Tausend Tode
Es braucht keine filmische Einführung. Man erwacht in einem kybernetischen Körper, mit einer scharfen Klinge in der Hand und einer sonoren Stimme im Ohr, die prompt das Ziel vorgibt: Man wird bereits gesucht, soll gleichzeitig aber Rache nehmen – in einer postapokalyptischen Welt bzw. einem riesigen Turm, der eine komplette Stadt beherbergt. Dass „Freiheit“ und „Individualität“ in diesem dystopischen Moloch keine nennenswerte Rolle spielen, versteht sich von selbst. Höchste Zeit also der Chefin des Ganzen, Keymaster Mara, den Garaus zu machen.
Ghostrunner ist aber kein Erzählspiel, weshalb die Geschichte nur nebenher erzählt wird. Vielmehr ist Ghostrunner eine beinharte Herausforderung mit zahlreichen Toden und blitzschnellen Neustarts. Immerhin stand
Hotline Miami nicht nur hier Pate, sondern schon bei
God's Trigger, dem letzten Spiel von Entwickler One More Level. Man wird also erschossen, merkt sich von wem, beginnt von vorn und versucht es besser zu machen. Weil die Gegner dabei absurd flink und präzise sind, darf man sich praktisch keine Fehler erlauben. Denn jeder Treffer ist tödlich und die Widersacher sind so verschieden, dass man fast immer mehrere Gefahren erfassen und umgehen muss.
Wenn das Timing erst mal stimmt...
"Wichtigster" Kniff: Mit der Taste für den Neustart kann man während des Spielens das Schwert begutachten oder umher wirbeln - was direkt vor einem Kill besonders lässig wirkt.
Weil man selbst nur ein Schwert mit sich führt, kann man die Feinde zudem nicht gemütlich aus der Entfernung in die futuristischen Jagdgründe schicken, sondern kommt um die direkte Konfrontation nicht herum. Ein einzelner Hieb reicht dann ja meistens aus – den muss man aber erst mal setzen können. Und damit das gelingt, rennt und schwingt man elegant durch die erfreulich abwechslungsreichen Räume.
Immerhin spaziert das kybernetische Alter Ego nicht nur an Reklametafeln oder Häuserwänden entlang, sondern zieht sich über ein Lasso auch an Greifhaken heran. Hält man die Taste zum schnellen Gleiten gedrückt, weicht man außerdem in Zeitlupe aus. Man rutscht über den Boden, schlägt ankommende Projektile mit dem Schwert fort und sammelt nicht zuletzt Erweiterungen auf, mit denen man kurz die Zeit verlangsamt, besonders hoch springt oder Wurfsterne auf Schalter schießt.
Überwindet man an einer Art Schienen tiefe Abgründe, erinnert das sogar an
BioShock Infinite – vor allem aber kombiniert man das alles, weil man dank der unmenschlich flotten Gegner fast immer in Bewegung sein muss. Gerade am Anfang ist das flüssige Ineinandergreifen aller Aktionen dabei kein Leichtes, auch wenn die meisten Fähigkeiten im Laufe der Zeit erst hinzukommen. Es dauert jedenfalls eine ganze Weile, bis man Spiel und Steuerung so versteht, dass man beides aus dem Effeff beherrscht. Stimmt das Timing erst mal, fühlt es sich aber großartig an die starken Gegner akrobatisch zu überwältigen!