Das reinste Chaos
Auf vielen langen Geraden kann man hervorragend die Höchstgeschwindigkeit der Boliden austesten.
Die meiste Zeit enden die Verfolgungsjagden in einem puren Chaos. Dabei spielt es keine Rolle, ob man gerade als Racer oder Cop unterwegs ist. Irgendwann tummelt sich nur noch eine Blechmasse auf dem Bildschirm, es wird nur noch gerempelt und man verliert völlig die Orientierung. Letzteres passiert übrigens auch, wenn man nach einem Unfall wieder in den denkbar ungünstigsten Positionen auf die Strecke zurückgesetzt wird und gar nicht so recht weiß, in welcher Fahrtrichtung man gerade steht. Und dann kracht es auch schon wieder! Auch die die Routenführung via GPS scheint manchmal arg verwirrt zu sein: Wird der Weg neu berechnet, kommt manchmal ein Vorschlag heraus, der aufgrund riesiger Umwege keinen Sinn ergibt. Da soll ich plötzlich wenden und zurück fahren, obwohl das Ziel eigentlich weiter in Fahrtrichtung liegt?
Die Bedienung des Easy-Drive-Navis ist ebenfalls umständlich: Zwar ist es schön, dass man alternativ zur manuellen Markierung auf der Karte gleich die nächst gelegene Werkstatt zur schnellen Reparatur, die nächste Veranstaltung oder den nächsten Unterschlupf mit dem Digipad auswählen kann. Das alles während einer laufenden Verfolgung machen zu müssen, ist allerdings ein Krampf. Eine Pause-Funktion, bei der man alles in Ruhe regeln könnte, wird selbst im Einzelspielermodus nicht geboten. Da lobe ich mir die Sprachsteuerung via Kinect, auch wenn das System meine Befehle nicht immer versteht und in Kombination mit einem Voice-Chat völlig unbrauchbar wird, da es die Gespräche aufschnappt und falsch interpretiert. So kann es z.B. passieren, dass während eines Plausches plötzlich die Kamera umgestellt oder die Zielführung verändert wird. Apropos Kamera: Hier steht nur jeweils eine Stoßstangen- und Außenansicht zur Wahl. Erstere ist mir viel zu niedrig, Letztere zu unübersichtlich. Schade, dass man nicht wenigstens noch eine etwas höhere Motorhauben-Perspektive als Alternative bietet, wenn man schon auf Cockpits verzichtet.
Was in vielen Rennspielen mangels Lizenz fehlt, ist hier dabei: Modelle von Porsche.
Was aber richtig nervt ist das unsägliche Gummiband, das man besonders in den Interceptor-Events zu spüren bekommt, bei denen sich die bissigen Cops kaum abschütteln lassen. Wie denn auch, wenn sie einen gewaltigen Rückstand innerhalb weniger Sekunden aufholen können? Schon der Blick auf die kleine Karte zeigt, wie schnell die Hüter des Gesetzes selbst große Lücken schließen. Womit fahren die? Raketentriebwerken? Es ist einfach nur lächerlich. Doch auch in anderen Veranstaltungen sorgt der Gummiband-Effekt dafür, dass Rennen zu einem reinen Glücksspiel degradiert werden, bei denen das fahrerische Können im Prinzip nichts zählt. Ich kann verstehen, dass man spannende Rennen bieten möchte, aber hier übertreibt man es oft mit diesem Kunstgriff.
Vereinte Raserwelt
Mit dem neuen AllDrive-System wollen die Entwickler einen nahtlosen Übergang zwischen Offline- und Online-Erlebnis ermöglichen. Die Idee dahinter: Wer keine Lust mehr auf reine KI-Duelle hat, loggt sich einfach in ein Spiel ein oder lädt Freunde zu privaten Sitzungen ein, um gemeinsam mit anderen Spielern durch Redview County zu brettern. Dabei kann man auch hier auf Wunsch jederzeit die Seiten wechseln, sich unterstützen oder gegeneinander antreten.
Die Streife lauert auf potenzielle Gesetzesbrecher.
Allerdings leidet das theoretisch gute Konzept an mehreren Problemen: Oft geht es schon am Start los, wenn das Spiel einfach keinen geeigneten Server finden will. Erst gestern habe ich auf der Xbox One wieder knapp fünf Minuten warten müssen, bis ich endlich losfahren durfte. Auch auf PS3 und 360 musste ich teilweise lange Wartezeiten in Kauf nehmen, auf PS4 und PC ging es bei allen Versuchen flotter. Die nervige Serversuche beim Start abzubrechen ist nicht möglich, falls man lieber offline loslegen möchte. Hatte ich endlich Erfolg, kam der nächste Dämpfer: Was? Nur bis zu sechs Spieler gleichzeitig? Ja. Und falls man sich nicht durch Nachrichten oder Sprach-Chat gezielt auf einen Treffpunkt einigt, eiert man meist durch die offene Spielwelt, um sich vom Navigationssystem zu einem der anderen Spieler leiten zu lassen – nur um dann festzustellen, dass er sich mittlerweile in einem Unterschlupf verkrochen oder einen neuen Startpunkt auf der Karte ausgewählt hat. Sollte es tatsächlich doch mal zu einem Zusammentreffen mit anderen Spielern kommen, wünscht man sich unweigerlich ins Offline-County zurück, denn die Lags sind teilweise so heftig, dass man nur noch hüpfende Autos sieht. Ganz toll auch, wenn sich der nicht gekennzeichnete Leiter aus der Session verabschiedet, denn die darauf folgende Host-Migration hat einen vorläufigen Spielabbruch und oft sogar den Verlust bereits gesammelter Speed Points zur Folge. Ganz toll – vor allem, wenn man gerade in Führung lag und das Konto gut gefüllt war. Deshalb meine erste Maßnahme und heißer Tipp an alle, die Frust und lange Wartezeiten weitestgehend vermeiden wollen: Ich habe diese ätzende Online-Anbindung von AllDrive komplett in den Optionen gekappt – und damit auf ein zentrales Element verzichten, mit dem Rivals angepriesen wird. Mit mehr Spielern und einer sauberen Netz-Performance könnte es auch viel Spaß machen. In dieser Form allerdings nicht!