Gefährliche Droge
Die Handlung von Broken Porcelain knüpft nicht nur einfach an den Vorgänger an, dessen Ereignisse man sich in einer gelungenen Video-Zusammenfassung vor dem Spielstart zu Gemüte führen kann. Stattdessen fungiert der zweite Teil der Reihe gleichermaßen als Prequel und Sequel. Zwar spielt mit Rosemary Reed auch die Protagonistin des Vorgängers und ihre Suche nach der vermissten Celeste Felton eine Rolle, doch übernimmt man zu Beginn die Kontrolle über die bisher unbekannte Figur Jennifer – ein junges Mädchen, das in den 70er Jahren und damit vor den Geschehnissen des Vorgängers als Dienstmädchen im abgelegenen Hotel Ashman Inn arbeitet, welches Parallelen zum Overlook Hotel aus dem Stephen-King-Klassiker The Shining aufweist.
Mit der gefährlichen und experimentellen Droge Phenoxyl, dessen Inhaltsstoffe aus Motten gewonnen werden und das Menschen in willenlose, aggressive Marionetten verwandeln kann, wird thematisch schnell wieder ein Bogen zum Vorgänger geschlagen. Allerdings leidet die Geschichte gleich an mehreren Problemen: Zum einen ist die Inszenierung mit abrupt endenden Zwischensequenzen, die oft wie störende Fremdkörper wirken, völlig amateurhaft. Die hölzernen Figuren tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei: Sie wurden nicht nur billig animiert, sondern in ihren starren Gesichtern ist kaum eine nennenswerte Mimik zu erkennen. Daher wirken sie häufig eher wie Puppen anstatt realer Personen. Überhaupt zählen Technik und Präsentation nicht zu den Stärken von Broken Porcelain: Zwar ist die Bildrate auf dem PC meist hoch und flüssig, doch die Kulisse mit ihren schwachen Texturen, dem simplen Beleuchtungssystem und vereinzelten Pop-ups ist billig. Hoffnungsvolle Ansätze gibt es beim Soundtrack, der in seinen besten Momenten für eine beklemmende Atmosphäre sorgt, mit viel zu kurzen Loops, einer nervtötenden "Gesangsspur" und plötzlichen Abbrüchen gleichzeitig aber als Stimmungskiller agiert.
Wirre Zeitsprünge
Phenoxyl: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Katastrophal ist aber auch die Struktur der Geschichte: Genau wie in der ursprünglichen Version von Beyond: Two Souls springt die Handlung auch hier wild durch verschiedene Zeitstränge, Schauplätze und Figuren, bis man irgendwann komplett den Durchblick verliert. Dazu gesellt sich eine fragwürdige Charakterentwicklung, wenn z.B. die zickige Jennifer ihre Kollegin Lindsay bei der ersten Begegnung dumm anschnauzt, beide gefühlt fünf Minuten später aber zu besten Freundinnen mutieren und große gemeinsame Pläne schmieden. Unglaubwürdiger geht es kaum! Hinzu kommen die unterdurchschnittlichen Leistungen der englischen Synchronsprecher, die mit ihren teils übertriebenen Darbietungen (Stichwort: Over-Acting) viele ernst gemeinte Momente in eine lächerliche Komödie mit einem Anflug von Fremdschämen verwandeln – und das zum Teil auch noch schlecht abgemischt. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es übrigens nicht und man muss sich mit Untertiteln begnügen, die es mit der Groß- und Kleinschreibung manchmal nicht so genau nehmen. Manche Menüpunkte im Spiel wurden sogar erst gar nicht übersetzt und die englischen Begriffe einfach beibehalten.
Horror im Spieldesign
Für kontextsensitive Aktionen wie "Verstecken" muss man sich teilweise ganz genau positionieren. Ansonsten taucht das wichtige Knopf-Icon für die Interaktion einfach nicht auf.
Die spielerischen Schwächen sind sogar noch eklatanter, denn vor allem das Katz- und Mausspiel gegen die Verfolger - und damit eines der zentralen Spielelemente - ist eine spaßbefreite Zumutung. Das hat gleich mehrere Gründe: Zum einen sind die Verfolgungsjagden unfassbar dröge, weil sich die KI erschreckend dämlich anstellt! Die direkte Konfrontation erweist sich dagegen als keine gute Idee, denn oft muss man viel Prügel einstecken, bevor es einem endlich gestattet wird, den Verteidigungsgegenstand in einem Reaktions-Minispiel einzusetzen. Zudem passiert es häufig, dass man in dem Handgemenge in eine Ecke gedrängt wird, aus der man sich einfach nicht mehr befreien kann - auch weil das Ausweichen auf Knopfdruck nur sporadisch funktioniert. Gleichzeitig spielt einem in diesen Situationen häufig noch die Kamera einen Streich und positioniert sich so dermaßen miserabel, dass die Übersicht komplett verloren geht.