Exotische Fantasywelt

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Sorcery! ist der erste Teil eines digitalen Spielbuches, von dem vier Teile erscheinen. Es beruht auf der Analand-Saga, die 1986 bei uns Premiere feierte.
Wonach hört sich Shamutanti Hills, Lia-Ki oder Khakabad an? Zumindest klingt das fremder als Auenland oder Schwertküste, vielleicht etwas orientalisch oder gar asiatisch. Das Artdesign der Benutzeroberfläche lässt einen zunächst an Tibet denken: Bunte Wimpel, die sich mit den aufgedruckten Werten für Stamina, Gold & Rationen in Wolken verlieren. Auf jeden Fall lockt dieses erste von vier digitalen Spielbüchern in eine exotische Fantasywelt, in der nicht nur Schwert und Magie die besten Helfer des Helden sind. Sobald man sich in die Hügel und Wälder begibt, die 1986 im Spielbuch „Der Abenteurer aus Analand“ (
Sorcery Epic I: The Shamutanti Hills) ihre Premiere feierten, kann man klassischen und fabelhaften Kreaturen von Goblins über Hexen bis hin zum mächtigen Mantikor begegnen.
Aber bis dahin ist es ein weiter Weg, wobei man die Route selbst bestimmt. Was umgehend auffällt: Auf einer wunderschönen Karte mit dreidimensionalem Relief zieht man seine Heldenfigur aktiv von Ort zu Ort, wobei sich die Geräuschkulisse der Umgebung

Man bewegt seinen Helden auf der handgezeichneten Karte von Ort zu Ort und hat dabei meist freie Routenwahl.
anpasst – mal pfeift ein Wind, mal blöken Schafe oder rauscht ein Wasserfall. Dabei gibt es immer Abzweigungen und Alternativen. Geht man direkt in ein Dorf oder umgeht man es? Übernachtet man im Gasthaus oder im Wald? Nicht nur aufgrund der zoombaren Karte, sondern auch aufgrund der Akustik sowie Beschreibungen der Landschaft entsteht ein gemütliches Reisegefühl. Frust durch Sackgassen gibt es übrigens nicht: Sobald man irgendwo scheitert, kann man zum letzten Punkt auf der Karte zurückkehren.
Verrückte in Bäumen
Worum es geht? So exotisch die Namen, so bieder die Ausgangslage: Ein böser Erzmagier hat eine legendäre Krone an sich gerissen, die ihrem Träger unheimliche Macht verleiht. Jetzt muss ein Held her, der dem Schergen das Artefakt entreißt. Zwar kann die Story dieses ersten Teils nicht begeistern, weil sie zunächst alle Stereotypen heroischer Fighting Fantasy bedient und den Spieler recht plump ins Abenteuer bugsiert. Aber dafür sorgen interessante sowie skurrile Situationen für Rollenspielflair: Was macht der irre Alte da oben im Baum? Hilft man ihm runter? Tauscht man die Teetassen bei einer verdächtigen Gastgeberin aus? Diese Entscheidungen ziehen immer kleine bis große Konsequenzen nach sich. Akzeptiert man z.B. das Feenwesen als Begleiter, darf man keine Magie wirken.
Die Vorlage der App sind die Spielbücher von Steve Jackson, die in den 80ern beim Thienemann Verlag auf Deutsch erschienen sind:
Analand-Saga 1: Der Abenteurer aus Analand (Sorcery Epic I: The Shamutanti Hills)
Analand-Saga 2: Die Fallen von Kharé (Sorcery Epic II: Khare – Cityport of Traps)
Analand-Saga 3: Die sieben Schlangen (Sorcery Epic III: The seven Serpents)
Analand-Saga 4: Die Krone der Könige (Sorcery Epic IV: Crown of Kings)
Verschont man einen Attentäter, kann man einen Freund fürs Leben gewinnen.
In den Dialogen kann man feilschen, man kann aggressiv oder höflich, interessiert oder oberflächlich agieren, wobei neugierige Naturen meist belohnt werden – mit Gold, Schlüsseln oder Hinweisen. Dadurch, dass die beschreibenden Texte nicht wie in vielen digitalen Spielbüchern als klassische Seiten zum Umblättern dargestellt werden, sondern nach unten fließen, entsteht ein dynamischer vertikaler Lesefluss, der immer wieder von markanten Artworks aufgelockert wird. Hier hat man die originalen Schwarzweißzeichnungen aus dem Jahr 1986 von John Blanche integriert, die vom Ninja bis zum Oger ein ganzes Bestiarium abdecken. Sie versprühen ihren ganz eigenen Charme, der irgendwo zwischen dem Humor eines Terry Pratchet und dem Pathos eines Conan liegt.