondere Leistungen der Football-Geschichte nachzuspielen?
Für mich nicht. Denn egal, ob ich hier meine Zeit verbringe, oder in dem komplett überarbeiteten Karriere-Modus entweder als Coach oder als Spieler on- oder offline versuche, mich zu beweisen: Die Mechanik bleibt immer gleich. Zwar weiß ich die Bemühungen zu schätzen, die Spielmodi interessant zu gestalten und ich habe auch eine Menge Spaß auf dem Platz. Doch das ist letztlich nur dem seit Jahren bewährten (und leider nur marginal veränderten) Fundament zu verdanken. Ich hätte auf die Option der Integration meiner Visage per GameFace gerne verzichtet, wenn man dafür die Mechanik modernisiert und z.B. auch den Umgang mit dem Ball mit kompletter Physikunterstützung ermöglicht hätte. Doch gerade bei Pässen landet er häufig wie an der Schnur gezogen in den scheinbar mit Klebstoff versehenen Händen.
Immerhin hat EA aus dem Kommentar-Debakel der letzten Ausgaben gelernt. Mit Ex-Quarterback Phil Simms und Jim Nantz von CBS hat man ein bewährtes Team engagiert, dessen Kommentare und Analysen sich hier zwar auch nach einiger Zeit wiederholen und in seltenen Fällen auch mal unpassend sind. Doch die Qualität hat in diesem Bereich einen Sprung nach vorne gemacht.
Die neue kombinierte Karriere sorgt für lang anhaltende Motivation.
Das kann man von der auf ordentlichem Niveau stagnierenden visuellen Umsetzung jedoch nicht behaupten kann - selbst wenn man die angesprochenen Unstimmigkeiten der Physikengine unbeachtet lässt. Während die Akteure auf dem Feld sich im Normalfall gewohnt gut und geschmeidig, aber auch gleichförmig und ohne individuelle Nuancen bewegen, kann man rechts und links vom Spielfeldrand diverse Kleinigkeiten entdecken, die nicht dem hohen Niveau entsprechen. Das beginnt bei den Copy-Paste-Zuschauermassen. Das geht weiter bei den nur spärlich an der Seitenlinie entlang hoppelnden Referees (die man meist aber nur in der Totalen sieht). Und das gipfelt in den Spieler-Komparsen und Kamerateams, die am Rand stehen und den Eindruck eines üppigen Football-Spektakels zu Nichte machen. Ja: Sie reagieren auf Aktionen auf dem Feld und jubeln z.B. bei gelungenen Pässen oder Läufen. Aber wenn das Geschehen mal außerhalb des Spielfelds stattfindet, wenn sich z.B. ein Duell von Running Back und Linebacker nach draußen verlagert, passiert gar nichts. Es gibt keine Reaktion. Sie weichen nicht zurück. Sie bewegen sich nicht. Die Hauptakteure clippen einfach durch sie hindurch. Aber die Helme mit ihren eindrucksvollen Spiegelungen sehen wirklich fantastisch aus.