Test: Mafia: Definitive Edition (Action-Adventure)

von Benjamin Schmädig



Entwickler:
Publisher: 2K
Release:
25.09.2020
25.09.2020
25.09.2020
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Steam), Einzelhandel
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Steam), Einzelhandel
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Dazu könnte etwa gehören, dass man als Tommy Türen nicht nur öffnen, sondern auch aktiv schließen kann oder gar Schlösser knacken muss. Nicht ohne Grund war beides in Mafia 2 schon möglich. Dazu könnte auch gehören, dass man öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann – das ging sogar im Original bereits und was habe ich die Ausflüge in der Hochbahn genossen! Dazu könnte weiterhin gehören, dass man ein auf den Kopf gekipptes Auto nicht plump vom Lenkrad aus per Knopfdruck wieder auf die Räder dreht.

Es gibt keine Tankstellen, keine Autowerkstätten, keine Läden zum Kaufen neuer Anzüge… Warum existiert in dem Remake eines Spiels, das um ein glaubhaftes Szenario bemüht ist, praktisch keine Interaktion, die das Szenario haptisch greifbar macht, obwohl sowohl das Original als auch dessen Nachfolger viel mehr boten?

Heiße Hunde und kalter Kaffee?

Zu allem Überfluss kommen technische Schwächen hinzu, die besonders auf PlayStation 4 ärgerlich sind. Vor allem auf der Konsole fallen nämlich einige dermaßen spät auftauchende Objekte ins Auge, dass man in manchen Augenblicken glatt aus der Illusion gerissen wird. Gras taucht z.B. direkt vorm Auto erst auf und entgegenkommende Fahrzeuge auch auf PC dermaßen spät, dass sich die Wagen quasi direkt aus dem Asphalt schälen. Hinzu kommen grafische Fehler wie in der Luft hängende Vehikel und Charaktere oder solche, die in Wände hinein rutschen. Auffallend oft reagiert das Spiel außerdem zu spät das Erreichen einer Position, an der es eine bestimmte Aktion auslösen soll, was zu seltsamen Wartezeiten oder fehlerhaften Handlungsabläufen führt.

Und leider ist das nicht alles. Zumindest verstehe ich nicht, weshalb an keinem einzigen Hotdog-Stand ein Verkäufer steht und wieso praktisch kein Geschäft geöffnet hat. Abgesehen davon verhalten sich sowohl die Polizei als auch viele Passanten auf nicht nachvollziehbare Art und Weise, denn während Letztere gerne minutenlang fast regungslos geradeaus starren, rückt Erstere mitunter aus, obwohl man kein Vergehen begangen hat – lässt sich dann aber viel zu leicht abschütteln oder erkennt Tommys Fahrzeug, obwohl die Verfolgung des vorherigen Wagens längst abgeblasen wurde. Es ist gut, dass die Polizei überhaupt Vergehen ahndet, zu denen auch das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit zählt. Insgesamt befindet sich das Figurenverhalten aber auf einem sehr biederen Niveau.

Leider lassen vor allem Interaktion und Figurenverhalten stark zu wünschen übrig.
Leider lassen vor allem Interaktion und Figurenverhalten zu wünschen übrig. Dass Menschen stundenlang nur geradeaus starren ist ebenso seltsam wie Polizisten, die sich durch schnelles Laufen abhängen lassen.
Man hätte Tommy zudem ein Zuhause spendieren können, denn die Wege von dort in Salieris Bar und zurück sowie gerne auch private Ausflüge hätten dem Spiel womöglich eine lebendige Dynamik verliehen. Stattdessen verlässt sich das Remake auf eine aus heutiger Sicht starre Aneinanderreihung von Missionen, in denen Tommys Alltag praktisch keine Rolle spielt. Selbst die neuen, teils spielbaren Episoden mit seiner Frau sind unterm Strich nur knappe Randnotizen.

Cineastischer Anspruch

Trotz des vernachlässigten Drumherums haben die überarbeiteten Missionen selbst aber ihren Reiz. Immerhin erlebt man innerhalb vieler Einsätze eine Entwicklung, die denen langer Filmsequenzen gleicht. Das gibt es inzwischen nicht nur in anderen Spielen, sondern auch in besserer Form. Trotzdem ist die Art und Weise, mit der abwechslungsreiche Ereignisse von einfachen Taxifahrten über unerwartete Schießereien bis hin zu halsbrecherischen Verfolgungsjagden eine ständig steigende Spannungskurve erzeugen, nach wie vor unterhaltsam.

Um dem cineastischen Anspruch gerecht zu werden, wechseln die Tageszeiten dabei nicht, sondern sind stets vorgegeben, während im Radio oft einzigartige Sendungen statt einer zufälligen Musikauswahl zu hören sind – in solchen Momenten ist Mafia klasse. Man darf nur nicht den Fehler machen und dorthin fahren, wo der Moderator einen Stau ansagt, denn den gibt es gar nicht. Wie gesagt: Die Fassade ist ungemein stimmungsvoll. Es steckt nur partout nichts dahinter.

Kommentare

Tiny Tina schrieb am
Einen Hot Dog Stand hab ich gefunden bei dem ein Verkäufer dabei war.
Bei der Mission auf dem Dampfschiff gibt es einen, kurz bevor man das Schiff betritt steht der da herum.
Brian the Fist schrieb am
Bin jetzt durch und hatte es vorher noch nicht gekannt. Ich habe es auf der X gespielt und keine Probleme gehabt. Mir hat es gut gefallen. Ansiedeln würde ich es, in meiner Wertung, zwischen 72 -78. Gute Atmosphäre, Grafik war auch gut. Steuerung beim Kampf bischen haklig (erinnert an RDR 2). Umfang genau richtig. Ich fand es angenehm keine Anzüge zu wechseln und ähnlichen Schnickschnack. Musik und Radio hat mich gut in die Zeit versetzt. Deutsche Synchro war ok, da ist noch Luft nach oben. Die Autofahrerei hat mir besser gefallen als bei L.A.Noire. Die Kulisse hat mir extrem gut gefallen.
Schwierigkeitsgrad angenehm. Ich kann es empfehlen und mache jetzt mit Mafia II weiter.
andi_hansdampf schrieb am
na, da hat sich wohl der herr schmädig vor dem schreiben des artikels nicht nur das obligatorische rauchwerk, sondern wohl auch ne pilzpfanne reingezogen.
ansonsten schliess ich mich dem kommentar der "biermaschine" an.
listrahtes schrieb am
Ich würde es mir ja gerne anschauen aber das sie die Hochbahn gestrichen haben kann ich einfach nicht akzeptieren.
Die hat damals extrem zur Athmosphäre beigetragen. Habe damit bewusst einige Missionen gemacht oder konnte dank der Hochbahn mal von Polizei entfliehen.
Dann das die Verkehrsregeln mit Status so nicht mehr existieren. Auch das hat ungemein zur Athmosphäre beigetragen.
Sind so zwei Punkte die das Remake für mich disqualifizieren auch wenn es ansonsten deutlich besser klingt als der 4P Test angibt.
Some Guy schrieb am
darktrym hat geschrieben: ?11.10.2020 23:45 Sam wird zum Intrigranten, Pauli zum Trottel, Don zum verlogenen Psychopathen.
Gerade das habe ich komplett anders empfunden und fand ich extrem gut erneuert.
Spoiler
Show
Der Don ist kein Psychopath sondern bemerkt, dass ihm seine Machtposition langsam aus den Händen gleitet. Er ist an einigen Stellen drauf und dran alles zu verlieren und tut alles mögliche um seine Position zu erhalten. Von Anfang macht er im Grunde ja schon klar dass die Anzahl der Leute denen er vertraut sehr überschaubar ist und als dann das Geld langsam ausgeht war es auch nachvollziehbar dass er da jede helfende Hand annimmt und seine Leute ausnutzt.
Sam habe ich nicht als böswillig empfunden sondern als jemand, der sich als Nachfolger der Familie empfunden hat und entsprechend gehandelt hat. So wie er mit dem Don zusammengearbeitet hat fand ich es nachvollziehbar, dass er Tommy eher als Konkurrenz empfunden hat und alles dafür getan hat, dass alles nach den Wünschen des Dons weiterläuft. Als sich dann abgezeichnet hat dass Paulie und Tommy Tendenzen haben sich vom Don zu lösen ist das für ihn dann natürlich wie eine Ohrfeige, weil seine ganze geplante Zukunft zusammenbricht.
Paulie habe ich auch überhaupt nicht als Trottel empfunden sondern fand den Charakter extrem gut humanisiert. Es wird viel über ihn gelacht nach dem Motto "Als ob so einer wie er jemals eine Frau bekommt" usw. so dass man ihn teilweise als Witzfigur wahrnimmt, aber genau das wurde dann ja als Zündstoff für das Finale thematisch genutzt und das hat meiner Meinung nach super funktioniert. Im Gegensatz zu Sam hatte er Angst davor dass Dinge einfach so weiter laufen wie bisher weil er eben nicht dieses tragische Ende eines ewigen status quo finden wollte, das Leute ihm immer prophezeit haben. Dieser Wunsch nach Veränderung treibt ihn dann letztendlich auch zum Verrat. Dass ihn seine Situation ärgert hat sich am Anfang mit seinen "Paulie Minuten" wo er dann Leute halbtot geschlagen...
schrieb am