Kurz und schmerzlos
Die übernatürlich angehauchte Geschichte rund um Mutations-Kristalle und finstere Absichten des Gegenspielers kratzt allerdings nur an der Oberfläche: Nach nur rund dreieinhalb Stunden Spielzeit enttäuscht die Erzählung bereits mit einem erstaunlich abruptem Ende. Für den gebotenen unkomplizierten Arcade-Ausflug bietet sie aber immerhin den passenden Rahmen. Einen professionellen Eindruck hinterlassen auch das stringente Comic-Design und die offensichtlich funktionierende Qualitätskontrolle. Nur selten kam es dazu, dass Gegner durch eine Wand flutschten oder ein paar Minen in der Luft hängenblieben.
Bei der audiovisuellen Umsetzung haben sich die Entwickler dagegen nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Es bleibt zwar stets flüssig, doch viele Texturen wirken selbst für eine Comic-Kulisse extrem grob. Auch gelegentlich aufploppende Objekte oder nachladende Detailstufen fallen negativ auf. Auf der PS4 Pro lassen zudem die flimmernden Kanten das Bild etwas unruhig erscheinen. Vermutlich hat sich das Team von Anfang an Reserven für eine mögliche spätere Quest-Umsetzung freigehalten. Bisher werden solche Gerüchte übrigens verneint. Verwunderlich ist das nicht: Sony präsentiert das Projekt schließlich als Vorzeige-Titel, um die Marke PlayStation VR im Gespräch zu halten, bevor die Pläne zum Nachfolger-Headset konkreter werden.
Vorteil: PS5?
Das flotte Nachladen mit zwei Handgriffen wurde ideal in die Action eingebunden (PS5).
Auf der PS5 wirkt die Kulisse übrigens deutlich sauberer: Eine spürbar höhere dynamische Auflösung mit üppigem Supersampling lässt sogar das Pixelraster der PSVR weniger grob erscheinen. Auch Rosalez’ Hubschrauber gleitet dann flüssiger durch die Luft, zumal die ohnehin verschmerzbaren Ladezeiten kürzer ausfallen. Der Betrieb auf der PS5 hat aber auch seine Schattenseiten: Nur dort ist mir bei schnellen Kopfbewegungen ein etwas unscharfes „Verschmieren“ des Bildes aufgefallen. Außerdem werden manchmal anstelle der virtuellen Hände die Move-Controller selbst eingeblendet. Auf Sonys älterer Konsole ist mir dieses Problemchen nicht begegnet.
In seltenen Fällen reagierten auch die Trigger nicht ganz so verlässlich wie auf der PS4 Pro. Hätte ich das Spiel nicht auf dieser Hauptplattform testen müssen, wäre ich trotz kleiner Macken schnell zur PS5 gewechselt. Dort wirken die weiten Comic-Panoramen schließlich eine ganze Ecke stimmiger. Selbst die arg groben Texturen wirken dann besser gefiltert.
Technische Schwächen
Die Klettertouren sorgen im wahrsten Sinne des Wortes für knisternde Spannung (PS4 Pro).
Bei der Sound-Abmischung werden ebenfalls technische Schwächen deutlich. Der passend aufgekratzte Bigbeat-Soundtrack weckt zwar wohlige Erinnerungen an Actionfilm-Klassikern der Neunziger - die drucklose, undynamische Abmischung lässt die Stücke aber ziemlich „matschig“ klingen. Die räumliche Ortung wirkt hier und da ebenfalls nicht rund - als würde ein entfernter Gegner schon hinter der nächsten Wand warten. Apropos Wände: Den vertikalen Aufbau der linearen Levels hat das Team hervorragend gemeistert. Vielfach verbundene Stockwerke und Balkone machen die Verteidigung oder Sabotage von Maschinenparks zur spannenden Angelegenheit. Mal kämpfe ich mich zu diversen Hebeln durch, anderswo verschanze ich mich hinter der Fracht auf einem rollenden Lorenwagen oder hänge mich an eine Seilrutsche. Mein Gehirn kann ich dabei übrigens auf Durchzug stellen. Simple Aufgaben wie das Wechseln einiger Sicherungen lassen sich nicht wirklich als Puzzles bezeichnen. Hier lässt das Spiel im Vergleich zu den 3D-Rätseln aus
Half-Life: Alyx viel Potenzial liegen. Zudem hätte ich mir mehr Bosskämpfe gewünscht.
Vorbildlich wurden dagegen die erwähnten Kletter-Passagen umgesetzt. Das vorsichtige zweihändige Entlanghangeln an knisternden Kabeln oder beinahe schon abstürzten Vehikeln hat mir ähnlich viel Spaß gemacht wie seinerzeit mit Nathan Drake. Als durchschnittlich empfindlicher Spieler wurde mir übrigens nur selten mulmig, obwohl ich hier auch mal am Heli baumele oder auf Skiern unterwegs bin. Zur Not lassen sich Komfort-Funktionen feintunen - etwa die Intensität der Vignette oder die ruckartige bzw. flüssige Drehung. Spieler mit wirklich empfindlichen Mägen sollten aber die Finger vom Spiel lassen. Die freie Bewegung ist schließlich eine elemantarer Kern des Erlebnisses, inklusive schneller Sprints auf Knopfdruck. Wer abwechslungsreiche Schauplätze rund um den Globus sucht, sollte sich ebenfalls lieber anderswo umschauen – z.B. bei
Defector von Twisted Pixel. Für immerhin etwas Wiederspielwert sorgen übrigens versteckte Münzen sowie zwei alternative Schwierigkeitsgrade. Einer davon gestaltet sich leichter und fügt allen Waffen Laservisiere hinzu. Die Hardcore-Variante hingegen bietet nur ein einziges Leben pro Speicherstand.