Todesursache: Ragdoll
Spielerisch "lebt" die Stadt vor allem dort, wo Polizisten die Stelle untersuchen, an der Faith von einer Kamera entdeckt wurde und wo Wachen Funktürme schützen. Denn Letztere kann man abschalten, nachdem man Erstere ausgeknockt hat. Anschließend muss Faith sogar vor weiteren Sicherheitskräften und Helikoptern fliehen, was dem Schauplatz eine sonst ungewohnte Dynamik verleiht. Abseits spezifischer Aufträge sind das die besten der optionalen Aufgaben, denn alleine der Nahkampf gefällt mir mehr als die meisten Feuergefechte anderer Spiele. Immerhin hat Faith zwei Möglichkeiten: Entweder versetzt sie einem Gegner einen leichten Schlag, um im Anschluss nahezu ungebremst weiter zu rennen, oder sie nutzt die Energie ihres Schwungs für einen starken Schlag, der ihre Bewegung
Die intensiven Nahkämpfe sind klasse! Leider sind die Gegner selten eine große Herausforderung und sie stolpern schon mal über ihre eigenen Füße.
unterbricht. Je mehr sie die Umgebung einbezieht, desto wirkungsvoller sind dabei ihre Treffer und mit Gewehren bewaffnete Polizisten stellen ihr Feuer ein, wenn sich Faith in der Nähe eines ihrer Kollegen befindet. Geschicktes Bewegen wird also auch hier belohnt.
Mit einem schnellen Schritt in eine beliebige Richtung weicht die Runnerin zudem Schlägen und Schüssen aus, gelangt so im Idealfall hinter einen Gegner, von wo aus sie ihn leichter bezwingen kann. Ich bestimme sogar die Richtung, aus der sie einen Feind schlägt oder tritt, sodass ihn die Wucht des Treffers vielleicht in einen Kollegen schiebt. Das lenkt beide mindestens ab, mit etwas Glück geht mindestens einer sogar zu Boden oder fällt über ein Geländer in die Tiefe. Weil Faith ihren Feinden dabei sehr nahe kommt, fühlt sich die Action sehr direkt und intensiv an. Ich finde diesen direkten Schlagabtausch klasse!
Er sieht mitunter allerdings auch schrecklich albern aus. Oft reicht ja ein leichter Schubser und die zwei Unglücksraben verhaken sich wie unbeholfene Physikunfälle ineinander – "Todesursache: Ragdoll." Hat man den Dreh einmal raus, sind die meisten Prügeleien außerdem kaum eine Herausforderung und die ständig nachrückenden Gegnerwellen dienen eher als Grund mit den Augen zu rollen. Schade: So gut Dice das Aufeinandertreffen von Runnerin und Polizei diesmal gelingt, so bedauerlich sind die neuen und stets präsenten Schwachstellen.
Das erste Mal Sowohl Innen- als auch Außenarchitektur sehen überwältigend schick aus.
Trotzdem sind die Einsatzkräfte der Staatsmacht eine Bereicherung, wenn Faith einen freiwilligen oder für die Handlung wichtigen Auftrag erledigt. Dann dringt sie nämlich nicht nur in Gebäude mit einer meist grandiosen Innenarchitektur ein, sie kann manche Wachen auch umgehen. Stehen ihr ohnehin fast immer verschiedene Wege zur Verfügung, vergrößert die Wahl zwischen dem lautlosen und dem martialischen Vorgehen noch einmal die spielerische Freiheit.
Gelungen sind auch die Referenzen an den Vorgänger in manchen Einsätzen: wenn man etwa das Gerüst einer Baustelle erklimmt und viel höher hinaus gelangt als im ersten Mirror's Edge. Schön ist der Szenenwechsel an einen Ort, der einem der eindrucksvollsten Schauplätze des ersten Spiels gleicht, atemberaubend der Anblick einer Art Netzwerkzentrum. So deutlich Catalyst unter einzelnen Ärgernissen leidet, so sehr erlebt Faith einmal mehr, bzw. das erste Mal, ein Abenteuer mit großartigen Höhepunkten!