Sicherheit ist eine Illusion
Also krabbel ich am besten möglichst schnell, aber trotzdem leise unter einen der zahlreichen Tische oder verschanze mich hinter Kisten, um anschließend mit gehaltener Schultertaste oder dank optionaler Kameraerfassung mit Hilfe einer Bewegungssteuerung vorsichtig um Ecken oder die oberen Kanten zu spähen. Besser noch, ich verstecke mich in einem Spind oder anderen kleinen Schränken. Je weniger das Vieh von mir sieht, desto besser, oder?!
Doch die vermeintliche Sicherheit erweist sich oft als Trugschluss. Denn egal wo man sich verkriecht: Es besteht immer ein Restrisiko, dass mich das Alien irgendwie wittert. Und so kauere ich hinter der dünnen Metalltür und beobachte durch die kleinen Schlitze, wie sich eine der Türen mit dem typischen Zischen öffnet und das Alien den Raum betritt. Langsam schleicht es an meinem Spind vorbei, verharrt kurz und und blickt mir fast direkt ins Auge. Langsam lehne ich mich nach hinten und merke, wie ich nur nur auf Knopfdruck Amandas Atem anhalte, sondern auch selbst angespannt auf den Bildschirm blicke, ohne einen Mucks von mir zu geben. Und das, obwohl ich die optionale Geräuscherfassung meiner Kamera gar nicht erst aktiviert habe.
Fluch und Segen
Sobald einen das Alien entdeckt hat, ist der Tod nicht mehr fern.
Ich habe Glück. Vorerst. Denn obwohl ich schon einen guten Teil meiner Lebensenergie durch den Mangel an Sauerstoff eingebüßt habe, zieht das Mistvieh weiter und ich höre das übliche Poltern, das entsteht, sobald es durch die engen Luftschächte kriecht. Vorsichtig bewege ich die Schultertaste zurück in ihre Ausgangsposition und atme leise aus, anstatt mit einem plötzlichen Loslassen der Taste zu schnauben. Danach wandert der Blick auf den Bewegungsmelder, der zum Glück relativ früh den Weg ins Inventar findet und mich durch das typische Biepen selbst dann vor einer möglichen Gefahr warnt, wenn ich nicht gerade angespannt auf den grünen Bildschirm starre und nervös den beweglichen Punkt sowie die Entfernungsanzeige im Auge behalte. Mist – mein nützlicher Begleiter piept schneller. Es kommt zurück! 20 Meter, zehn Meter, fünf Meter. Das Alien ist wieder bei mir im Raum. Ich kann es zwar noch nicht sehen, doch der Bewegungsmelder piept immer hektischer. Was für ein Segen, dass die Kreatur diese Töne nicht hören kann. Das mag zwar auf der einen Seite inkonsequent erscheinen, kommt auf der anderen Seite aber dem Spieldesign zugute.
Der Motion Tracker zählt zu den wichtigsten und wertvollsten Utensilien von Amanda Ripley.
Denn das Gefühl der ständigen Bedrohung, gepaart mit Panik und Ungewissheit ist auch so noch allgegenwärtig. Und so dauert es nicht lange, bis das Alien wieder vor meinem Spind lauert, mit seinem Kopf immer näher an die Schlitze heran kommt und schnüffelt. Immer lauter. Intensiver. Dann reißt es plötzlich mit einem Ruck die Tür auf, packt mich und bereitet mir einen schnellen Tod. In solchen Momenten liegen die Freude über den Adrenalin-Kick und Frust eng beieinander. Da ist zum einen diese Nerven zerfetzende Spannung, wenn man sich auf das geniale Katz-und-Mausspiel in der enorm atmosphärischen Kulisse einlässt, die mit ratternden Computern, Pixel-Monitoren und einer fantastischen Kombination aus Licht- und Partikeleffekten das Flair des filmischen Vorbilds exzellent einfängt. Da geraten selbst kleine Schluckauf-Anfälle bei der Bildrate oder die vor allem bei der 360-Fassung stark ausgeprägten Flimmerkanten zur Nebensache, sobald der Puls steigt und man ängstlich durch die Gänge schleicht – die Gefahr lauert immer und überall, auch wenn sich das Spiel – ähnlich wie der Film – beim Einstieg erfreulich viel Zeit lässt und zunächst nur mit subtilen Mitteln auf die bevorstehende Hetzjagd einstimmt. Doch auf der anderen Seite steigt der Frustpegel, wenn man ständig kurz vor dem Erreichen des Ziels doch noch erwischt wird und das Zurücksetzen zum letzten Speicherpunkt immer wieder das Spielen bereits bekannter Abschnitte erfordert. „Rennen, Verstecken, Überleben“ - auch diese bewährte Taktik wird euch nicht davor bewahren, dass ihr einige Sterbesequenzen zu Gesicht bekommt, denn die Überlegenheit des außerirdischen Jägers wird hier regelrecht zelebriert. Dem Spieler werden nicht mehr als kleine Überlebenshilfen an die Hand gegeben. Kampf und die direkte Konfrontation sind keine probaten Mittel – auch wenn man später sogar einen Revolver oder gar Flammenwerfer in den Händen hält.