Retro ist modern
Retro-Fans haben mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, alte Spiele zu erleben, selbst wenn die Original-Plattformen nicht mehr zu Hand sind: Neben der rechtlichen Grauzone in Form von Emulatoren finden sich mittlerweile eine Reihe von offiziellen Mini-Replika klassischer Konsolen samt vorinstallierter Bibliotheken, Retro-Sammlungen wie zuletzt Turrican Flashback (
zum Test) und nicht zu vergessen Plattformen wie
Good Old Games (GOG). Das US-Unternehmen
Analogue feierte zudem große Erfolge mit seinen hochwertig produzierten und modernisierten Neuauflagen, darunter das Super Nintendo (SuperNT) und Segas Mega Drive (Mega Sg), bei denen man seine Originalspiele und Peripherie weiterverwenden konnte.
Ein ähnliches Konzept verfolgt
Polymega: Auch hier kommen die ursprünglichen Datenträger von damals zum Einsatz statt ROM-Dateien wie im Fall der Mini-Konsolen. Genau wie beim RetroN 5 von
Hyberkin spezialisiert man sich dabei aber nicht nur auf eine Plattform, sondern will gleich mehrere Retro-Systeme in einem Gerät vereinen. Sowohl auf der Verpackung als auch der offiziellen Webseite heißt es, dass schon die Basis-Einheit eine Kompatibilität zu 15 Disk-basierten Oldie-Plattformen aufweist. Durchforstet man die Webseite weiter, wird es konkreter: Polymega unterstützt demnach Disks von der ersten PlayStation, der Mega-Drive-Peripherie Mega-CD, Segas Saturn, TurboGrafx/PC-Engine-CD und Neo Geo CD. Damalige Regionalcodes spielen hier keine Rolle, denn das Gerät spielt sowohl hiesige PAL-Versionen als auch die Titel aus den USA und Japan anstandslos ab. Gleichzeitig liefert dies die Erklärung, warum der Hersteller statt fünf Systemen fünfzehn nennt, denn er listet die drei regionalen Ausführungen jeder Konsole separat. Nicht dabei ist leider eine Kompatibilität zum 3DO, was sich schon alleine angesichts von Highlights wie Need for Speed, Gex oder Super Wing Commander gelohnt hätte. Auch Exoten wie Commodores Amiga CD32, das CD-I von Philips oder Ataris Jaguar CD werden leider nicht unterstützt. Allerdings werden potenzielle Updates in Aussicht gestellt, um die Kompatibilität nachträglich aufzubohren. Eine klare Absage gibt es hingegen für eine Unterstützung con moderneren Plattformen wie PS2, PS3, GameCube und Wii. Der Name Dreamcast, für viele sicher eine enorm attraktive Vorstellung, wird bedauerlicherweise mit keinem Wort erwähnt.
Modul-Upgrades via...Modul
Das Polymega hat ein externes Netzteil. HDMI- und USB-Kabel gehören zusammen mit einem Controller ebenfalls zum Lieferumfang.
Neben CD-basierten Oldie-Konsolen gestattet Polymega mit einem modularen Upgrade-System die Erweiterung der Kompatibilität auf Plattformen wie das NES, Super Nintendo, Mega Drive und die PC Engine, in denen Spiele bekanntlich auf Modulen bzw. HuCards ausgeliefert wurden. Praktisch: Diese Upgrade-Module bieten zusätzlich zu den beiden USB-Ports der Basis-Einheit zwei weitere Anschlüsse zur Verwendung der damaligen Original-Controller. Gleichzeitig befindet sich im Lieferumfang ein dazugehöriger Controller mit dem entsprechenden Stecker, der damit sogar an der Original-Konsole verwendet werden kann. Der Nachteil dieser Herangehensweise: Im Gegensatz zur Basis-Einheit verfolgt Playmaji bei diesen Modulen nicht länger den universellen Ansatz, sondern bittet für die einzelnen Systeme separat zur Kasse und verlangt pro Upgrade knapp 100 Euro. Leider konnte uns der Hersteller für den Test keines der Module zur Verfügung stellen und wir konnten die Funktion nicht ausprobieren. Prinzipiell klingt das modulare Konzept super. Hegt man allerdings Liebe für viele Retro-Plattformen, wird das ein teurer Spaß, zumal sich schon das Basis-Gerät bei einem happigen Preis von 499 Euro in den gleichen Regionen bewegt wie PlayStation 5 und Xbox Series X. Das muss man sich tatsächlich erstmal auf der Zunge zergehen lassen und realisieren! Das Polymega richtet sich angesichts der Preisgestaltung also eher an eine gut betuchte Kundschaft oder Hardcore-Retro-Fans, die ihr Geld vielleicht lieber in alte statt moderne Spielerfahrungen investieren wollen. Selbst in Anbetracht der Tatsache, dass die Preise für alte Konsolen und Spiele bei Ebay & Co langsam anziehen und Polymega neben der ausgehebelten Regionalsperre noch andere Annehmlichkeiten mitbringt (dazu später mehr), erscheinen die angesetzten 499 Euro doch etwas zu hoch gegriffen und dürfte viele Fans vom Kauf abschrecken. Zusammen mit den Aufschlägen für weitere Module landet man schließlich endgültig in Preisregionen, in denen die Retro-Liebe der Vernunft und einem Kopfschütteln weichen muss.
Lieferumfang
Ein modulares System ermöglicht den Zukauf weiterer Komponenten, um die Kompatibilität zu weiteren Plattformen zu ermöglichen.
Aber was bekommt man überhaupt für sein Geld? Neben dem Basisgerät befinden sich noch ein Controller samt USB-Ladekabel (Typ B, 1m) und Wireless-Dongle, ein Standard-HDMI-Kabel (2m) sowie ein externes Netzteil in der Verpackung. Die Basis-Einheit bringt ein Gewicht von etwa einem Kilogramm auf die Waage, fällt trotz gleicher Bauhöhe aber einen Tick kleiner aus als das Ur-Modell der PlayStation 2. Während man an der Vorderseite im unteren Bereich das Slot-In-Laufwerk samt Auswurf-Taste, zwei USB-Eingänge und den Knopf zum Einschalten findet, gibt es auf der Rückseite den Eingang für das Netzteil, einen HDMI (1.4)-Ausgang, eine Buchse zum Anschließen eines LAN-Kabels und einen Leser für Micro-SD-Karten, mit denen man den internen Speicher erweitern kann. Dort ist eine Nano-SSD mit einer Kapazität von 32 Gigabyte verbaut. An der Unterseite findet man außerdem eine verschraubte Plastikabdeckung, hinter der sich Anschlussmöglichkeiten für moderne M.2 2280 SSDs verbergen. Neben den Lüftungsschlitzen an der Oberseite, rechts und der unteren Front treibt ein kleiner Ventilator auf der Rückseite die Luftzirkulation an. Das Betriebsgeräusch befindet sich etwa auf dem Niveau älterer Konsolen wie GameCube oder Dreamcast und fällt damit hörbar lauter aus als bei den aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft. Befindet sich eine Disk im Laufwerk, steigt der Geräuschpegel noch etwas weiter an und wird mitunter sogar etwas unangenehm.
Ärgerlich: Zum einen dauert es ungewöhnlich lange, bis die CDs vom Laufwerk eingezogen werden. Tatsächlich muss man fast schon den kompletten Datenträger per Hand hinein schieben, bis der Einzug reagiert. Zum anderen lässt sich das System viel Zeit, bevor die Disk schließlich eingelesen wird und gestartet werden kann.