Von Wildkatzen und Killerdackeln
Video:
Auf den schmalen Straßen Tokios kann man nur ein kleines Stückchen in die Ebene ausweichen. Die Kamera fängt den Überlebenskampf aus einer festen Perspektive von der Seite ein.
So einen Überlebenskampf habe ich noch nicht gesehen: Mein knuffiger kleiner Teppichporsche springt einem zehn mal so schweren Reh an die Kehle - und hat Erfolg. Sekunden später liegt das erlegte Wild am Boden, fertig zum Verspeisen. Das wurde auch Zeit, die rapide fallende Hungeranzeige hat die Energieleiste meines Hündchens empfindlich geleert.
Mit lauten Piepsgeräuschen fresse ich die Beute. Auch der Rest der Soundeffekte klingt wie in der Pachinko-Halle aufgnommen. Klingklong: Herausforderung gemeistert, zwei Gegner gerissen. Wiuwiuwiu: Ein schwebendes Geschenk rotiert wild vor meiner Nase. Darin steckt ein knallbuntes Hundekostüm, welches meine Attacken um ein paar Punkte verstärkt. Begleitet wird das surreale Schauspiel von einem überdreht euphorischem Mix aus Techno und Sambatrommeln, der eher an einen Fußballtitel aus den Neunzigern als an die Apokalypse erinnert.
Trash oder Überlebenskampf?
Vor einer Runde entscheidet man sich für ein Raubtier oder einen schleichenden Pflanzenfresser.
All das wirkt so schrecklich deplatziert und wild zusammengewürfelt, dass zunächst meine Vorliebe für japanischen Trash zum Weiterspielen motiviert hat. Passend dazu wird das menschenleere Tokio auch technisch erstaunlich schwach inszeniert: Die Animationen wirken abgehackt und der Hintergrund wird in einen hässlichen Unschärfefilter getaucht. Teile des Bodens bestehen aus derart verwaschene Monstertexturen, dass Michael mich zwischendurch fragte, ob die PS2 wieder in Betrieb genommen hätte.
Trotzdem lohnt es sich, dranzubleiben. Hinter der bizarren Fassade steckt ein motivierender Überlebenskampf mit einem gelungenen Zusammenspiel vieler Tierarten. Der Ablauf ähnelt Spielen aus dem Roguelike-Genre wie Spelunker. Ich starte mit einem von vielen freischaltbaren Tieren in eine Runde und versuche, so lange wie möglich zu überleben.
Nahtloser Generationswechsel
Neben Zoo- Haus- und Wildtieren stromern sogar Dinos durch die postapokalyptische Welt. Ein paar besonders coole Biester wie das Krokodil muss man im PSN dazukaufen.
Dabei erforsche ich die ehemaligen Einkaufsviertel Tokyos, springe anderen Hunden, Hyänen sowie Wildkatzen an die Gurgel und stille den blitzschnell wachsenden Hunger. Wichtig ist auch das Markieren neuer Reviere, welche ich danach als Speicherpunkt und zur Aufzucht meiner Jungen nutze. Da das durchschnittliche Haustier nur rund 15 Jahre lebt, darf ich nicht trödeln. Ich pirsche mich an jedes potenzielle Opfer heran, um meinen Ruf als Jäger zu verbessern.
Zu Beginn zeigen mir attraktive Weibchen sonst die kalte Schulter. Hat jedoch eine angebissen, trabt sie mir treu ergeben ins Versteck hinterher und das albern inszenierte Paarungsritual kann beginnen. Der Bildschirm färbt sich schwarz, es erklingt eine schmalzige Saxophon-Melodie und der Controller beginnt wild zu vibrieren. Kurz danach liegt ein kompletter Wurf im Korb. Ich schlüpfe in die Rolle eines der Jungen, welches Teile der Fähigkeiten seiner Eltern übernimmt. Auf meiner ersten Entdeckungstour dackeln mir meine Geschwister treu hinterher.