Reinkarnation des heroischen Prinzips
Das Spielgefühl wirkt ansonsten angenehm vertraut: Weil man bereits im Einstieg mehrfach sterben kann und weil man zunächst ohne warnenden Nebel hinter jeder Tür oder in jedem Tal auf Bosse treffen kann, erkundet man die Spielwelt sehr aufmerksam. Kaum hat man eine Stunde hinter sich, fragt man sich mit einem angenehmen Kribbeln im Bauch: Wenn das der Auftakt ist, was kommt noch? Welche Chance hat man dann gegen diese Fürsten? Dazu nur so viel: Sie verlangen euch alles ab und sind unter all den anderen normalen Bosskämpfen auf dem Weg dorthin die ansehnlichen Höhepunkte. Man soll diese legendären Gestalten finden, vernichten, inthronisieren und das Feuer der sterbenden Welt binden- so wie einst.
Wie einst? Für diese Herkulesaufgabe ist kein Vorwissen nötig, aber die Geschichte greift nicht nur hinsichtlich der Historie auf das zurück, was in Dark Souls geschah; auch viele Namen wie Astora, Londor oder Vinheim sowie Figuren
Hat man den ersten Boss besiegt und eine Seele erbeutet, lohnt sich der Besuch bei Ludleth: Er wandelt sie in mächtige Waffen oder Artefakte um.
wie Andre der Schmied oder der Zwiebelritter werden Kennern beider Vorgänger bekannt vorkommen. Es ist jedenfalls schön, dass dieser Mythos zwar angenehm vertraut wirkt und seiner eigenen Chronologie folgt, aber alles andere als schnell durchschaut wird. Man weiß nur, dass man als Inkarnation eines heroischen Prinzips in einer Welt mit verfluchter Geschichte unterwegs ist - The Legend of Zelda lässt grüßen.
Artdesign und Kulisse
Wie sieht dieses Dark Souls aus? Wunderbar. Es macht schon Spaß, die Kamera um den eigenen Helden zu drehen, sich das abgewetzte Kettenhemd, die ledernen Taschen, das von Eiswolken dampfende Schwert oder Schildgravuren genau anzusehen - vor allem, wenn man glüht. Es gibt zudem recht früh eine Stelle hoch oben, von der man die Spielwelt aus der Ferne betrachten kann. Man erkennt mächtige Burgen und düstere Kathedralen, weite Sümpfe und brennende Säulen, zerbrochene Brücken und windschiefe Dörfer, die man sowohl vom Boden als auch den Dächern aus erkundet. Nahezu alles, was man an Türmen und Burgen sieht, kann man erkunden. Die schroffen Hänge, die überwucherten Mauern, der weite Blick auf ferne Wälder und das fahle Licht sorgen für eine ebenso verwunschen wie verflucht anmutende Kulisse. Die wirkt auch nach zig Stunden nicht aufreizend oder künstlich pompös, sondern scheint eine Jahrhunderte alte Patina zu tragen.
Auch wenn die Bildrate mitunter auf Konsolen stockt, gibt es herrliche Panoramen.
Aufgrund all der Risse und Einstürze, all der schrägen Wege und kruden Hütten sowie natürlichen Farbtöne, wähnt man sich nicht in einem toll designten Level, sondern wie in einer urigen Welt mit Geschichte. Das Artdesign ist ausgezeichnet, sowohl was die Landschaft als auch die Kleidung sowie Gestaltung all der Figuren angeht: Freut euch auf kleine gemeine Spitzhutgoblins, die wie Spinnen an Wänden lauern, auf grobschlächtige Hünen mit Schlachtersägen und Käfigen auf dem Rücken, auf hysterisch keifende Priester, Dämonen mit rot glimmenden Augen, klapprige Skelette, die sich nach dem Treffer einfach wieder zusammen bauen oder scheinbar harmloseVogelwesen, die zu irren Harpyien mutieren. Manchmal gibt es Anführer oder Wächter, die Alarm schlagen und so Verstärkung rufen - dann muss man auch mal fliehen. Auch wenn einiges an Kathedralen, an Gekreuzigten und Betenden an Bloodborne erinnert, inszeniert From Software in diesem Dark Souls 3 eine sehr markante und überaus abwechslungsreiche Fantasy. Kenner werden sich zudem über einige alte Bekannte wie den schwarzen Ritter mit Flügelhelm freuen.
Leuchtfeuer und Gebiete
Erst über die Leuchtfeuer füllt man nicht nur beide Tränke auf und repariert Waffenschaden, was das Reparaturpulver nahezu überflüssig macht, man springt auch sofort in die bis dahin erkundeten Gebiete wie etwa die Highwall of Lothric,die Siedlung der Untoten oder die Sümpfe. Im Gegensatz zu Dark Souls muss man sich weder das Teleportieren verdienen noch besonders lange Wege gehen, bevor ein Leuchtfeuer erscheint - hier hätte man die Spannung über schwierigere
Neue Gebiete sollte man vorsichtig erkunden: Estus voll? Schild bereit? Feuerbomben und Pfeile in Reserve?
Laufwege noch erhöhen können. Aber ganz ehrlich? Die Schandstadt konnte in Dark Souls auch eine so frustrierende Todeszone sein, dass man die Leuchtfeuerdistanz verflucht hat.
Die Gebiete sind aber gerade im Vergleich zu Dark Souls 2 wesentlich größer, verschachtelter und besser verbunden - so ergeben sich mit der Zeit über Fahrstühle oder geöffnete Türen angenehme Abkürzungen und Aha-Momente: Hey, hier bin ich jetzt? Cool! Es gibt also deutlich mehr Komfort in der Erkundung, aber diese gefühlte Sicherheit ist dennoch sehr trügerisch und die Infrastruktur lockt mit mehr Weite, Abwechslung sowie Erkundungsreizen als noch im zweiten Teil.
Immer wieder schließen sich Kreise, was Logik und Zusammenhänge in der Spielwelt betrifft: Da wird eine Schlucht z.B. von einem riesenhaften Bogenschütze so hartnäckig beschossen, dass man nur in einem Sprint heil hindurch kommt - wie bei einem Artilleriefeuer fliegen einem eher Lanzen als Pfeile um die Ohren. Jedesmal muss man an dieser Stelle höllisch aufpassen, zumal man auch noch angegriffen wird. Aber irgendwann kommt man zu dem Turm dieses mysteriösen Riesen und kann ihn sogar umstimmen, so dass er einen in Zukunft unterstützt. Und siehe da: Seitdem nimmt er lediglich die Feinde ins Visier! Auch der Feuerband-Schrein hat mehr zu bieten als es scheint, nur wird man erst mit einem teuren Schlüssel die Geheimnisse seiner verborgenen Areale lüften.