Nach dem Boss ist vor dem Abenteuer
Es beginnt nicht mit "Ein paar Jahre später". Das Indie-Team von Neocore setzt mit The Incredible Adventure of Van Helsing 2 genau dort an, wo Teil 1 vor etwa zwölf Monaten aufhörte: Der Held ist nach dem Kampf gegen Prof. Fulmigati am Boden. Er wird aber nicht von seinem Geister-Sidekick Katarina gerettet, sondern von dem ominösen "Häftling Sieben". Und der sagt ihm auch gleich, dass der erschöpfte Held sich nicht ausruhen kann: Die Steampunk-Stadt Borgova wird von den Gruppen General Harkers belagert, gegen den Fulmigatis Größenwahn wie ein Lausbubenstreich aussieht. Und bevor man sich versieht und sich auf seine Qualitäten als Monsterjäger besinnen sowie die weitreichenden Landstriche von absonderlichen Gegnern befreien kann, muss die Stadt verteidigt und der Widerstand organisiert werden.
Bei allen Verbesserungen, die Neocore im Vergleich zum Vorgänger eingebaut hat, bleibt man in einem Bereich weiterhin schwach: Die Geschichte. Zwar bekommen diejenigen, die den ersten Teil nicht gespielt haben, einen kurzen Überblick über die Geschehnisse. Doch das ändert nichts daran, dass die Story auch hier bald den Faden verliert. Der Antagonist ist schnell etabliert, die Jagd auf ihn wird zum Hauptthema gemacht, Nebengeschichten finden zwar statt, verlaufen aber ebenso konfus im Sand wie der Haupterzählstrang. Damit unterscheidet sich Van Helsing 2 zwar nur unwesentlich von anderen Genre-Vertretern, doch man lässt die Möglichkeit ungenutzt, sich abseits von Beute, Charakterentwicklung und ansehnlicher Kulisse von der namhaften Konkurrenz abzusetzen.
Humor ist Trumpf
Das neue Abenteuer von Van Helsing bietet eine ansehnliche Kulisse, die allerdings für die volle Pracht auch ungewöhnliche hohe Hardware-Anforderungen stellt.
Immerhin: Mit dem Wortwitz, der sich vor allem in den Dialog-Duellen zwischen dem Helden und seinem Sidekick, der süffisant-schnippischen Geisterdame Katarina zeigt, kann man über viele erzählerische Schwächen hinweg trösten. Die beiden gehen sich rhetorisch immer wieder an die Gurgel und wenn dazu noch Popkultur involviert ist, kommt man nicht umhin, immer wieder zu schmunzeln. Die Frequenz, in der die Gags abgefeuert werden, ist deutlich höher als im Vorgänger und man wird beim ersten Durchlauf vermutlich gar nicht alles erkennen oder erfassen - nicht nur, weil der Titel wie gehabt nur auf Englisch erhältlich ist. Sondern auch, weil das Spektrum, das die beiden abdecken und das sich auch in zahlreichen Easter Eggs zeigt, enorm weit reicht: Von Monty Python bis Harry Potter, von Private Ryan bis Stargate.
Und das auch völlig unabhängig, ob man sich zu Beginn des Spiels für einen Veteranen-Charakter mit Stufe 30 und entsprechender entscheidet, seine Figur aus dem ersten Abenteuer importiert und bei Null (also Stufe 1) anfängt. Bei den drei Klassen Jäger (Standard-Mischung aus Nah- und Fernkampf), Thaumaturg (Zauberer) und Arkan-Mechaniker (quasi ein aggressiver Gagdet-Ingenieur) macht Neocore zwar nichts neu und nutzt nur die Figurentypen, die man im Original per DLC nachgeliefert hat. Aber immerhin sind sie hier von Beginn an wählbar und sorgen dadurch für Abwechslung - bei der "Veteranenauswahl" findet man sogar jeweils zwei Varianten mit jeweils anderen Spezialisierungen.
Bekannte Muster, neue Wendungen
Beute und Monster gibt es genug.
Hinsichtlich der grundlegenden Mechanik setzt man zum einen auf bekannte Kloppmist-Elemente: Haufenweise Gegner, viel Beute und eine einfache Klick-und-Lauf- bzw. Klick-und-Angriff-Steuerung. Ergänzt wird dies durch die weitgehend intelligent und den überschaubaren Vorgaben folgend mitkämpfende Katarina. Sie ist weiterhin mehr als nur ein Gegenstands-Tragesel oder eine Kaufauftrags-Ratte, sondern kann in entscheidenden Situationen das Zünglein an der Kampfwaage sein. Sei es, weil sie die Gegner auf sich lenkt und Van Helsing die Möglichkeit gibt, sich zu sammeln und einen Trank einzuwerfen oder sei es, weil sie mit ihren Angriffen die entscheidenden Treffer setzt. Dennoch sorgen die Auseinandersetzungen auch für Sorgenfalten.