Essenz und Herzen
Für alle, die sich den Free-to-play-Titel noch nicht selbst angeschaut haben: Crucible wird stets auf einer einzigen großen Karte gespielt, erinnert in dieser Hinsicht also an ein Battle Royale. In nur einer von drei Spielvarianten geht es allerdings darum, gemeinsam mit einem Partner als letztes Duo zu überleben, während in einem Team-Deathmatch-Modus zwei acht Kämpfer große Gruppen um Abschüsse ringen. Zentral ist vielmehr der Wettstreit zweier Vierer-Teams, die beide versuchen als erstes drei Herzen sporadisch auftauchender Schwärme zu erobern. Wo und wann diese Schwärme auftauchen, wird angezeigt und natürlich begegnen sich die Gruppen deshalb oft an genau diesen Punkten. Welches Team den Schwarm zerstört, ist dann nicht von Bedeutung. Es zählt allein das Einsammeln des Herzens.
An ein MOBA erinnert dabei die Charakterentwicklung der Heldinnen und Helden, die im Verlauf jeder Partie im Rang aufsteigen und auf jeder Stufe eine neue Fähigkeit erhalten. Entweder blenden kritische Treffer einen Gegner dann, man richtet unter bestimmten Umständen größeren Schaden an, eine die Sicht verschleiernde Dunstglocke kann manuell detoniert werden u.v.m. Um diese Charakterentwicklung zu beschleunigen, müssen Team und Teilnehmer Essenz sammeln, indem sie Tiere töten oder bis zu fünf Harvester einnehmen, die automatisch Essenz generieren. Neben weiteren Möglichkeiten die Ressource zu erhalten sind außerdem Schadens- und andere Verstärker in der Welt verteilt, weshalb das effektive Abgrasen des Levels unverzichtbar ist.
Gleichförmiges Verschieben
Crucible wirkt stark von Spielen wie Overwatch und League of Legends inspiriert.
Klingt gut, ist es im Ansatz auch – geht in der Praxis aber kaum auf und der Grund dafür ist u.a. das Level selbst. Denn im Wesentlichen handelt es sich nicht um eine große Welt, sondern einen relativ überschaubaren Kreis ohne nennenswerte Besonderheiten. Das Auftauchen der Verstärker verleiht den Partien zwar einen variablen Verlauf, trotzdem ist vor allem die Umgebung selbst so gleichförmig, dass das Herumlaufen über weite Strecken geradezu langweilig ist. Es gibt ja keine Gegner mit wirklich weit reichenden Waffen, die ein umsichtiges Vorankommen erzwingen würden. Auch besonders flinke Spione, die ihre Feinde schnell umkreisen oder schnell Harvester übernehmen, sucht man vergebens.
Hinzu kommt die Tatsache, dass praktisch jede Position auch für sich genommen eine recht weites, offenes Areal ist. Es gibt zwar Höhenunterschiede, abgesehen davon ist das Umlaufen dicker Felsen aber das Maximum der Überlegungen. Weil schmale bzw. verwinkelte Gänge fehlen, kann man sich nicht einmal kurz zurückziehen, sei es zum Heilen oder dem Neuordnen der Aufstellung. So weiß man bei den meisten Gefechten quasi im Vorfeld schon, dass der in Überzahl angreifende Trupp das Aufeinandertreffen gewinnt.
Als Free-to-play-Titel ermöglicht Crucible aus dem Spiel heraus das Kaufen von Individualisierungsmöglichkeiten und eines Battle Pass, der u.a. das globale Aufleveln beschleunigt. Außerdem sind direkt über Steam drei Pakete mit verschiedenen Inhalten erhältlich. Spielerische Vorteile erkauft man sich allerdings nicht.
Das ist auf Dauer schrecklich ermüdend, da taktisches Verständnis und geschicktes Bewegen kaum eine Rolle spielen. Das fast komplett fehlende Feedback, wenn man selbst getroffen wird, tut sein Übriges. Stattdessen erlebt man etliche Situationen, in denen ein Team so lange hinter einem Kontrahenten her rennt, bis es ihn endlich auf Null geschossen hat, was sowohl für Flüchtende als auch Angreifer frustrierend ist – schon alleine deshalb, weil das Aufteilen des Teams damit viel zu riskant ist. Und so zieht der komplette Trupp am besten geschlossen von Harvester zu Harvester, bevor er irgendwann den nächsten Schwarm ansteuert. Wobei der Austausch darüber, wohin genau es eigentlich gehen soll, dadurch erschwert wird, dass man in Crucible doch tatsächlich ohne Sprachchat auskommen muss. Wichtige Absprachen sind in diesem „kooperativen“ Shooter also tabu.
Glück im Unglück: Das passt hervorragend auf den Battle-Royale-Modus und das Team Deathmatch. Beide Varianten unterstreichen die Schwächen des Spiels nämlich überdeutlich, weil das profane Geballer dort sogar noch stärker im Vordergrund steht als ohnehin schon.