Wäre es nur die Einführung... aber Mordheim hat weitere Probleme, die ihm auch dauerhaft zu schaffen machen. Erschreckend unbrauchbar ist z.B. die Kameraführung während des Aufstellens der Kämpfer kurz vor dem Einsatz. Man kann diesen Schritt zwar überspringen, das eigenhändige Postieren geschlossener Gruppen ist dem automatischen Verteilen aber weit überlegen. Und so klicke ich immer wieder auf die Übersichtskarte, um überhaupt zu verstehen, wo die aktuelle Figur gerade steht, weil die Kamera beim Auswahl einer anderen Position dermaßen schnell und wild mitten durch die eng stehenden Gebäude fährt, dass ich jedes Mal den Überblick verliere. Mit Auswahl der "nächsten" Stellung wechselt die Figur ja selten auf die daneben liegende Position! Viel lieber rutscht sie dann erneut durch die halbe Stadt.
Dass die Kamera im Gefecht häufig in die Köpfe der Figuren hinein fährt, ist dagegen fast geschenkt. Mir fehlt allerdings das freie Bewegen der Ansicht oder zumindest das beliebige Umschalten zwischen meinen Kämpfern – und sei es nur, um während der langen Züge feindlicher Truppen etwas zu tun zu haben – sowie die Möglichkeit, meine Priesterinnen auch aus einer Vogelperspektive heraus zu setzen. Weder technisch noch spielerisch sollte etwas
Nicht immer zeigt die Kamera, was sie zeigen soll. Während der Aufstellung ist sie sogar nahezu unbrauchbar.
dagegen sprechen und trotzdem bietet Rogue Factor ausschließlich das aktive Ziehen über den Schulterblick an, dessen Übersicht vor manchen Wänden kapituliert.
Wer bekommt es mit der Angst zu tun?
Immerhin: Das Hantieren mit zahlreichen Aktionsmöglichkeiten öffnet eine große taktische Freiheit. Anders als in XCOM kleben die Kämpfer zwar nicht hinter Deckungen, Sichtlinien spielen aber auch hier eine wichtige Rolle, wenn man sich heran schleicht oder eine Figur so postiert, dass sie einen anrückenden Gegner sofort automatisch attackiert. Entweder stellt man einen Kämpfer mit dieser Option ab oder man versetzt ihn in eine Haltung, aus der er gut ausweichen kann. Man kann ihn auch zum Parieren eintreffender Schläge anweisen oder in der Zugreihenfolge (die Kämpfer beider Seiten ziehen entsprechend ihrer Initiativewerte) einige Plätze nach hinten schieben.
Clever sind die getrennten Bewegungs- und Angriffspunkte, wobei auch Aktionen wie das Erklimmen eines Stockwerks einen Bewegungspunkt plus das automatische Würfeln gegen den entsprechenden Wert erfordern, der wiederum von Faktoren wie dem Gewicht der Rüstung beeinflusst wird. Dank der Trennung von Mobilität und Offensivaktionen sowie des Verzichts auf unbedingte Handlungsfolgen ist man dabei sehr flexibel beim Aneinanderreihen unterschiedlicher Aktionen. Es spielt ja keine Rolle, wann ein Kämpfer angreift und sich bewegt: Er
Das taktische Geschehen wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst.
hat immer alle noch nicht verbrauchten Punkte beider Leisten zur Verfügung – falls ihn nicht die Angst vor einem besonders mächtigen Gegner lähmt oder die Furcht, wenn er von mehreren Gegnern eingekreist wurde. Auch darüber entscheiden Würfelglück und mentale Stärke.
Dieses Einkreisen ist eine wirkungsvolle Taktik, denn es kann einen Feind nicht nur einschüchtern, es verhindert auch das problemlose Davonlaufen. Flieht ein umstellte Figur, dürfen nämlich sämtliche daneben stehenden Gegner zuschlagen – was man nur umgehen kann, indem man eine spezielle Aktion ausführt. Diese kostet aber Angriffspunkte, senkt also die Offensivmöglichkeiten in derselben Runde. Weil alle Kämpfer dabei einen Radius haben, innerhalb dem andere Figuren keine eigenen Aktionen auslösen dürfen, lässt sich das System nicht im Übermaß missbrauchen. Mit solchen Feinheiten vereint Rogue Factor geschickt die Besonderheiten des Tisch- und eines Videospiels in einer anspruchsvollen Rundentaktik.