Die Emotionen auf dem Platz
Nachdem die Karriere enttäuscht, zurück zum Spielgefühl in normalen Partien. Und da gibt es abgesehen von zig
neuen Torjubelarten tatsächlich mehr „Emotional Reactions“ auf dem Platz: Die Spieler winken nach einer vertanen Chance verärgert ab, dem Torhüter wird nach einer Parade von allen Verteidigern gratuliert und nach einem Foul gehen die beiden Beteiligten wütend aufeinander los. Ihr wollt sehen wie Özil nach einem Fehlpass hadert, wie lamentiert und protestiert wird? Genau so etwas wird jetzt gezeigt. Es gibt zwar am Rande des Platzes bei den Trainern und - bis auf wenige Ausnahmen innerhalb der Premier League - auf der Bank nahezu keinerlei emotionale Reaktion, aber im Spiel selbst wirken Mimik und Gestik lebendiger als in
FIFA 14. Nur eines bleibt auf der Strecke – die akustische Reaktion: Es wäre klasse, wenn sich die Profis über die Außenmikrophone auch mal öfter zurufen oder gegenseitig anbrüllen würden.
Freude und Ärger einzelner Spieler sowie gegenseitige Aufmunterungen prägen die Wiederholungen in den normalen Matches von FIFA 15.
Überhaupt scheint EA mit den „Emotional Reactions“ noch in der Probierphase zu sein. Warum klatschen die Spieler nach dem ersten (!) Tor noch beim Weg zum Anstoß gen Zuschauer? Und warum laufen sie dabei so langsam, als würden sie schon zur Ehrenrunde nach einem Finale ansetzen? Das wirkt komplett unrealistisch. Warum macht selbst die zurückliegende Mannschaft fünf Minuten vor Schluss (!) keine Anstalten, mal schneller zum Anstoß zu kommen, obwohl es Unentschieden steht? Hier muss man viel zu oft mit dem Kopf schütteln, weil die Inszenierung zu künstlich wirkt.
EA hat u.a. versprochen, wenn "(...) ein Spieler beispielsweise wiederholt von seinem Gegner gefoult [wird], stellt er ihn je nach der Schwere der Fouls und der Bedeutung des Spiels, eventuelle zur Rede." So authentisch mancher wilde Disput zwischen Foulendem und Gefoultem wirken mag, baute in unseren Spielen bisher nichts aufeinander auf – sprich: Es sammelt sich keine Wut oder Rivalität, es gibt nicht dieses Summieren von Kleinigkeiten, das viele Fußballspiele so kennzeichnet. Man beobachtet eher Brüche: Es kann sehr abstrus aussehen, wenn der aggressive Schubser von vorhin schon eine Aktion später ganz brav den Ball übergibt. Aber auf das Gezeter und Theater einzelner Spieler ist für das Spielgefühl ohnehin nicht so gravierend.
Die Emotionen im Stadion
Aber bei den Reaktionen der Zuschauer bin ich von FIFA 15 ein wenig enttäuscht. Gerade dieses mächtige Kollektiv der Fans müsste man endlich besser und emotional vielfältiger abbilden. Zwar hört sich vieles zunächst lauter und intensiver, aber unterm Strich nicht immer so authentisch an wie noch in FIFA 14. Zu oft wirken die Zuschauer-Reaktionen sogar komplett unpassend. Warum raunt das ganze Stadion bei einer einfachen Grätsche im Mittelfeld? Viele „Aaaahs“ und
Die Gesänge und Zuschauer-Akustik hinterlassen ein gemischtes Bild - man erkennt individuelle Fans und es gibt Choreographien vor Spielbeginn, aber man vermisst mehr authentische Gesänge und situative Reaktionen. Viele sehr laute "Aaaahs" und "Oooohs" passen nicht zur Spielsituation.
„Ooohs“ passen überhaupt nicht zum Spielablauf oder zur Situation der Heim- Auswärts-Fans. Manchmal kommt es regelrecht zu einer Grabesstille oder gediegenen Tennis-Court-Atmosphäre - sogar bei einem Derby: Wenn man BVB gegen den S04 antreten lässt, gibt es keinen Unterschied zu einem normalen Freundschaftsspiel!
Gerade die heimischen Fans hätten in diesem FIFA viel zur Emotionalität auf dem Platz beitragen können – hier hätte sich nach mehreren Fouls am eigenen Spieler die Stimmung anhand von immer lauteren Pfiffen zeigen können. Aber es fehlt, bis auf den Torjubel, immer noch an mehr situativen Fan-Reaktionen auf das, was auf dem Platz passiert.Nicht falsch verstehen: FIFA 15 hat immer noch ein gutes akustisches Fundament. Aber EA lässt als Spitzenreiter zu viel liegen, was Emotionen im Fußball angeht!
FIFA 15 macht nichtsdestotrotz viel richtig, was die Inszenierung betrifft: Die Präsentation der Stadien und Fans sieht vom Einmarsch bis zum Spielende samt Wiederholungen auch etwas besser aus als in FIFA
Neu: Der Torwart hat zwei Befehle, um entweder die Mannschaft nach vorne zu treiben oder jemanden für kurzes Anspiel nach hinten zu beordern.
14. Man erkennt in allen Kameraeinstellungen individuelle Besucher, Ersatzspieler oder auch Kameraleute, so dass ein angenehm lebendiges Zuschauerbild entsteht. Was trotz vieler Fahnen und Trikotträger auf den Rängen fehlt, sind erneut Bereiche der Ultras. Da könnte man zumindest mal hüpfende Blöcke oder Vorsänger auf dem Zaun zeigen. Schließlich gibt man sich auch Mühe, Uniformierte mit lockerem Barett statt Vollmontur vor den Tribünen spazieren zu lassen. Statt der Realität wird hier ein sauberes Idealbild gezeigt.
Dass man sich da als offizieller Partner der Liga zurückhält und auch virtuell keine Bengalos zünden will, mag politisch verständlich sein, aber dieser Aspekt der Fußballkultur wird von FIFA 15 seit Jahren einfach ausgeblendet – obwohl das Motto „Feel the Game“ für eine Einbindung gesprochen hätte. Es ist ja auch nicht so, dass die Stadien leblos wirken würden. Denn es geht auch ohne Ultras auf den Rängen etwas lauter und emotionaler zu als noch in FIFA 14. Allerdings weniger passend, mit einigen Brüchen.