Der Schmerz ist allgegenwärtig
Die von Rebellion entwickelte Engine hat mit dem Sprung von Teil 3 zu Teil 4 und dem Wegfall der Parallel-Entwicklung für die alten Systeme ebenfalls Fortschritte gemacht. Wie bei allen Spielen der Serie wird man sich allerdings vorrangig an die kompromisslose Darstellung bestimmter Abschüsse in der Röntgenansicht erinnern. Das Markenzeichen von Sniper Elite ist dabei schonungslos wie eh und je. Knochen zersplittern, Organe bersten und bei Schüssen in den Brustkorb z.B. fällt die Lunge in sich zusammen. Die Action ist nichts für Zartbesaitete, wobei man die Frequenz der Röntgen-Szenen justieren bzw. ganz ausschalten kann. Doch auch abseits der dargestellten Gewalt macht die Kulisse einiges her. Man besucht in den acht Abschnitten ein breites Spektrum italienischer Landschaften mit Kleinstädten und Weinbergen. Man infiltriert eindrucksvolle Industrieanlagen, kämpft unter Aquädukten und ist auch im verschneiten Gebirge unterwegs. Und das alles mit ansprechend umgesetzter Architektur bzw. in einer idyllischen Natur mit schicken Lichteffekten. Im Detail lassen sich zwar hier und da Schwächen im Texturdetail ausmachen, während die deutsche Kriegsmaschinerie aus dem Klonlabor zu kommen scheint. Doch unter dem Strich weiß Sniper Elite 4 nicht nur mit seinen spektakulären Ablebesequenzen, sondern auch mit einer stimmigen Kulisse und einer hohen Sichtweite zu gefallen.
Kurz vor dem Einschlag - es gibt kein Entkommen...
Verzichten muss man natürlich auf verfassungsfeindliche NS-Symbolik. Doch zum einen wurden auch die internationalen Fassungen mit diesem Bann belegt, da Rebellion immer noch ein kleines Team ist und in diesem Fall keine zwei Fassungen herstellen wollte. Zum anderen ist es für die Action und Spannung vollkommen unerheblich, ob hier ein Hakenkreuz prangt und dort am Kragen SS-Insignia zu sehen sind oder nicht. Viel wichtiger ist die flüssige Darstellung. Und die ist auf der PlayStation 4 Pro auf jeden Fall gegeben. Doch nicht nur die Bildrate ist spürbar höher als auf der Amateur-Variante der Sony-Konsole. Auf der normalen PS4 muss man mit längeren Ladezeiten (etwa plus 60% bis 70%), einer geringeren Weitsicht sowie eingeschränkten Details in manchen Bereichen vorlieb nehmen. Dass trotz dieser Einschränkungen die Bildrate immer noch in Mitleidenschaft gerät, ist ärgerlich. Doch obwohl die Unterschiede im direkten Vergleich deutlich zu sehen sind, wirkt es sich nicht auf das Spielgefühl aus, so dass wir nur eine PS4-Wertung vergeben. Die PC- und Xbox-One-Versionen standen zum Testzeitpunkt nicht zur Verfügung. Wir werden diese zeitnah begutachten und den Test um unsere Eindrücke ergänzen, sobald sie uns vorliegen.
Update vom 20.02.2017: Auf der Xbox One bekommt man inhaltlich das gleiche Paket wie auf dem Sony-System, muss aber wie auf der normalen PS4 mit technischen Mankos leben. Zwar wurde auf der One die Bildrate stabiler gehalten, doch dies wurde mit Tearing erkauft. Das zerreißende Bild wirkt sich unter dem Strich zwar ebensowenig auf das Spielgefühl aus wie die sporadischen Ruckler, die man auf der PS4 erlebt. Doch besonders beim Blick durch das Fernglas kann die fehlende V-Synchronisation stören und aus der Spielwelt reißen.
Gemeinsam stark
Fast jede Waffe und viele Hilfsgegenstände haben eine Sekundärfunktion.
Wer gemeinsam mit Freunden in den Kampf gegen die Nazis ziehen will, wird von Sniper Elite 4 in vielerlei Hinsicht unterstützt. Zum einen darf man die gesamte Kampagne kooperativ in Angriff nehmen. Zum anderen warten noch zwei zusätzliche Karten, auf denen einer die Rolle des „überwachenden“ Snipers übernimmt, während der andere ohne die Möglichkeit, ein Scharfschützengewehr zu benutzen, die Aufgaben abarbeitet. Kommunikation ist hier das A und O, wenn man weitgehend unbeschadet die Sabotage-Aktionen überstehen möchte. Bis zu vier Spieler können sich in der Horde-Variante „Überleben“ auf drei Karten den Wellen stellen, wobei der Hauptstützpunkt in regelmäßigen Abständen die Position wechselt. Klassische Mehrspieler-Modi stehen ebenfalls zur Verfügung. Deathmatch und Team-Deathmatch sind selbsterklärend. Mit „König der Entfernung“, das auch für Teams zur Verfügung steht, wird dieses Konzept insofern variiert, da am Ende in erster Linie die insgesamt zurück gelegte Distanz der Schüsse in die Wertung einfließt.
Bevor man finale Rettungsschüsse setzt, sollte man mit dem Feldstecher das Gebiet auskundschaften und Feinde markieren. Ansonsten kann es böse Überraschungen geben.
In eine ähnliche Kerbe schlägt „Kein Überqueren“, da die Fronten zwischen den teilnehmenden Teams durch ein natürliches Hindernis abgetrennt sind, so dass es nur zur Distanzgefechten kommt. Und bei „Kontrolle“ schließlich handelt es sich um eine Art mobilen Eroberungsmodus ähnlich „Drop Zone“ aus Star Wars Battlefront. Hier werden Funkgeräte abgeworfen, die man für sich markieren und dann verteidigen muss. Der Clou: Hier ist es nicht wichtig, welches Team aus maximal sechs Spielern das Funkgerät am längsten halten konnte, sondern wer es zum Abschluss des Timers für sich beansprucht hat. Sprich: Man kann mit einer Übernahme kurz vor Schluss den Punkt für sein Team einheimsen auch wenn die Kontrahenten bis dahin überlegen waren. Das Spieltempo ist bei allen Modi angenehm entschleunigt, so dass sich Sniper Elite 4 in diesem Bereich angenehm anders spielt als ein Call of Duty oder Battlefield 1. Und man konnte bei unseren Testspielen kein ernsthaftes Lag spüren, so dass man als Anhänger der Serie auch außerhalb der Kampagne immer wieder für ein Spielchen zurückkehren kann. Allerdings würde eine höhere Kartenauswahl nicht schaden: Bei „Kein Überqueren“ stehen nur vier Schauplätze zur Verfügung, bei allen anderen immerhin sechs.