Rätsel zum Verlieben
Ein Hauch von Anime: Der Look der Figuren bringt einen Anflug von Ghost in Shell ins Artdesign.
Vor allem die Rätsel sind dabei die große Stärke des Action-Adventures. Immer wieder wird meine Kombinationsfähigkeit gefordert, etwa wenn ich den Inhalt von Wasserbehältern ausgleichen oder die Spannung eines Stromkreises per Schalterrätsel konfigurieren muss. Die abwechslungsreichen Aufgaben sind logisch und fügen sich richtig gut in den Spielfluss ein, fordern aber manchmal eine gute Kombinations- und Beobachtungsgabe. Richtig cool ist die Einbindung eines Radio-Empfängers, den ich im Inventar frei auf Langwellen-Frequenzen einstellen kann. Immer wieder muss ich die richtigen Frequenzen nutzen, um etwa Codes für Tresore zu erhalten, oder mit Melodien Behälter oder Türen zu öffnen. Die Rätsel werden dabei visuell wie in klassischen Render-Adventures aus der Ego-Perspektive in Szene gesetzt und erinnern mich dabei stark an Myst, Zork Nemesis oder Atlantis. Der haptische Eindruck von gedrückten Schaltern und aufleuchtenden Code-Eingabefeldern tut sein Übriges, um mich auch visuell zu faszinieren. Das ist richtig stark und hat für mich jedes Rätsel in ein echtes Highlight verwandelt.
Der Kampf von Signalis ist wie früher aber eher rudimentär, ich ziele mit der Knarre auf die Zombie-Replikanten, warte bis sich das Fadenkreuz verengt und drücke im besten Moment ab. Dabei spannend: Die Liebe von Rose-Engine ging tatsächlich so weit, auch die Streichholz-Mechanik aus Resident Evil zu übernehmen. Die Zombie-Replikanten sind nur dann endgültig außer Betrieb, wenn man sie mit einer Thermit-Fackel endgültig zu Bio-Elektroschrott verbrennt. Das ist nett, angesichts des mit wenigen Ausnahmen aber eher überschaubaren Schwierigkeitsgrades von Signalis sehr selten wirklich nötig. Meist reicht es nämlich, einfach um die kreischenden Viecher herum zu navigieren – aufgrund der Platzknappheit habe ich weite Teile der Station sogar ganz ohne Waffe bereist.
Was für ein Artdesign
Die Rätsel werden in Ego-Ansicht dargestellt, was an alte Grafik-Adventures wie Myst erinnert.
Die echten Stars des Sci-Fi-Horrors sind für mich aber vielmehr die grandiose Kulisse und das fantastische Sounddesign. Die Kulisse glänzt mit ihrem pixelig-kantigen Neunziger-Charme, der die PS1-Ära so darstellt, wie ich sie in Erinnerung habe. Schöne Animationen, hübsche Lichteffekte, stimmungsvoller Schattenwurf und schicke Reflektionen erzeugen ein künstlerisches Gesamtbild, das ich wirklich wahnsinnig ansprechend finde. Dazu kommt, dass Signalis nicht nur bei Rätseln, sondern auch in Rückblenden teilweise in die Ego-Sicht wechselt. Dann steure ich Elster nämlich direkt durch eine wunderbar rückwärtsgewandte 3D-Kulisse, die mit spannenden Formatwechseln ebenfalls zum starken Gesamteindruck des Spiels beträgt.
Das zu jeder Zeit extrem stilsichere Artdesign veredelt die Technik. Plakate, Räume, Gegner, Rätsel – wirklich alles passt in seinem retrofuturistischen Sci-Fi-Look richtig gut zur Kulisse. Selbst Inventar, Karte und Co. sind bis ins letzte Detail durchdesignt und entsprechen flackernden CRT-Bildschirmen die manuell durchgeschaltet werden. Das verbessert nicht unbedingt die Lesbarkeit der Elemente, erzeugt aber ein unheimlich stimmiges Gesamtbild. Wann gab es schon mal einen Bluescreen bei einem Bildschirmtod? Eben! Klar ist aber auch: Das alles ist extreme Geschmackssache. Wer von Kanten und Pixeln abgestoßen wird, der wird hier eher nicht glücklich. Ich persönlich finde den Look von Signalis aber wirklich wahnsinnig gut.
Der starke Sound flankiert den visuellen Eindruck mit einem grandiosen Soundtrack aus der Feder von Cicada Sirens & 1000 Eyes der zwischen atmosphärischen Streichern, Retro-Synths und teils fies-metallischen Elektro-Sounds laviert. Diese Kombination aus visueller Retro-Pracht, Musik und kreischenden Zombie-Sound erzeugen eine Atmosphäre, für die man einen Laser-Schneider bräuchte. Kombiniert mit den teils komplett bizarren Rückblenden und Erinnerungs-Einwürfen wird Signalis so zum Teil zu einem psychologischen Grenzgang, der die Minen-Hölle von Sierpinski-23 zu einem intensiven Horror-Erlebnis macht.