Shining lässt grüßen
Also irre ich durch das menschenleere Hotel und muss die ganze Zeit über an Shining von Stephen King denken. Gerade weil an der Oberfläche alles so höflich und korrekt anmutet, beschleicht mich ein überaus mulmiges Gefühl - zumal die Kommunikation so echt wirkt. Sehr schön ist nicht nur, dass Cooper sich wundert und nachfragt, wenn ich nicht schnell genug ans Ziel gelange. Sie wirkt auch wie ein natürlicher Gesprächspartner, holt immer wieder tief Luft, scheint selbst überaus nervös zu sein. Während sie mit mir spricht, höre ich auch ihre Tippgeräusche - sie sitzt also irgendwo an einem Computer. Ich soll etwas Auffälliges an einer Tür finden, dann brauche ich noch ein Codewort dafür. Wo soll ich es finden? Es gibt keine Zielmarker, keine einblendbaren Hinweise oder leuchtende Gegenstände, lediglich die gesprochenen Anmerkungen, so dass ein angenehm authentisches Suchen beginnt.
Futuristische Farbenrätsel
Die Farbenrätsel werden immer komplexer.
Als ich beides gefunden habe, öffnet sich die Tür und ich gelange laut Cooper zu meiner ersten "Authentifizierungsaufgabe" - allerdings kann sie mich dort nicht erreichen, ich muss die Rätsel also alleine lösen. Hier zeigt
The Spectrum Retreat nach dem stimmungsvollen Erkunden sein Knobelgesicht: Man wandert durch futuristische anmutende Gänge mit leuchtenden Gittern und farbigen Würfeln, was ein wenig an
ChromaGun erinnert - zunächst gibt es nur Orange und Weiß. Mit Hilfe des kreisrunden Handys kann man eine Farbe aufnehmen, um z.B. durch Wände dieser Farbe zu gehen - bei falscher Farbe wird man blockiert. Dabei gilt, dass man die Farben immer direkt tauscht: Ist das Handy also Weiß, wenn man das Orange eines Würfels aufnimmt, wird dieser Weiß. Ziel dieser Aufgaben ist es, vom Start eines Levels an das Ende zu gelangen.
Was zunächst noch sehr einfach ist, wird mit jedem Abschnitt anspruchsvoller. Es gibt immer mehr Hindernisse und das Leveldesign wird verschachtelter: Es kommen Treppen, Nischen, hängende Apparate und schmale Schächte hinzu, durch die man per Sichtkontakt eine Farbe aufnehmen kann - man sollte sich die Architektur also gut ansehen. Man muss in mehreren
Erst wenn man mit seinem Handy eine Farbe aufnimmt, kann man durch Tore entsprechender Farbe gehen - hier braucht man Rot, um links durch das Gatter zu gehen.
Etappen das Weiß und Orange irgendwo aufnehmen sowie clever etwas einfärben, so dass man sich auch eine Reihenfolge einprägen muss. Spätestens wenn auch Brücken, Abzweigungen, mehrere Etagen sowie die Farbe Grün hinzu kommt, wird aus einem simplen Einfärbungsspiel ein komplexes Logikrätsel mit labyrinthischem Flair, das die Gehirnzellen ähnlich wie in
Portal 2,
The Talos Principle oder
The Witness zum Qualmen bringt.
Ab und zu findet man in diesen Gängen allerdings auch bruchstückhafte visuelle Erinnerungen, Dialogfetzen oder auch Texte aus der Vergangenheit wie etwa Atteste, die das eigene Gedächtnis fragmentarisch auffüllen. Hat man alle "Authentifizierungsaufgaben" einer Etage gemeistert, geht es zurück ins Hotel. Und man bemerkt erste Veränderungen: Plötzlich hängen ganz andere Bilder an den Wänden, die gar nicht mehr nach Art déco aussehen, sondern wie verschwommene Handybilder, die private Familienfotos und Ähnliches zeigen. Je weiter man spielt, je mehr Etagen mit Rätseln man meistert, desto mehr erfährt man über sein eigenes Leben und dieses Hotel - allerdings wiederholen sich dabei auch viele Laufwege, zumal man kaum interagieren kann. Gleichzeitig zieht die Dramaturgie allerdings an, indem Cooper immer nervöser und die Hotelroboter immer bedrohlicher werden. Trotzdem bleibt es bei diesem gefühlten Bruch zwischen der Erkundungs- sowie Rätselebene, zumal es in Letzterer keine Kommunikation gibt. Auch wenn die Story diese beiden getrennten Erlebnisse mit der Zeit verknüpfen kann, wird man erzählerisch nicht so tief ins Geschehen gezogen wie etwa in
The Talos Principle oder gar in
What Remains of Edith Finch.