Schnitzeljagd am Tatort
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Die Figuren wirken sehr lebendig - auch die Nebendarsteller. |
Wenn Phelps einen Tatort erreicht, kann er nach Spuren suchen und Indizien finden. So lange es irgendwo einen wichtigen Hinweis gibt, spielt eine zwielichtige Musik im Hintergrund - erst wenn man alles Wesentliche entdeckt hat, wechselt der Ton. Aber Vorsicht: das kann schon mal täuschen, denn Melodie und letzter Hinweis sind nicht immer synchron. Wer das als Hilfe nicht mag, kann das ausschalten, aber man muss auch nicht alles finden; es ist auch möglich, ohne vollständige Indizienliste weiter zu kommen.
Am Ende jedes Falls bekommt man dann lediglich eine spielerisch irrelevante Wertung von bis zu fünf Sternen, die bloß Outfits oder Fahrzeuge freischaltet - all das hat keinen Einfluss auf die eigene Karriere im Dezernat oder auf das Lob des Chefs. Warum bietet man da nicht ein lebendigeres Feedback für die Leistungen an? Hinzu kommen lediglich so genannte "Intuitionspunkte", mit denen man wie bei einem Quiz eine falsche Antwort streichen oder sich alle Beweise an einem Tatort anzeigen lassen kann - quasi wie Hot Spots in einem Adventure. Außerdem kann man über eine optionale Internet-Verbindung zum Social Club die prozentualen Antworten anderer Spieler einsehen.
Die Suche selbst gestaltet sich aufgrund des lebendigen Verhaltens und kernigen Sprüche der Polizeikollegen sowie des Presserummels überaus stimmungsvoll, ist allerdings viel zu leicht - es erinnert fast an eine geführte Schnitzeljagd. Denn ein Schütteln des Controllers weist sicher darauf hin, dass es in der Nähe etwas Interessantes gibt. Immerhin ist auch das abschaltbar: Denn diese Dopplung aus Melodie und Rumble raubt die Erkundungsreize. Man muss sich den Tatort gar nicht genau ansehen, sondern einfach nur überall herum stöbern, bis der Controller anspringt. Aber selbst bei abgeschalteten Hilfen stellt sich schnell Routine ein, weil alles Relevante sofort klar und leicht zu finden ist.
Die Beweise sind sicher
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Die Verfolgungen zu Fuß und die Faustkämpfe werden zu einfach inszeniert. |
Schade ist nämlich nicht nur, dass Phelps nur die wesentlichen, aber nicht auch die kleineren Funde kommentiert: Da hebt er eine Schachtel mit verschnörkelten Mustern auf und legt sie wieder weg. Was war das denn? Zigaretten? Keksdose? Spielzeug? Hier hätte man über innere Monologe noch mehr Stimmung und Informationen über Phelps oder die Spielwelt anbieten können. Schade ist auch, dass er immer auf Anhieb weiß, was von den Funden belanglos ist – selbst eine Waffe wird da einfach mal mit „Das ist für den Fall nicht wichtig“ links liegen gelassen.
Viel besser wäre es gewesen, wenn Phelps erst mal alle verdächtigen Gegenstände sammeln und dann im Revier über Kombinationen oder Gemeinsamkeiten die Spreu vom Weizen trennen müsste! Was ist mit Fingerabdrücken? Obwohl sie eine Rolle in der Story spielen, werden sie als Ermittlungstechnik nicht eingesetzt. Phelps kann nach einer Tatortbegehung nichts mehr analysieren, sondern sich lediglich über Telefonanrufe mal einen Wohnort oder eine Akte durchgeben lassen – und selbst das läuft automatisch. Man muss keine Nummer wählen, keine Verdächtigen nennen, nicht nachdenken.
In einem Notizbuch werden automatisch alle Personen, Hinweise und Orte vermerkt; man kann selbst die kompletten Dialoge nachschlagen und genau nachvollziehen, wer was gesagt hat – sehr schön. Hinzu kommt eine zoombare Karte mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die man markieren und anfahren kann. Allerdings nervt die Wartezeit bei Briefen und geschriebenen Texten: Obwohl man den Inhalt eines Schreibens in wenigen Sekunden verstehen kann, muss man warten, bis die deutschen Untertitel Zeile für Zeile alles übersetzt haben, damit der Hinweis als solcher auch notiert wird – wer da zu schnell abbricht, kann an einem Tatort schon mal nicht weiter kommen und sich wie in einer Sackgasse fühlen.