Söldner wider Willen
Deshalb verdingt er sich als Söldner, indem er für unterschiedliche Lager diverse Aufträge annimmt, die Ohren der Freaker eintauscht oder Nahrungsmittel abliefert. Je mehr er für sie erledigt, desto größer wird das Vertrauen in bis zu drei Stufen und desto bessere Waffen oder Ersatzteile für sein Bike kann er dort kaufen - egal ob Auspuff, Motor, Boost, Gestell, Lack oder Farbe. Schön ist, dass man seine Maschine so nicht nur schneller, sondern auch leiser und widerstandsgähiger machen kann. Aber zu welchem Camp soll Deacon das Drogenpaket oder jene Überlebenden schicken? Zum rücksichtlosen Copeland, der ihn erpresst hat? Oder zur alten Betschwester Ada, die zwar zivilisierter wirkt, aber letztlich mit harter Hand ein Arbeitslager leitet? Er hat die Wahl. Und so manches wirkt sich auch aus.
Gute Waffen gibt es nur bei Händlern. Und nur, falls man genug Vertrauen hat.
Boozer und er haben eine gemeinsame Zeit als Outlaws in einem Motorrad-Club namens Mongrels MC hinter sich und wollen zusammen in den Norden fliehen. Der Regie gelingt es über einige hochwertig inszenierte Rückblicke mehr Licht in das Dunkel der Charaktere zu bringen. Man erfährt nicht nur, wie er und Sarah sich kennen gelernt haben, sondern auch wie sich Deacon und sein Hass entwickelt haben. Hinzu kommen einige Überraschungen, die der Story über ihre knapp 30 Stunden immer wieder die nötige Würze und biographische Tiefe verleihen.
Auch wenn die Atmosphäre sowie die Charakterzeichnungen nicht an die vielschichtigeren Figuren und Beziehungen aus
The Last of Us herankommen, gibt es durchaus situative Bezüge und mehr Facetten als Rache in diesem toughen Biker: Deacon kann z.B. ein Mädchen retten, muss sich mit ihren Ängsten arrangieren und ist kooperativ mit ihr unterwegs - das erinnert ein wenig an die Situationen mit Ellie. Sehr schön ist auch, dass es über ein halbes Dutzend parallele Story-Stränge gibt, die man direkt anwählen kann, so dass man entweder die Geschehnisse um Boozer, Sarah oder Nero weiter verfolgt. Das ist also eine einfache, aber nichtsdestotrotz plausible und in ihren besten Momenten dramatische Geschichte mit einigen emotionalen Bezugspunkten - nicht zu vergessen, dass Boozer ja Sarahs Bruder ist.
Im Angesicht der Horde
Auch auf dem Bike ist man nicht vor Freakern sicher.
Und er hat mich gerade angefunkt, dass er Munition parat hat und das Fleisch braucht - deshalb war ich auf der Jagd in diesen Wäldern. Aber als ich gerade zu meinem Bike joggen will, höre ich dieses dumpfe Grollen in der Ferne. Ich gehe in einem Gebüsch in Deckung und sehe all die Leiber fauchender Monster, die wie eine schwerfällige Lawine den Abhang hinunter schlurfen: Dutzende Freaker in zwei endlosen Kolonnen. Bisher konnte ich sie nur aus sicherer Entfernung beobachten, jetzt sind sie verdammt nah.
Ich habe keine Chance in einem Kampf gegen diese Horde, zumal meine Magazine fast alle leer sind - bleiben noch sechs Armbrustbolzen und die schwache 9mm. Die Beine in die Hand nehmen ist auch nicht die beste Wahl: Weil ich nicht endlos sprinten kann, muss ich unbemerkt eine Route wählen, damit ich lebend mein Bike erreiche - nur da kann ich speichern, nur damit komme ich heil zu Boozer. Moment mal, reicht mein Sprit? Ich hatte nicht voll getankt...