Sport auf Schienen
Doch dann stellt man fest, dass Big Ant die grundlegenden Probleme der Spielmechanik gar nicht beseitigt hat. Vielmehr wird in der Karriere deutlich, dass fast allen Schwächen des Vorgängers noch enthalten sind und bei Stars mit hohen Werten lediglich Programmhilfen so greifen, dass eine nachvollziehbare Dynamik entsteht. Die größte Schuld daran hat wie schon im Vorgänger das extreme Einschränken der Bewegungsfreiheit, denn die bewegt das Alter Ego entweder von selbst in eine Richtung oder verhindert gar gewünschte Bewegungen. Selbst bei angeblich abgeschalteter Bewegungshilfe kommt es deshalb zu Situationen, in denen die Figur einfach am Platz sehen bleibt, obwohl man sofort nach einem Schlag den Analogstick in die entsprechende Richtung drückt.
Häufig hoppelt der Superstar etwa seitwärts an der Grundlinie entlang, anstatt in die Ecke zu rennen, in die man den Return kommen sieht – im ersten Satz, wohl gemerkt, also bei voller Leistungsbereitschaft. Inside-Out-Schläge kann man aus diesem Grund fast komplett vergessen, denn die Profis bewegen sich vor allem bei Bällen, die mittig auf sie zukommen partout nicht vom Fleck. Erst im letzten Augenblick versetzt sie das Spiel – meistens jedenfalls – plötzlich so, dass sie mit der Vorhand schlagen. Ob man tatsächlich etwa ans Netz will oder nicht, spielt ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle – und vieles, vieles mehr!
Immer im Winkel
Ein Tipp für dynamischere Ballwechsel: Erhöht im Menü die Geschwindigkeit der Bälle auf allen Belägen. Das sorgt für einen zumindest etwas glaubwürdigeren Flow.
Zu allem Überfluss gibt es nicht für alle Situationen die benötigten Animationen, sodass der Eindruck, die Figur tut nicht, was man vorgibt, nur verstärkt wird. So kommt es z.B. vor, dass das Alter Ego mitten im Sprint stehenbleibt, anstatt den Schläger wenigstens in Richtung Ball zu strecken. Lässt man sich auf diese „Beifahrer-Simulation“ ein, schlägt man natürlich auch hier wuchtige Winner und erlebt gelegentlich spannende Ballwechsel. Nur sorgt die starke Automatisierung auch dafür, dass das immer gleich aussieht. Zudem knallt man selbst am Anfang der Karriere den Filz ständig in die äußersten Winkel.
Interviews und Social-Media-Mitteilungen bringen ein wenig Farbe in die Karriere - spielerisch wertvolle Inhalte wie z.B. stimmungsvolle kleine Plätze für den Karrierestart fehlen aber nach wie vor.
Das Schlimme ist: Man fühlt sich wie ein Beobachter. Wie ein Schüler, der unbedingt nachmachen muss, was der Lehrer anzeigt. Man muss natürlich zusehen, dass man das Geforderte auch richtig tut, denn sonst gehen eigene Bälle ins Aus. Die Illusion selbst Tennis zu spielen, entsteht so aber nie. Eine Dynamik, bei der man Gegnern die eigene Spielweise aufzwingt, schon gar nicht. Nun gibt es viele dieser Hilfen und Ungenauigkeiten in fast allen Tennis-Spielen. In AO Tennis 2 sind sie allerdings so stark ausgeprägt, dass sie dem Spielgefühl massiv schaden.
Nach dem Match ist vor dem Match
Die Karriere gewinnt ja weder durch das Abklappern immer gleich aussehender Turniere noch die trockenen Multiple-Choice-Pressekonferenzen oder Social-Media-Tweets nach jedem Match an Schwung. Das Fan-Feedback und die Pressekonferenzen sind zwar gute Ergänzungen, werten die grundlegend trockene Präsentation aber insgesamt kaum auf. Stattdessen hätten einzigartige, von Hand gemachte kleine Plätze, wie man sie z.B. aus Top Spin kennt, den Turnieren zu Beginn der Laufbahn sehr gut getan. Motivierend ist das stete Erweitern des Teams, indem man Preisgelder für Personal ausgibt, welches u.a. die Regeneration nach Turnieren verbessert. Seltsam wirkt nur erneut die Tatsache, dass man auch bessere Fähigkeiten schlicht hinzukauft.
Online ergeben sich dank der Unvorhersehbarkeit menschlicher Kontrahenten zum Glück etwas abwechslungsreichere Partien. Aber auch da bestimmt das starre Bewegungskorsett den Großteil der Ballwechsel. Nach wie vor ist der Aufschlag zudem sowohl hier als auch gegen die KI eine Idee zu mächtig, sobald man das Timing einmal verinnerlicht hat. Könnten reale Gegner darauf reagieren, in welche Richtung der Aufschlag geht, müssen sie hier schon vor dem Schlag relativ weit in die entsprechende Ecke laufen, was mehr mit einem Ratespiel als mit Tennis zu tun hat.