Crashkurs
Das 2D-Shoot’em-Up war in der Gründerzeit der Telespiele das Genre schlechthin. Von Spacewar! (1962) bis
Space Invaders (1978) - die wichtigsten Schlachten dieser prägenden Frühphase wurden im All ausgetragen. Anschließend katapultierten Konami und Irem das Genre in neue Spielspaßdimensionen, mit
Gradius und
R-Type. Dazu gesellten sich früh Capcoms vertikale Kriegsshooter, dann Seibu Kaihatsus Sci-Fi-Ballerspiele und irgendwann auch die Kugelfluten von Toaplan, Cave und Raizing. Das Ausnahmestudio Treasure lieferte mit
Radiant Silvergun,
Ikaruga und
Gradius 5 gleich drei Titel für die Ewigkeit ab, andere Sterne wie der von Aicom (Pulstar) oder G.rev (
Under Defeat) leuchteten nur kurz, dafür umso heller.
Shoot’em-Up-Liebhaber, die ihr Genre gerne mit STG oder Shmup abkürzen, hatten stets besondere Lieblingskonsolen: Anfangs NECs PC Engine, dann Segas Mega Drive plus Saturn und schließlich, man glaubt es kaum, die Xbox 360. Obwohl sich Microsofts zweite Konsole in Japan schlecht verkaufte, gibt es für die Plattform eine Vielzahl herausragender 2D-Ballerspiele, vor allem Cave setzte viele seiner Arcade-Perlen um. Seit ein paar Jahren schickt sich die Switch an, die beste Alternative zu Steam und der auf PC florierenden Doujin-Szene zu werden. Und da passt es ganz hervorragend, dass Dezatopia, das erste Shoot’em-Up-Highlight des Jahres 2020, nicht nur via Steam, sondern seit Mitte März auch für Nintendo Switch erhältlich ist.
Angenehm anders
Die Endgegner sind angenehm vielgestaltig: In dieses gigantische Gefährt kann man sogar hineinfliegen.
Über 30 Jahre nach
Gradius ist es beileibe nicht einfach, einen horizontalen 2D-Shooter zu programmieren, dessen Spielideen und Mechaniken sich frisch und unverbraucht anfühlen. Dem Indie-Entwickler HEY ist es dennoch gelungen! 2016 zunächst als Momoiro Underground über den japanischen Crowdfunding-Dienst Makuake finanziert, gelangt das Spiel nun, dezent aufgebrezelt und mit neuer Musik unterfüttert, als Dezatopia in die westlichen Digitalstores Steam und Nintendo eShop. Zum Start überfordert einen der Titel beinahe mit seinem ausführlichen Tutorial: Doch Zusehen und Einprägen statt Wegdrücken lohnt sich, im Schnelldurchlauf erfährt man alles Nötige zu den vier Bordwaffen, Smartbombs, Punktesystem, Power-Ups, Punkte-Items & Co. Dezatopia ist dabei angenehm komplex, ohne die Action mit unverständlichen Mechaniken zu überfrachten. Am wichtigsten sind die vier Schüsse, die von Anfang an verfügbar sind: Die vier Front-Tasten des Switch-Controllers sind den vier Kanonen zugeordnet. Der rechte Button feuert nach rechts, der obere nach oben, usw. Wer alle vier Waffen gleichzeitig aktiviert, kann zwar Feinde in allen Himmelsrichtungen erwischen, büßt dafür aber massiv an Fluggeschwindigkeit ein. Ein ausgefeiltes System! Zudem wird jede Waffe schwächer, je länger man sich durchgehend nutzt - es ist also sinnvoll, eine Kanone für zwei, drei Sekunden neu aufladen zu lassen, um erneut von der vollen Feuerpower zu profitieren.