Add-on oder vollständiges Spiel?
Während mich abseits des Mitteldrittels der Humor, die vollkommen überzogene und viele Klischees bedienende Charakterzeichnung sowie die trotz stereotyper Ausgangslage immer wieder überraschende Geschichte begeistern, schubsen mich die Saints spielerisch in einen Zwiespalt. Denn hier ist es am ehesten spürbar, dass Saints Row 4 als zusätzlicher Inhalt für ein anderes Spiel (es wurde als Name "Enter the Dominatrix" kolportiert) und nicht als eigenständiges Produkt geplant war.
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Ein guter alter Bekannter ist wieder mit von der Partie.
Wie man es von der Serie und vor allem aus Teil 3 kennt, muss man Aktivitäten und Herausforderungen erledigen, um die Stadtviertel Bezirk für Bezirk einzunehmen. Das Problem: Viele dieser Nebenmissionen kennt man bereits - was auch nicht dadurch besser wird, dass manche Aufgaben variiert werden, so dass man z.B. nicht mit einem Helikopter, sondern mit einem UFO oder einem Mech eine Schneise der Verwüstung zieht. Dann wiederum muss ich den Designern zu Gute halten, dass die Aktivitäten bis auf eine oder zwei Ausnahmen nichts von ihrem Reiz oder Unterhaltungswert verloren haben. Bei den Hauptmissionen war man ähnlich unkreativ: Meist nutzt man diese nur, um den Spieler im Auftrag dieses oder jenen Saint durch die Aktivitäten zu schleusen. Positiv dabei: Nimmt man diese quasi schon im Vorbeigehen mit, während man wegen eines anderen Auftrages in Steelport unterwegs ist, werden diese Aktionen als bereits erledigt markiert, wenn sie von den Kollegen eingefordert werden.
Immerhin gibt dank der Zin haufenweise neue ballistische Alien-Technologie. Da zudem die Gang-Mitglieder Kinzie und Matt als Tech-Gurus mit Entwicklungen in der Saints-Matrix für neue Waffen sorgen, gibt es zumindest in dieser Hinsicht ein paar Neuerungen, die der komödiantischen Kreativität kaum nachstehen - zumal man sie in den Waffenläden auch häufig in mehreren Stufen aufrüsten oder mit Sonderfähigkeiten versehen kann. Ein portabler Minenwerfer, dessen Geschosse sogar leicht zielsuchend agieren, sorgt nicht nur für gleißende Explosionen, sondern auch für herrlich durch die Luft wirbelnde Aliens. Doch meine zwei Favoriten sind die Antimaterie-Kanone, die räumlich begrenzte schwarze Löcher verschießt, sowie die Dubsteb-Kanone. Diese verschießt musikalische Strahlen, die bei Zivilisten vorrangig zu zappeligen Tanzbewegungen führen, bei Aliens aber gnadenlos die Lebensenergie entziehen.
Es gibt wieder zahlreiche Möglichkeiten, die Hauptfigur seinen Wünschen entsprechend zu kleiden.
Rüstet man den Schaden auf und besorgt sich das Extra, das bei jedem "Wub" eine Explosion folgen lässt, hat man hier eine mächtige Waffe zur Hand. Vielleicht etwas zu mächtig, denn selbst größere Gruppen lassen sich damit schnell ausschalten.
Superheld à la Crackdown
Doch selbst diese Waffe beißt sich an den sporadischen Bossen sowie Gegnern, die durch Schilde geschützt sind, die Zähne aus. Hier kommen die Superkräfte ins Spiel: Man kann Elementarstrahlen verschießen, die Schilde temporär ausschalten. Man kann Telekinese nutzen, um mit Gegenständen (oder Gegnern) wild um sich zu werfen. Man kann mit einem Stampfer Gegner im direkten Umfeld immobilisieren. Und man kann sogar seine Waffen "elementarisieren", so dass sie z.B. zusätzlichen Feuer- oder Blitzschaden verursachen - uff! Und auf einmal fühlt sich Saints Row 4 endlich nicht mehr wie ein typisches Saints Row an, sondern eher wie die Xbox-360-exklusive (und hierzulande indizierte) Crackdown-Serie. Denn man bekommt zusätzlich auch noch die Fähigkeiten für Super-Geschwindigkeit, Super-Sprung oder Gleitflug. Und wie bei Crackdown kann man diese Fähigkeiten durch den Einsatz von aufgesammelten Orbs aufrüsten, bis man sogar wie in Prototype in einem Affenzahn an Häuserwänden rennt, vom Dach abspringt, dadurch weitere 30 oder 40 Meter Höhe gewinnt und nach einem geruhsamen Gleitflug an seinem Ziel ankommt oder sich wieder an einer Hauswand in nach oben schraubt.