Vorschau: Lost Horizon (Adventure)

von Bodo Naser



Lost Horizon
Entwickler:
Publisher: Deep Silver
Release:
20.08.2010
Spielinfo Bilder Videos
Nazis jagen auf dem gesamten Erdball nach Artefakten, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ein verschrobener Held auf der Suche nach einer verschollenen Expedition muss sie quasi im Alleingang aufhalten. Schon mal gehört? Das ist grob die Handlung von Lost Horizon, dem neuen Adventure der Geheimakte-Macher. Nur ein weiterer Indiana Jones-Aufwasch oder verspricht es mehr?



Der bessere Indy?

Als Animation Arts im Juli 2009 bekannt gab, dass man an einem
Wie Indiana Jones schlägt sich der Held hier so durchs Abenteuer. Seine fernöstliche Begleiterin kämpft sogar noch besser.
Spiel arbeite, das einen ins Jahr 1936 mit Artefakt jagenden Nazis entführen soll, kam das nicht wenigen bekannt vor. In Begeisterungsstürme brach daher kaum jemand aus, denn die Parallelen zu Dr. Jones Abenteuern sind überdeutlich und zu oft gab es einen schlechten Abklatsch davon. Der Held ist dieses Mal zwar englischer Soldat und kein US-Archäologe, aber eben auch eine zwielichtige Type, die für eine Hand voll Pfund ihre Großmutter verkaufen würde. Weil Fenton Paddock der Krone noch einen Gefallen schuldet, begibt er sich auf die Suche nach einer Expedition, die vor einiger Zeit in Tibet verschwand. Fast zwangsläufig gerät er so den Deutschen in die Quere, die nach einem tibetischen Artefakt suchen.

Animation Arts setzt hier ganz klar auf den Wiedererkennungseffekt: Obwohl nichts direkt aus Indiana Jones übernommen wird, sind doch die wichtigsten Elemente als Versatzstücke vorhanden: Die steifen Nazischergen in schwarzer Uniform, die Liebesaffäre mit einer chinesischen Sängerin sowie die lokalen Verbrecherbanden, mit denen der Held noch ein Hünchen zu rupfen hat. Sogar der nervige Junge aus Indiana Jones und der Tempel des Todes haben es ins Spiel geschafft - dieses Mal als Fischer im Hafen von Hong Kong. Auch wenn der Held bislang noch nicht das Format eines Dr. Jones hat, ist doch Potenzial vorhanden, denn als Projektionsfläche für Hobby-Abenteurer dient er allemal.

Fehlendes Format

Für die Vorschau konnten wir das Kapitel in Hong Kong anspielen, das schon einen fertigen Eindruck hinterließ. Gut zu
1936 hatten die britischen Offiziere keine roten Uniformen mehr. Der Stimmung tut dieser Fauxpas keinen Abbruch. 
erkennen war das Spielprinzip, das an die Geheimakte-Adventures erinnert. Sogar die Bedienung lässt positive Erinnerungen ans letzte Abenteuer von Nina und Max von aufkommen, denn die Maussteuerung wird eins zu eins übernommen. Fast hat man den Eindruck, dass die beiden gleich um die Ecke biegen, obwohl es in einer anderen Zeit spielt. Dort lauern eher die angeheuerten Triaden-Schläger, die Paddock vermöbeln wollen. Das passt schon mal ins Indy-Schema, der ja auch zwielichtige Freunde hatte.

Leider haben die Deutschen bislang noch das Format der übertriebenen SS-Schergen aus den Indiana Jones-Filmen. Sie wirken eher wie hüftsteife adelige Offiziere, die unter Artenschutz gehören, denn wie gemeingefährliche und brutale Weltenbrenner. Auch der britische Vorgesetzte, der Paddock nicht wohl gesonnen ist, wirkt im Rotrock eher so, als sei er noch aus der Zeit Queen Victorias übrig geblieben. Trotz der professionellen Sprachausgabe müssten die Bösewichte noch etwas fieser werden, denn bislang wirken sie eher harmlos. Die einzige Frau, die für die Deutschen arbeitet, kommt ebenfalls nicht so sexy und gefährlich rüber wie bei Indiana Jones und der Letzte Kreuzzug.

Rätsel im besten Sinne

Abgesehen von diesen Schwächen werden auch Stärken deutlich, die -wie könnte es anders sein- auf dem Gebiet der Rätsel
Wer will was von wem? Sich mit den Leuten zu unterhalten, bringt nicht nur Erkenntnisse es bringt einen auch weiter.
liegen. Dort konnte Animation Arts bislang immer mit ebenso machbaren wie einfallsreichen Aufgaben punkten. Dort passt vieles wunderbar ineinander, wie wir es von der Geheimakte-Reihe kennen. Um an die Insekten für den Jungen zu kommen, muss man z.B. erst die Katze überlisten, die mit ihrem Geschrei die Triaden aufzuschrecken droht. Was ist zu tun? Dafür, dass man auch dieses Mal nix übersieht, sorgt eine Hot-Spot-Anzeige.

Leider sind die Rätsel bislang aber noch wenig anspruchsvoll, was sich hoffentlich noch ändern wird. Einzige Ausnahme sind die Dialoge, bei denen man erstmals bei in einem Animation Arts-Abenteuer auch jemanden aktiv überreden muss. Hier muss man darauf achten, was das Gegenüber sagt, um ihn auf seine Seite ziehen. Auch hier gibt sich das Spiel betont einsteigerfreundlich: Wenn's schief geht, kann man's noch mal probieren, so oft man will. Da sich die Rätsel im weiteren Verlauf kontinuierlich steigern sollen, erhoffen wir uns da allerdings noch mehr an spannenden Wortduellen - denn Adventure-Veteranen dürfte das alles zu leicht sein.

Schön aber harmlos

Die Videos sehen professionell aus, auch wenn noch etwas die Action fehlt.
Auch für die Sinne möchte Lost Horizon was bieten: Bislang haben wir nur Hong Kong gesehen, aber das wirkte schon sehr stilecht. Überall dominieren chinesisches Dekor, warme Farben oder koloniale Bauten. Das Flair der 30er-Jahre kommt ebenfalls gut rüber, wie die Mütze des Helden, sein Flugzeug oder technische Geräte zeigen. Dabei setzen die Macher aber eher auf Atmosphäre denn auf historische Genauigkeit - ein Beispiel sind die operettenhaft anmutende Uniformen der Soldaten, die aber trotzdem hübsch anzusehen sind.

Trotz vieler Zwischensequenzen fehlt es dem Spiel bislang noch etwas an Schwung. Als die biegsame Chinesin Kim schließlich hinzustößt, wird das zwar etwas besser, aber Bewegung samt dynamischer Kamerafahrten ist nicht gerade die Paradedisziplin von Animations Arts. Immer wenn etwas in Luft geht, ne Klopperei ansteht oder der Held fliehen muss, wirkt die Inszenierung noch sperrig. Aber auch dieses Genre lebt von einem Hauch Action, wie gerade die fulminanten Indiana Jones-Filme gezeigt haben. Hier besteht noch genau so Nachholbedarf wie in Sachen Harmlosigkeit, denn ein Schuss mehr Böswilligkeit und Grausamkeit würde dem Szenario gut tun.
               
 

AUSBLICK



Ich bin überrascht: Obwohl Lost Horizon wie ein Aufwasch aus Versatzstücken der Indiana Jones-Filme wirkt, lässt es sich doch besser an als gedacht. Das liegt daran, dass man einfach wissen will, wie es nach China weitergeht. Findet der Held die Expedition wieder, was hat diese entdeckt und kann er die Nazis stoppen? Werden er und Kim ein Paar? Auch spielerisch funktioniert es durchaus, denn die Rätsel sind angenehm logisch und hinsichtlich der Lösbarkeit kein obskures Hexenwerk. Alles ist überschaubar und gut zu bedienen, da die Steuerung praktisch dieselbe ist wie bei Geheimakte. Wichtig ist jedoch, dass der Anspruch der Rätsel noch steigt, damit nicht nur Einsteiger unterhalten werden. Daher bleibt eine gewisse Unsicherheit, da wir bislang nicht sagen können, wie sich das Abenteuer nach dem netten Anfang entwickelt. Ebenfalls eine Schwäche sind die blassen Charaktere, von denen nur wenige bislang Nina oder Max das Wasser reichen können. Echte Typen sind selten, was insbesondere die Bösewichte betrifft, die in ihren Phantasieuniformen eher lächerlich wirken. Zudem könnte es angesichts des Szenarios einen Hauch mehr Action geben. In diesem Fall bin ich aber trotzdem optimistisch, weil mir die neuen Dialogrätsel und das abenteuerliche Flair gefallen haben. Ich hoffe daher auf eine Steigerung!

Ersteindruck: gut

Kommentare

4P|Bodo schrieb am
Hardwarekiller hat geschrieben:Klingt schon mal ganz interessant. Hoffe die Entwickler besinnen sich auf ihre Stärken und machen das Spiel nicht zu leicht. Anfänger-freundliche Spiele gibts mittlerweile wie Sand am Meer, da darf der Schwierigkeitsgrad auch gerne wieder etwas ansteigen. Hatte bei Geheimakte aber auch sehr gut geklappt. Was die Charaktere betrifft, lasse ich mich überraschen. Vielleicht wirds ja noch was. Vielleicht kein neuer Indiana-Jones, mir würde ein stimmiges Szenario schon reichen. Vielleicht ist das mit den falschen bzw. historisch unkorrekten Uniformen ja Absicht. Ruf da mal einer an und frag.
Hi Hardwarekiller,
das ist sicher Absicht. Ein Rotrock mit goldenen Aufschlägen sieht halt beeindruckender aus als ein Typ im schlichten Tarnanzug. Aber richtiger wird's dadurch nicht, denn die britische Armee hatte damals schon ganz normale Uniformen, wie zeitgenössische Bilder zeigen. Würde das Spiel im 19. Jahrhundert spielen, würde ja niemand was sagen, aber so ist's halt nur der Optik wegen.
Gruß,
4P|Bodo
Hardwarekiller schrieb am
Klingt schon mal ganz interessant. Hoffe die Entwickler besinnen sich auf ihre Stärken und machen das Spiel nicht zu leicht. Anfänger-freundliche Spiele gibts mittlerweile wie Sand am Meer, da darf der Schwierigkeitsgrad auch gerne wieder etwas ansteigen. Hatte bei Geheimakte aber auch sehr gut geklappt. Was die Charaktere betrifft, lasse ich mich überraschen. Vielleicht wirds ja noch was. Vielleicht kein neuer Indiana-Jones, mir würde ein stimmiges Szenario schon reichen. Vielleicht ist das mit den falschen bzw. historisch unkorrekten Uniformen ja Absicht. Ruf da mal einer an und frag.
ThePlake0815 schrieb am
Endlich wieder ein Adventure im Indy-stil? Bin ich dabei! Auch wenn mir der Style des Spiel's nicht so gefällt...
Giant Hogweed schrieb am
Ebenfalls eine Schwäche sind die blassen Charaktere, von denen nur wenige bislang Nina oder Max das Wasser reichen können.
Was schon was heißen will, denn schließlich waren ja schon Nina und Max nicht gerade "starke" Charaktere...
Paranidis68 schrieb am
4P|Bodo hat geschrieben:
Paranidis68 hat geschrieben:Na, das hat ja mal was Positives.
Wann kommt eigentlich der "15 Days" Test Bodo?
Hi,
von 15 Days fehlt uns bislang das Testmuster. Wenn es noch kommt, mache ich es ansonsten halt nicht.
Gruß,
4P|Bodo
Ja Danke. Allerdings gehen die Wertungen ganz schön auseinander. Der eine schreibt Tiefpunkt des Entwicklers und der andere sieht es ganz solide.
Allerdings soll es ja für Anfänger sein. Na, ich wart mal hier ab :wink:
schrieb am