Move ist Pflicht
Vorab gleich eine Warnung: Fracked benötigt zwingend zwei der technisch veralteten und trotzdem noch recht kostspieligen Move-Controller. Diese Nachricht allein dürfte schon manchen interessierten PSVR-Besitzer abschrecken. Meine Bedenken diesbezüglich wurden aber schnell ausgeräumt. nDreams hat dank seiner jahrelangen Erfahrung ein erstaunlich griffiges und mitreißendes Steuerungskonzept erarbeitet. Sicher – das Fehlen eines Analogsticks macht das Laufen zwangsweise unnötig kompliziert, weil stattdessen der linke Move-Controller geneigt und eine Taste gedrückt wird. Nach kurzer Gewöhnung wird aber klar, wie clever das Manko mit anderen Tricks kompensiert wird. So fühlte es sich schon nach wenigen Minuten erstaunlich gut an, zwischen Bohrtürmen und Bretterverschlägen umher zu huschen und gut verschanzt auf die Comic-Gegner anzulegen.
Der Hauptgrund fürs gute Spielgefühl ist eine Neuerung, die sich ähnlich einschneidend auf kommende Spiele auswirken könnte wie seinerzeit
Gears of War mit seiner Deckungsmechanik. Grundsätzlich kann ich mich in Fracked ganz frei hinter Hütten, Wänden, Kisten oder anderen Hindernissen bewegen, um mich dort zu verstecken. Doch sobald ich mit der linken Hand an eine beliebige Kante greife, kann ich mich blitzschnell aus der Deckung ziehen - und wieder hinein. Schwupp, schon bin ich draußen! Ein paar Schüsse später ziehe ich mich blitzschnell zurück in Sicherheit. Und das ganz ohne dass der Rest des virtuellen Körpers dazwischenfunkt. Es wurde einfach herrlich unkompliziert und Arcade-freundlich umgesetzt!
Geniale Deckungsmechanik
Nicht realistisch animiert, aber lustig: Die mutierten Gegner machen neben explosiven Fässern gerne mal den Abflug (PS5).
Obwohl Fracked am besten sitzend im schmalen Kamerawinkel gespielt wird, kommt hier deutlich mehr Dynamik auf als bei vielen Konkurrenten. Das wird vor allem im Vergleich zu Titeln deutlich, in denen ich auf Knopfdruck in die Hocke gehe. Hier kann meine linke Hand blitzschnell bestimmen, wie hoch oder niedrig ich aus der Deckung spicke. Sobald ich weiterlaufe, wechsle ich automatisch zurück in die Standard-Haltung – genial einfach! Trotz steinzeitlicher Move-Technik entfaltet sich also ein temporeicher linearer Shooter.
Während mich Pilotin Rosalez aus dem Heli über Funk mit Infos versorgt, stürme ich eine von mutierten Arbeitern überrannte Fracking-Anlage und liefere mir massenhaft Schusswechsel. Die Comic-Waffen könnten etwas präzisere Visiere gebrauchen, davon abgesehen machen die Kämpfe aber richtig Laune. Die angenehm aktiven Gegner setzen hier schön nach, darunter ausschwärmende Standard-Psychos, mit Leuchtkristallen aufgeputschte Explosivwesen oder schwer gepanzerte Minenleger mit Schwachstelle. Wenn es sein muss, wagen sie sich auch auf Treppen, Gerüste oder ein Flachdach über dem verschanzten Spieler. Zu forsch werden sie aber glücklicherweise nicht – so dass kleine Fehlgriffe an den ungewohnten Move-Klöppeln nicht sofort bestraft werden.
Überschaubares Arsenal
Willkommen im etwas anderen Ski-Urlaub (PS4 Pro).
Schade allerdings, dass die Entwickler auf Nahkampfwaffen, eigene Granaten oder Scharfschützengewehre verzichtet haben. Ab und zu vermisse ich im Arsenal durchaus die Abwechslung. Im Gegenzug ist mir aber klar, dass zweihändige Waffen oder massenhaft Gadgets das Steuerungs-Schema verkompliziert hätten – und damit auch das so wichtige dynamische Spielgefühl. Für Scharmützel auf mittlere Entfernung eignet sich der Mix aus Pistole und MP übrigens prima. Die verstreuten Extrawaffen mit stark begrenzter Munition richten ebenfalls ein hübsches Feuerwerk an. Schöne Beispiele dafür sind der streuende Granatwerfer oder ein präziser Revolver mit befriedigenden Ein-Schuss-Kills.
Schade, das sich die Entwickler kein Kombo-System, Zeitlupen oder ähnliche coole Arcade-Mechaniken ausgedacht haben. Eine spannende und wunderbar eingebundene Abwechslung sind allerdings die Klettertouren und Ausflüge auf Skiern. Das Ausweichen per Kopfneigung und Zerlegen von Schneemobilen im Bond-Stil flutschen hier um Welten besser als in
Medal of Honor: Above and Beyond oder jedem anderen mir bekannten VR-Actiontitel. So flüssig und nahtlos hätte ich mir den Ablauf in
Blood & Truth gewünscht! Wenn sich die professionell vertonte Rosalez und der namenlose Held mit flapsigen Sprüchen aufziehen, erinnert das angenehm an die abenteuerliche Atmosphäre der
Uncharted-Reihe.