Die größten Unterschiede stellt man jedoch bei den Defensivoptionen fest, die für eigentlich jede Angriffsaktion einen passenden Gegenzug bereithalten. Vor allem der linken Schultertaste kommt als „Verteidigungs-Hilfe“ eine besondere Bedeutung zu: Mit ihr kann man auf Tuchfühlung zum aktuellen Spieler gehen und versuchen, entweder durch Antizipation oder aber per schneller Reaktion auf die Bewegungs- oder Dribbelaktion des Angreifers zu reagieren. Klappt es, kann man seinen Zug zum Korb unterbrechen oder seinen Laufweg zustellen. Scheitert man, bekommt man im schlimmsten Fall einen Knoten in die Beine gespielt und muss mit ansehen, wie der Kontrahent vorbeizieht oder freie Passbahn zum Spieler hat. Ausgehebelt werden kann die Verteidigung in Paint-Nähe durch Aufposten. Das wiederum kann von Verteidigerseite gekontert werden, indem man sich zur Seite bewegt, während der Angreifer versucht, einen per Körpereinsatz aus dem Weg zu drücken. Hier hat das "Wegziehen des Stuhls" im Idealfall einen Sturz und damit fast automatisch einen Ballverlust zur Folge. Die Timing-basierten Steals und Block-Versuche gehen ebenfalls locker von der Hand und sind hier im Gros erfolgreicher als bei den NBA-Spielen der 2K-Serie. Mitunter wirkt das Geschehen zwar arcadiger als beim langjährigen Primus, aber dadurch sorgt es auch dafür, dass es sich anders anfühlt als bei den Korbjagden von Visual Concepts. Bei der Dynamik und bestimmten Automatismen wie z.B. das Drehen des Angreifers zum Korb nach einem gelungenen Aufposten nehmen sich die beiden nicht all zu viel, wobei 2K definitiv noch vorne liegt und man die etwas zu starken Automatik-Funktionen, die z.B. NBA Live 15 massiv schadeten hier immer noch nicht komplett ausradieren konnte.
Auf einem guten Weg
Auch in der Pro Am Tour kann man mit NBA-Stars auf dem Court stehen.
Dass bei allen Fortschritten immer noch Luft nach oben ist, wie z.B. beim Passspiel, das bei der Konkurrenz direkter vonstatten geht und hier zudem von einer sehr sprunghaften Spielerauswahl leicht geschwächt wird, ist zwangsläufig – Jahre der Stagnation und des Rückschritts lassen sich auch nicht mit einem Jahr Pause komplett egalisieren. Doch EAs Korbjagd hat einiges an Boden gut gemacht und macht mir, der vornehmlich als Gelegenheitsbasketballer unterwegs ist, punktuell sogar mehr Spaß als bei 2K. U.a. weil ich als vornehmlich solo Spielender hier eine stromlinienförmigere Karriere zur Verfügung habe, die die Standardspielmodi wie Franchise oder das für EA Sports obligatorische Ultimate Team ergänzt. Und auch, weil mir abseits des erwähnten Ultimate Team keine Mikrotransaktionen aufgezwungen werden. Zwar setzt man hier auch auf eine graduierliche Verbesserung des in einem ordentlichen Editors erstellten digitalen Alter Egos, das sogar dank entsprechender Mobilapp mit dem eigenen Konterfei versehen werden kann. Doch nach der Wahl der Position und des Spielertyps werden die fünf Bereiche, auf die man nach einem Stufenaufstieg seine Punkte verteilen kann, erst nach und nach freigeschaltet. Da zudem vor allem in der Anfangsphase die Stufen recht freigiebig ausgegeben werden, hat man relativ zügig eine Figur, die zumindest eine veritable Chance hat, es mit den Größen der NBA aufzunehmen.
Auf den Straßenplätzen werden Erinnerungen an die NBA-Street-Serie geweckt.
Insofern man sich überhaupt entscheiden sollte, in der Anfangsphase seiner Karriere um Einsatzzeiten in den heiligen Hallen der NBA-Teams kämpfen zu wollen. Denn alternativ kann man sich auch im so genannten Pro AM Circuit auf Straßenplätzen herumtreiben, um dort nicht nur Erfahrung zu sammeln, sondern auch etwas für seinen Ruf zu tun. Neben einer Hand voll Matches, die bei Erfolg zum Sieg der jeweiligen Trophäe reichen, gibt es noch die gleiche Zahl an besonderen Herausforderungen. Diese beziehen sich meist auf ehemalige NBA- oder Pro-AM-Stars, die auf den echten Courts besondere Meilensteine erreicht haben, die es zu knacken gilt. Dass es unrealistisch ist, jederzeit zwischen einer modifizierten NBA Saison und den Pro-Plätzen wechseln zu können: Geschenkt. Es macht Spaß, sich auf den Teerplätzen in Santa Monica oder New York die Hörner abzustoßen und wichtige Punkte für den Ausbau seiner Fähigkeiten zu erspielen, bevor man am darauf folgenden Wochenende mit den Cleveland Cavaliers (oder dem bevorzugten Team seiner Wahl) gegen die Brooklyn Nets oder die Boston Celtics antritt, die wie alle anderen NBA-Teams sowie die Mannschaften der WNBA voll lizenziert sind. Dass die Geschichte um das „Comeback Kid“, den man verkörpert, arg konstruiert wirkt, nicht so kinoreif inszeniert wird wie bei den Kollegen von Madden oder FIFA und letztlich nur über Social-Media-Dialoge (die man allerdings beeinflussen kann) vorangetrieben wird, ist schade, verringert die Motivation aber nicht so stark, wie ich anfangs befürchtet hatte.